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Judasville

Mit ´Welcome to Judasville´ haben die Holländer eine exzellente Scheibe vorgelegt. Sie schaffen es, einen reifen Sound hinzulegen, ohne dabei die Spielfreude zu vergessen. Vielleicht kann man Judasville als die Social Distorion ohne Melancholie bezeichnen.

 

Mit ´Welcome to Judasville´ haben die Holländer eine exzellente Scheibe vorgelegt. Sie schaffen es, einen reifen Sound hinzulegen, ohne dabei die Spielfreude zu vergessen. Vielleicht kann man Judasville als die Social Distorion ohne Melancholie bezeichnen.

Um Näheres über die Band zu erfahren, rief ich bei Sänger Berry Black an, der sich als angenehmer Gesprächspartner entpuppte.

Die Musiker von Judasville kommen alle aus Eindhoven und machen seit Jahren zum Teil gemeinsam Musik. Wer mehr über Einzelheiten der Biographie wissen will, kann diese auf der Homepage www.judasville.com nachlesen. Ich will Berry nicht unnötig damit nerven. Was allerdings auffällt, ist der unterschiedliche musikalische Background. Beim Betrachten der Shirts der Promophotos finden sich Bands wie Van Halen, Maiden, Misfits aber auch Pungent Stench, da scheint es schwierig einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Ach nein, wir hören unterschiedliche Sachen, aber wir lieben alle Bands wie Iron Maiden oder Thin Lizzy, wir haben die gleichen Wurzeln.

Ungewöhnlich war der Weg zum Erscheinen der Platte. Den Deal gab es ehe die Band einen Gig gespielt hatte, die Platte war komplett aufgenommen, als sich Judasville um einen Deal bemühten.

Ich wollte das alles mal umdrehen: erst die Platte machen, dann einen Deal holen und danach spielen gehen. Ich hab mit vielen Bands gespielt und wir haben es anders herum versucht. Ich bin nun 34 Jahre alt und das ist vielleicht meine letzte Chance, mit einer Band etwas zu erreichen. Ich mag es sehr auf der Bühne zu stehen, aber ich mag auch, wenn dabei etwas rumkommt.

Der Vertrag mit I Scream kam durch die über Jahre entstandenen Kontakte in der Szene zustande.

Wenn Discipline große Shows spielen, spiele ich da Gitarre. Discipline sind ja eine der bekanntesten Bands auf I Scream und ich habe denen eine CD von uns gegeben.

I Scream ist ja bekannt für seine Hardcore Veröffentlichungen. Judasville war die erste Rock ´n´ Roll Band. Inzwischen gibt es mehrere gute Bands dieser Sparte wie The Ducky Boys oder The Blue Bloods auf dem Label. Hattet Ihr nicht Angst als stilistische Außenseiter eventuell unter zu gehen?
Das kann man von zwei Seiten sehen. Auf der einen Seite ist es ein Hardcorelabel. Auf der anderen Seite wollen sie auch in eine neue Richtung gehen. Und wir sind die erste Band, die in diese neue Richtung passt. Da müssen die sich natürlich anstrengen, davon können wir profitieren. Wenn wir bei People Like You wären, wären wir eine von vielen Bands und dann ist es viel schwieriger, sich zu profilieren.

Wo du People Like You erwähnst. Bands wie die Bones (so sehr ich sie mag) nehmen doch sehr offensichtlich alle Rock ´n´ Roll Klischees volley. Ich finde es ganz angenehm, dass ihr da etwas zurückhaltender seid.

Ja, das ist eine bewusste Entscheidung. Es gibt trotz vieler Gemeinsamkeiten musikalische Unterschiede zu den Bones. Wir sind nicht so sehr in einem Genre verhaftet. Wir haben Einflüsse von Southern Rock, Hardcore, Country bis zum Punk.

Ich hab gelesen, dass deine bisherigen Bands auch daran gescheitert sind, dass Mitglieder diese Klischees mehr verfolgt haben als die eigentliche Musik. Kommt auch daher deine Zurückhaltung?

Wir hatten nicht das gleiche Interesse daran, Musik zu machen. Einige wollten nur betrunken werden, andere wollten Mädchen kennen lernen oder hatten ein langweiliges Leben und wollten tolle Geschichten auf der Arbeit erzählen. Bei Judasville steht der Wunsch nach guter Musik an erster Stelle.

Aber gegen diese Begleiterscheinungen haben die Vier doch sicher nichts, wir alle freuen uns ja auch über den Sauerstoff als „Abfallprodukt“ der Photosynthese.

Na klar, aber alles nach und nicht vor der Show. Früher haben wir auch vor den Shows getrunken und die waren dann nicht mehr gut. Es gibt bei uns da eine klare Regel: Jeder kann machen, was er will, aber erst nach der Show.

Momentan ist der Rock ´n´ Roll ja schwer angesagt. Insbesondere skandinavische Bands werden sehr gehypt. Glaubst du, dass ihr bessere Chancen hättet, wenn ihr aus diesen Ländern kämt?

Ich glaube, das ist wie bei der Labelwahl. Es kommen sehr viele gute Bands aus Skandinavien wie die Hellacopters, um nur eine zu nennen. Es gibt aber auch viele Klone, die schlecht sind. Es ist für schwedische Bands irgendwie einfacher zu touren. Wir spielen Gigs am Wochenende für 200 €, aber das machen wir auch gern, denn wir wollen uns präsentieren.

Ungewöhnlich ist die Art des Songschreibens. Du komponierst alles auf der Akustikgitarre und dann wird es nur noch umgesetzt. Das kann ich mir bei Songs wie ´Frisco Breeze´ schwer vorstellen.

Das stimmt, `Frisco Breeze´ist eine der härteren Nummern. Aber eigentlich ist das auch ein Country Song. Es ist akustisch komponiert und die Riffs kommen dann dazu. Ich mache das zuhause und fange mit einem Drumsound an und spiele dann alles nach und nach. Die Basis von all meiner Musik ist akustisch komponiert.

Werden die Songs dann gemeinsam im Proberaum gestaltet oder bist du der Diktator?

Ich bin ein bisschen der Fidel Castro von Judasville, hehe. Ich habe auch die zweite Platte fast fertig. Ich hab nichts gegen das Jammen, aber wir arbeiten anders. Es muss nicht alles 100% so bleiben, aber ich schreibe schon die Basis für alle Songs.

Wenn du alles akustisch schreibst, reizt es dich da nicht auch mal unplugged Versionen aufzunehmen, um diese Ideen pur zu präsentieren?

Ja, das wird geschehen. Auf der nächsten Platte werden akustische Songs sein. Ich möchte bei der nächsten Platte sowieso mehrere Sounds haben. Bei ´Welcome To Judasville´ haben alle Songs den gleichen Sound. Bei der nächsten Platte möchte ich mit unterschiedlichen Gitarren arbeiten. Jede Nummer soll den Sound bekommen, den sie braucht.

Das ist lobenswert, zumal Berry verspricht, dass das seine Grenze hat. So werden Hip Hop Sounds selbstverständlich weiter bei Judasville Hausverbot haben. Da scheint aber doch ein Perfektionismus durch. Wann hörst du auf, an einem Song zu basteln, perfekt wird es ja nie.

Das ist wirklich schwer. Früher hatte ich das Gefühl, dass ein Song nie fertig war. Man muss irgendwann aufhören, sonst kannst du nie was kreieren. Wir probieren die Songs oft live aus. Du musst da gelassen bleiben, irgendwann ist es einfach gut. Es ist Rock ´n´ Roll - du brauchst ein Riff und eine Melodie.

Wie wird denn die nächste Platte werden. Es ist zu lesen, dass das relativ langsame ´Tie Me Up´ euer Liebligssong ist. Geht ihr insgesamt vom Gas?

Nee, wenn ich die neuen Nummern höre, gibt es ein bis zwei Nummern, die schneller sind als alles, was wir bisher gemacht haben. Es wird auch ein Song mit funky Southern Rock Rhythmus drauf sein. Und es gibt auch Midtemposongs. Ich glaube, dass wir auch im Tempo noch mehr Variationsmöglichkeiten haben. `Welcome To Judasville´ ist ein gutes Debüt, aber die Mischung kann noch besser sein und wir werden uns noch steigern.

Wie sieht es mit Touraktivitäten aus. Ihr hattet einige Gigs bevor die Platte kam, im Februar/März sollte eine Tour durch Deutschland starten. Davon ist nichts zu merken. Wie ist der Stand?

Wir werden wohl ein paar Shows mit den Bones spielen, das ist aber noch nicht bestätigt.

Na, wenn man vom Teufel gesprochen hat…

Wir spielen auch eine Show mit der Unity Tour (u.a mit Agnostic Front – Trille), wir spielen noch ein paar Shows mit einer Psychobilly Band. Dann gehen wir eine Woche nach Frankreich. Die Scheibe wird dann dort veröffentlicht. Dann freue ich mich sehr, dass wir nach Japan gehen werden, das war einer meiner größten Wünsche. In Holland spielen wir jetzt zwei Gigs mit Golden Earring, die mögen uns und ich glaube, dass das noch mehr Shows werden.

Berry selber spielt aber am liebsten in Deutschland.

Die Leute sind da mehr dabei. In Holland stehen da alle mit verschränkten Armen rum. Eine halbe Stunde nach der Show sagen sie dir dann, dass sie es toll gefunden haben.

Bartman von Peter Pan Speedrock hat neulich im Flying Revolverblatt gesagt, dass Holland kein guter Platz für Rockbands ist. Das fällt mir schwer zu glauben, gibt es mit Discipline, Peter Pan Speedrock, den Bambix oder God Dethroned doch hervorragende Bands der unterschiedlichsten Stilrichtungen.

Es gibt einfach nicht so eine große Szene in Holland. Es stimmt, dass es viele gute Bands aus Holland gibt, aber es kommen nicht so viele Leute auf´s Konzert. Peter Pan sind eine der bekanntesten Bands und da kommen jetzt ca. 200 Leute zu einer Show, was nicht besonders viel ist.

Das verwundert mich, denn ich verbinde gerade mit Eindhoven das Dynamo in den Neunzigern und da waren Massen an Fans der Rockmusik.

Aber das ist lange her. Die Leute, die auf das Dynamo gegangen sind, haben jetzt Kinder, die sind über 30 und es ist schwer diese Leute aus dem Haus zu bekommen.

Da hat der Gute leider recht und es scheint an Nachwuchs zu mangeln. Zurück zu Judasville. Zum Namen der Band gibt es zwei Erklärungen. Die erste ist, dass er sich aus JUDAS Priest und NashVILLE zusammensetzt. Er ist aber auch ein Fuck You an die Leute, die vorne schleimen und hinten herum lästern. Nun geben sich ja gerade Punk, Hardcore und Metal gern das Image der großen tollen Familien, was ist da los in Eindhoven?

Alle Bands können sich sehr gut leiden. Das läuft super. Es geht mehr um die Leute, die außen stehen, die - wie wir sie nennen - „Musik Polizei“. Ich habe mit dem Bassisten von Peter Pan gemeinsam bei den Lovesteaks gespielt, wir Musiker verstehen uns blendend untereinander. Diese Freundschaft war der Auslöser, Bartman das Cover gestalten zu lassen.
Ja, das stimmt, er hat das Artwork gemacht. Das Konzept und das Foto kamen von mir und er hat sich um das Layout gekümmert. Das hat allerdings etwas gedauert. (lachend) Er ist ein schneller Bassist, aber für das Cover hat er lange gebraucht.
Was ist der Sinn hinter diesem Cover, außer der Tatsache, dass die beiden Frauen sehr hübsch anzusehen sind. Ist es der Zickenkrieg in der Stadt der Verräter?

Ich hatte das Foto schon lange und mag es. Ein Cover muss auch ein Hingucker sein. Zwei kämpfende Kerle sind ja normal. Es sieht halt gut aus und ist schon etwas Rock ´n´ Roll.

Was ja auch wichtig ist und zu dem gelieferten Hinhörer passt. Zu ´Excuse Me´ soll es in naher Zukunft ein Video geben und Judasville werden sich bemühen, ihren Platz im Radio zu finden. Anfang 2006 wird es dann wohl den Nachfolger geben. Wenn der - wie versprochen - besser als das Debüt wird, steht uns ein echter Hammer ins Haus. Die Zeit soll mit Split Singles verkürzt werden, auf denen dann schon neue Songs sein sollen, genaues steht aber noch nicht fest. Auch an einem Jonny Cash Tribute werden Judasville sich beteiligen. Für April und Mai plant die Band einige Shows in Deutschland. Das sollte man sich wohl nicht entgehen lassen.

 


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Infos

  • Erstellt am

    09. Mai 2005
  • Line Up

  • Redakteur

    Tobias Trillmich
  • Tags

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