Heinogo

Am Mittwoch hat sich HEINO bei Markus Lanz mal wieder bemüht, als Rocker wahrgenommen zu werden. Immerhin hat er ja einen Totenkopfring, den er gern in die Kamera zeigt. Darauf hin hab ich mir noch mal die Texte von Thorsten und das Review von Kersten durchgelesen.
Wenn im Twilight über HEINO und das, was dieses Phänomen über die Szene sagt, im Twilight diskutiert wird, kann ich mich nicht zurückhalten.

Ich stimme in weiten Teilen mit Thorsten überein. HEINO ist ein Auswuchs der Szene, der viel über deren Zustand sagt. Ich muss mich doch sehr wundern, wenn Kersten in seinem Review HEINO mit Johnny Cash gleichsetzt. Das ist, gelinde gesagt, ein Frevel.
Erstens hat Heino den Großteil „seiner“ Songs nicht mal selbst geschrieben und ich denke auch nicht, dass er großen Anteil an dem Klang von ´Schwarz blüht der Enzian´ hatte. Das regeln kompetente Marketingstrategen und Produzenten.
Der wichtigere Unterschied liegt aber in den Einstellungen, die beide Musiker trennen. Heino läßt auf seine alten Tage noch mal den harten Macker raushängen während Johnny Cash seine fragile Seite zeigte. Das ist für mich wesentlich passender und glaubwürdiger. Da sind wir beim Thema Kongruenz. Eine ernstzunehmende Platte muss stimmig sein. Das gilt für Sound, Text und Image. Seht euch  das ´Hurt´ Video von Johnny Cash an, da passt alles. HEINOS aktuelles Video zum Titeltrack bietet harte Gitarren, schnulzige Texte und flache Gags – nicht so wirklich deckungsgleich.
Auch an der von Kersten beschriebenen Nachhaltigkeit des HEINO Albums zweifele ich. Das Ganze ist ein kommerziell erfolgreicher Gag, der bald vergessen sein wird.
Das ist aber nur ein Teil der Einstellung. Johnny Cash hat sich damals mit dem Großteil der aus Redneks bestehenden Country Szene angelegt und auch gegen Teile seiner Fans sein Ding gemacht – und dafür auch die negativen Konsequenzen getragen. Heino bietet ein künstliches Hochglanzprodukt, das nebenbei erwähnt, kurz vor Weihnachten erscheint. Zufälle gibt’s. Es geht zumindest für mich bei den Begriffen Rock und Metal um mehr als den Einsatz verzerrter Gitarren.

Insofern kann das neue HEINO Album für mich eher mit der von Kersten verachteten Helene Fischer auf eine Stufe gestellt werden. Gemacht wird, was sich gut verkaufen lässt. Was Metal angeht ist ´Schwarz blüht der Enzian´ ein absolutes HeiNoGo

Wenn es tatsächlich um die Musik und nicht die Marke HEINO ginge, warum lief dann Frank Zanders Projekt ´Rabenschwarz´ unter dem Radar? Musikalisch ist das vergleichbar und Frank hat dafür sogar eigene Songs geschrieben. Und er bezieht nebenbei auch immer wieder kritische Positionen.

HEINO hat nichts mit dem zu tun, was für mich unter der Heavy Metal Szene gefasst wird. Selbst wenn diese schon immer recht spießig war, ging es doch in großen Teilen nicht um den Kommerz. Und bei Untergenres wie Thrash, Grindcore oder Crust fühle mich,  was die Werte angeht, bis heute schon ganz gut aufgehoben.

All diese Ärgernisse wie HEINO und Wacken bei ZDF Kultur kann ich aber locker angehen, denn wer zwingt mich das mitzumachen? Statt nach Schleswig Holstein zu pilgern, kann ich für 35 Euro mit 999 anderen Gästen ein super Wochenende beim Protzen Open Air genießen und anstatt mir ´Seek And Destroy´ für dutzende Euros anzuhören, gehe ich für 5 Euro zu einem hochklassigen REACTORY Gig ins Supermolly. Da gibt es dann auch kein goldenes Konfetti, wie es bei KREATOR Einzug gehalten hat.

Für alle, die noch neugierig sind, und Musik mit und von Leuten hören möchten, die Musik nicht (nur) nebenbei konsumieren, gibt es jede Menge Gelegenheiten. Es macht halt nur etwas mehr Arbeit, da man nicht alles mundgerecht vorgesetzt bekommt – die aber lohnt sich. Wer stattdessen Heino (mit oder ohne verzerrte Gitarren) hört, ist selber schuld.