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Kju

Im Mai 2010 veröffentlichten KJU ihr neues Studioalbum „Neon Lights Carve Shadows“, was ich zum Anlass nahm, mit den Jungs ein Interview zu führen. Sänger Tobi war so nett, mir einige Fragen zu beantworten.



Zu Beginn eines Interviews stelle ich immer wieder gerne die Frage nach der musikalischen Orientierung der Bands, weil ich denke, dass sie selbst ihre Musik prägnanter beschreiben können als ich es tun würde. Könnt ihr also kurz etwas über eure Musik, die Richtung und eure musikalischen Ambitionen sagen?
Im Grunde gibts für das was wir machen eine recht einfache Zusammenfassung. Die heißt: Rock. Zumindest dann, wenn man von etwas weiter draußen draufschaut. Bei detaillierter Betrachtung kommen dann womöglich Begriffe wie Post-HC, Emo – allerdings der alten Schule, also da, wo noch der Song und nicht die Frisur das Wichtigste war, Alternative, etc. ins Spiel. Dabei war und ist uns immer wichtig, uns nicht vollends einem dieser (Sub-)Genres zu verschreiben sondern unsere Musik mittels verschiedener Stilelemente offen und spannend zu halten. Nicht nur für diejenigen, die sie hören, sondern auch für uns, die sie machen.
Es geht uns bei unseren Songs und somit auch bei unseren Alben darum, mit verschiedenen Einflüssen zu spielen, immer im Sinne des Songs und nicht im Sinne eines, oftmals zu eng abgefassten, Genres. So kommt es dann auch zu der Spannbreite und zu den Unterschieden auf Albumlänge, auf „Neon Lights Carve Shadows“ ist dies sicher noch stärker der Fall als auf den Vorgängern.

Seit dem aktuellen Album hat sich euer Line-Up verändert. Mit Dom hat sich der Band ein zweiter fester Gitarrist und Sänger angeschlossen, mit Baake ist ein alter Freund als neuer Bassist hinzugekommen. Hat sich die veränderte Bandbesetzung musikalisch auf die neuen Songs ausgewirkt?
Ja, natürlich. Wir sind sowohl im Studio als auch live variabler geworden, allein schon durch die zweite Stimme. Aber auch durch die Einflüsse der beiden beim Songwriting. Da sowohl Dom als auch Baake in ihren vorherigen und jetzigen, anderen Bands immer auch ins Songwriting eingebunden waren, ist ihr Einfluss auch auf „Neon Lights Carve Shadows“ zum tragen gekommen und hörbar geworden.

Ich bin ein großer Fan von euch und ganz besonders von der neuen Platte, da eure Musik äußerst Facettenreich ist und die Songs tatsächlich berühren können. Sind eure Lieder autobiographisch oder singt ihr überwiegend über fiktives Geschehen?
Da hat sich, besonders im Rahmen der neuen Platte, einiges verändert. Früher waren die Texte nahezu vollständig autobiographisch, auf dem neuen Album sind wir da erstmal einen anderen Weg gegangen und erzählen viele Episoden, die in keinem offensichtlichen, persönlichen Zusammenhang stehen. Allerdings gibt es innerhalb der Songs nach wie vor eine Reihe von Zitaten, die eine starke, autobiographische Verbindung haben. Dabei kann und wird man diese Stellen anders lesen und deuten, wenn man sie im Zusammenhang des Albums und ohne Kenntnis der kleinen Details liest bzw. hört. Genau das war aber auch das Ziel. Wir wollten natürlich schon eine emotionale Bindung zu den Texten haben, das ist ja essentiell, allerdings ohne dabei das Innere einmal mehr nach aussen kehren zu müssen.

Euer Album „Neon Lights Carve Shadows“ ist ein Konzeptalbum, das über eine Nacht in einer großen Stadt berichtet. Handelt es sich bei dieser Stadt um eine x-beliebige oder habt ihr Erfahrungen aus einer ganz speziellen Stadt verarbeitet?
Natürlich spielen bei so einem Konzept immer die Orte die Hauptrolle, an denen man sich selbst aufhält. Aber es war uns wichtig, nicht eine Stadt in den Mittelpunkt zu stellen und womöglich noch zu verklären, nach dem Motto „Ode an Berlin“ oder so. Davon gibts nebenbei bemerkt eh schon zu viele...
Als Band leben wir über mehrere Städte verteilt, so dass diese und andere Städte, die wir auf Tour oder auf anderen Reisen gesehen und erlebt haben, den Rahmen bilden. In den Songs geht es ja um Episoden und Gefühle, die jeder, der in einer Großstadt lebt, nachvollziehen kann und kennt. Das funktioniert, ohne dass diese an einem ganz speziellen Ort statt finden müssten. Wenn man das Ganze als Ode verstehen will, dann eher an die Stadt an sich, als soziokulturellen Raum mit den Lichtern und Schatten, die das Stadtleben ebenso mit sich bringt.

Euer Booklet ist gespickt mit Momentaufnahmen aus dem nächtlichen Stadtleben. Die Motive bieten sich aufgrund des Plattenthemas natürlich an. Für das Artwork habt ihr euch jedoch etwas Besonderes einfallen lassen, indem ihr über einen Zeitraum von zwei Monaten im Internet dazu aufgerufen habt, Fotos einzusenden. Eine sehr nette Idee, wie ich finde, um eure Fans in die Arbeiten am Album (zumindest am Design) einzubinden. Wie war denn die Resonanz auf diese Aktion und seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?
Wir hatten am Anfang ehrlich gesagt ein wenig Sorge, ob das funktionieren würde. Ob wir genug Bilder, genug gute Bilder bekommen würden. Aber das war natürlich auch das Spannende an der Idee. Und nach den ersten zwei Wochen war dann auch schnell klar, dass da was geht. Wir hatten sehr schnell mehr als hundert Bilder zusammen, viele wirklich richtig schöne Sachen, so dass wir bereits nach dem ersten Monat mit der Arbeit am Artwork beginnen konnten. In der Folge sind dann immer mehr Bilder bei uns angekommen, so dass wir am Ende sogar ein kleines Platzproblem hatten.
Das Ergebnis hat dann auch unsere Erwartungen erfüllt, teilweise übertroffen. Und wir haben uns in der Folge entschieden, alle überflüssigen Gestaltungselemente rauszuwerfen und nur mit den Texten und den Fotos zu arbeiten. Auf die Weise verbinden sich die beiden Komponenten dann auch am besten. Und am Ende können wir sagen, dass diese Aktion in jeder Hinsicht ein riesiger Erfolg war.

Ihr könnt inzwischen auf insgesamt vier Studioalben zurückblicken. Die ersten beiden sind in einem relativ kurzen Abstand zueinander erschienen (2002 und 2003). Für das dritte (2007) und vierte Album (2010) habt ihr euch etwas mehr Zeit genommen. In eurem Infosheet steht dazu, dass ihr euch „nach einer von außen betrachtet ruhigen, nach innen allerdings arbeitsintensiven Zeit“ zurückmeldet. Welchen Stellenwert hat denn die Musik in euerm Leben neben anderen Tätigkeiten, denen ihr ja sicherlich nachgeht? Immerhin lebt ihr ja auch über Deutschlands Mitte und Norden verteilt, was Kommunikation, Proben und Gigs sicher erschwert.
Die Musik und insbesondere die Band hat in den letzten zehn Jahren einen sehr hohen Stellenwert genossen, bei uns allen. Das ging teilweise so weit, dass wir in den Jahren 2003-2005 kaum etwas anderes gemacht haben. Allein schon, weil wir so viel unterwegs waren damals. Ganz abgesehen von der Arbeit an neuem Material. Danach haben wir dann aber auch gemerkt, wie zeit- und energieaufwendig das war und es wurde klar, dass wir auf dem Niveau nicht ewig weitermachen können. Zumindest nicht, ohne noch größere Kompromisse an vielen anderen Stellen eingehen zu müssen. Deshalb haben wir in der Folge alles etwas runtergefahren. Auch um uns den Spaß und die Inspiration zu behalten, denn genau aus dem Grund sind wir ja da. Und obwohl wir mittlerweile alle einem halbwegs geordneten Leben nachgehen, hat die Musik nach wie vor einen hohen Stellenwert bei uns. Aber eben genau aus den Gründen, weil es uns (wieder) inspiriert und Freude bereitet.

Ich weiß von einem Konzert, das ihr vor kurzem im guten alten Chéz Heinz in Hannover gespielt habt und im Juli werdet ihr in Berlin live auf der Bühne zu sehen sein. Habt ihr noch weitere Gigs für den Sommer geplant oder können wir euch vielleicht sogar auf dem einen oder anderen Festival erleben?
Ja, stimmt, wir haben eine schöne, kleine Release-Show „zu Hause“ im Heinz gespielt, das war toll, da wir vorher auf Grund der Arbeit am Album eine halbe Ewigkeit nicht mehr live gespielt haben. Wir werden nach der Show in Berlin aber wohl erst im Herbst wieder etwas mehr unterwegs sein können, da der Sommer für den ein oder anderen wieder sehr arbeitsreich abseits der Band werden wird, so dass kaum Luft bleibt für mehr. Im Herbst werden wir uns dann aber hoffentlich mal wieder in den Winkeln der Republik sehen lassen.

Welches sind eure ganz persönlichen Lieblingssongs von den eigenen Scheiben und was hört ihr so, wenn ihr von den eigenen Liedern mal genug habt?
Auf dem neuen Album hat jeder von uns seine eigenen Favoriten, da gibt es mit „Teeth Keep Craving“, „An Opposite Emergency“ oder „Rooftops“ zwar auch Überschneidungen, aber dazu hat dann jeder noch seine ein, zwei persönlichen Favoriten. Was wir aber durchweg behaupten können ist, dass in jedem Song etwas drin ist, das wir alle mögen. Und wir trotz der langen Arbeit an den Songs und am Album das Ding nach wie vor durchhören können und uns über manche Stellen freuen können wie die Kinder.
Dass man die eigene Platte allerdings nach so intensiver Beschäftigung damit rauf und runter und ausschließlich hört, können wir nicht bestätigen. Deshalb muss aktuell z.B. immer wieder die neue Against Me! herhalten, alte und aktuelle Alkaline Trio gehen immer, aber auch die neue Deftones hat es wider Erwarten in die heiße Rotation geschafft.

Zum Schluss möchte ich euch noch einmal sagen, dass ich von „Neon Lights Carve Shadows“ wirklich begeistert bin und ich hoffe, dass ihr mit dem Album richtig durchstarten werdet, weil, wie ich finde, die Scheibe viel Aufmerksamkeit und Lob verdient hat. Welche Erwartungen hattet ihr selbst denn an die neue Platte und sind diese Erwartungen nach Veröffentlichung erfüllt worden? Seid ihr mit dem Feedback durch die Medien und von den Fans zufrieden?
Vielen Dank. Wir freuen uns sehr über Dein positives Feedback und sind aktuell auch sonst mit dem Echo sowohl der Kritik als auch unserer Hörer sehr glücklich. Auch und gerade weil es nicht jedem gleich gefällt. Allerdings merken wir auch, dass uns besonders die Meinung der Kritik dieses Mal nicht so sehr umtreibt wie es vielleicht früher der Fall war. Wahrscheinlich weil wir mit dem Album und unserer Situation aktuell mehr als zufrieden sind. Und weil das Album bereits jetzt unsere eigenen Erwartungen mehr als erfüllt hat. Für uns war vor allen Dingen wichtig, ein Album aufzunehmen, mit dem wir von Anfang bis Ende, also was die Songs, die Produktion, die musikalische Umsetzung bzw. deren Qualität, das Artwork angeht, zufrieden sind. Und in unseren Augen ist uns genau das auch gelungen.


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Infos

  • Erstellt am

    23. Juni 2010
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