Im vollen Ornat JD Power Trio genannt ziert das Cover ein übersichtliches JD. Der Albumtitel ist hintersinnig. Mit Knast, hat es nichts zu tun, allenfalls mit Knast auf gute Musik. Schüler des Angelsächsischen mögen sich in der Grammatik an das Past Perfect Continuous, oder auch Prison Perfect Progressive genannt, erinnern. Linda tells Scott: "I had been listening to JD's album before I dressed sharp." "Oh, nice! Tell me about!"
Humor manifestiert sich in der Absicht der Band "musikalische Ohrfeigen in schicken Anzügen" austeilen zu wollen, und sie nennen sich "Gentlemen des Grunge". So gehen sie, ähnlich wie Joe Bonamassa im Anzug (und Krawatte) auf die Bühne. Der Satz, sie "legen viel Wert auf Professionalität und gepflegtes Aussehen" passt auch zu Auflagen eines Arbeitsgebers an potentielle Bewerber - Aber sich dann gepflegt die Mähne beim Bangen in Schweiß legen. Sauguad, gfallt mia!
Der lyrische Rahmen ist die Auseinandersetzung mit moralischem Verfall. Lied Nr. 1 beklagt den Mangel an Vorbildern, zu denen man aufschauen kann. Lied Nr. 2 besingt nicht das aristotelische Maßhalten (Mittelmaß), sondern spricht sich gegen Mittelmäßigkeit als Anspruch aus. Der Hitlerkritiker Generaloberst Kurt von Hammerstein-Equord (+1943 an einem Tumor) hat hierzu eine - wie ich finde - universelle Charakterisierung hinterlassen, die er selbst auf Offiziere beschränkte, aber der Begriff Offizier kann leicht duch Menschen, Mitarbeiter, Kollegen ersetzt werden und Generalstab durch Führungsetage (oder despektierlich: Teppichetage): „Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere . Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den Generalstab. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90 % aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.“ Mittelmaß ist für den Erhalt von Funktion gar nicht so schlecht. Und das permanente Bestreben zu und das Vollziehen von Spitzenleistung in einer nicht Perfektionsmus folgenden Umwelt nutzt einen schneller ab, als man denkt. Der kluge außergewöhnliche Impuls zur richtigen Zeit ist daher die bessere Option. Dummheit und Fleiß ist die schlimmste Paarung. Dagegen wäre also das Lied anzustimmen. Lied Nr. 3 könnte ein Japan-affiner Geist auch mit dem Begriff Kaizen in Verbindung bringen, Selbstverbesserung und darin innewohnender Fortschritt. Das wäre positiv konnotiert, die negative Konnotation ist die egoistische Selbstoptimierung. Lied Nr. 4 kritisiert die Akzeptanz des Status quo. Die Lieder Nr. 5 und 6 besingen den Niedergang menschlichen Anstands in Politik sowie Partnertreue. Den Schlussakkord bildet Lied Nr. 7 mit der Kritik, in der Vergangenheit zu leben und versuchen, diese wieder zu erleben.
Durch Anschreiben und die Begleitmaterialien wurde man etwas präjudiziert, was man erwarten könne vom Werk von JD Power Trio. For Fans of (FFO) Alice In Chains, System Of A Down, Ozzy Osbourne, Stone Sour, Zakk Wylde/Black Label Society, Helmet, Ozzy Osbourne, Faith No More kann man alle Textpassagen kummulieren. Mein persönlicher Eindruck bestätigt aus dieser Liste drei Vertreter. Nämlich: Alice In Chains, Zakk Wylde/BLS und Faith No More. Aber nicht für den Gesamtsound. Da schicke ich nämlich All Them Witches und King Buffalo auf die Wiese. Stoner/Heavy Psych als Stil. Der Fuzzton der Gitarre, hier und da echo- und hallschwanger, ist für mich da besonders als Indikator zu benennen. AIC, Zakk Wylde/BLS und Faith No More haben jeweils einzelne Lieder, die eine gewisse Reminiszenz darstellten. Für AIC ist es das Lied Shot! durch das WahWah-unterstützte Lick. Es erinnert sehr an Rain When I Die vom AIC Album Dirt. Die Lieder Into The Devine und Holier machen - wieder die Gitarre - mit den Pinch Harmonics/Squeels mündenten Stakkati Zakk Wylde/BLS alle Ehre - und Into The Devine besonders durch sein Arrangement, im Outro grüßt Audioslave (oder Tom Morello) durch den Einsatz eines Digitech Whammy bei der Gitarre. Und Duchess strahlt in seinen Strophen einen Faith No More Vibe aus. Der Faith No More Gedanke kommt mir auch bei Ruby. Dazu gesellt sich mit den Lyrics "Turn off the lights and go [...] und der Mehrstimmigkeit eine Prise Stone Temple Pilots.
Soll man dem JD Power Trio nun vorwerfen, sie versuchen musikalisch reaktionär an den 1990ern festzuhalten? Und sie besängen sich in Ruby somit selbst? Nein! Mit keiner Note habe ich das Gefühl, dass sie etwas Altes aufwärmen. JD Power Trio klingen für mich absolut gegenwärtig. Gesang, Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboards sind auch 2025 immernoch modern. Die Songs haben Dynamik, der Sound ist druckvoll aber nicht überkomprimiert, es gibt schöne Melodieführungen. Ich wünsche der Band, und das ist heute mitunter schwieriger als in den 1990ern, dass sie bei einem potenten Label zeichnen können. Ich hatte viel Spaß am geplegten Kopfnicken bei der Musik des JD Power Trios. Klasse Album. Sehr empfehlenswert.