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North Mississippi Allstars - Still Shakin'

VÖ: 06. Juni 2025   •   Label  New West Records, Redeye/Bertus
North Mississippi Allstars? Never heard of them. Gegründet 1996 von den Brüdern Luther und Cody Dickinson, Debütalbum vor 25 Jahren. 5x Grammy nominiert geworden, aber nur den Blues Music Award an anderer Stelle eingeheimst. Mein Interesse an dem Album weckte die Randnotiz, dass Luther Dickinson mal Tour-Gitarrist der von mir sehr geschätzten The Black Crowes war. Schaun wir also mal, ob mich das Album zum - positiven - Zittern animiert.
Genremäßig dürfte das reichlich schwammige Modern Mississippi Music wohl am zutreffensten sein, Blues ist schon zu vernehmen, Rock oder Southern Rock - wie The Black Crowes ihn spielen - würde ich das nicht bezeichnen. Der erste Eindruck beim Vernehmen der Stimme Luther Dickinsons ist: Uih! Singt da Bono? Das Timbre ist sehr ähnlich. 
Die Dickinson Brüder haben ihre Band nie als festes Gefüge betrachtet, sondern man war frei von einem schnell drehenden Besetzungskarussell, wer Bock hatte, beizutragen, war willkommen, wenn man keine Lust/Zeit mehr hatte, war es auch in Ordnung. 
Ein Blick auf die Tracklist zeigt, dass man John Henry besingt. Die Ballade als solche handelt von einem ehem. Sklaven/Zwangsarbeiter, der als Tunnelbauer arbeitete und mit schwerem Hammer die Sprenglöcher in den Fels trieb. Mit zunehmender Rationalisierung/Mechanisierung wurde diese schwere Tätigkeit durch Bohrhämmer (die zudem Zeitpunkt alles andere als vollautomatisch ihre Arbeit verrichteten) unterstützt. John Henry trat in den Wettbewerb gegen einen dieser Bohrhammer, siegt, aber starb an Erschöpfung. Bei aller Frage hinsichtlich der Historizät wurde John Henry insbesondere zu einem wichtigen Symbol der afroamerikanischen Bevölkerung gegen Unterdrückung und zur Wertschätzung menschlicher Arbeit. Besungen wurde John Henry auch von Johnny Cash, Bruce Springsteen, Joe Bonamassa und anderen. Aber gerade Joe Bonamassas Lied transportiert mit seinem hammergleichen Rhythmus mehr das Motiv als es in diesem Fall North Mississippi Allstars vermögen. Bei ihnen - wie bei einigen anderen Liedern des Albums - wirkt es wie ein Auftritt in sehr puristischer Umgebung und Instrumentierung in einer Scheune. Fraglos eine Reminiszenz an Grass Root Blues und wie mit Musikmachen die harte körperliche Arbeit zu kompensieren versucht wurde. Oder eben Worship betrieben wurde. Dennoch taugt mir Bonamassas The Ballad Of John Henry mehr.
Um Worshipping aufzugreifen. Bei aller Hektik, die die Rhythmik des Liedes Preachin' Blues verursacht, ist es ein Lied, was man sich schön mit Gospelchor in einer Kirche vorstellen könnte. In der gleichen Stimmung ist auch Pray For Peace - Bete für den Frieden, passend bei all den laufenden Kriegen und waffenstrotzenden Konflikten. 
Ich habe dem Album sehr viele Durchläufe gegönnt, weil es sich als nicht so eingängig herausstellte. Grundsätzlich mag ich die lässige Grundstimmung des Albums. Drei Songs finde ich ausgesprochen gelungen, nämlich My Mind Is Ramblin' und Still Shakin' durch die Duettparts Luther Dickinsons mit den beiden Backgroundsängerinnen Sharisse und Shontelle Norman. Stay All Night ist auch noch ziemlich cool geworden. Die restlichen Lieder vermögen nicht den Mississippi in meine musikalischen Nebenarme richtig einströmen zu lassen. Ich kann sie gut anhören, aber sie wollen bei mir nicht hängen bleiben. 
Fazit: Auf alle Fälle ein interessantes Album mit einer sehr gut abgeschmischten Kapelle. Auch wenn mir selbst nur drei Lieder der Setlist wirklich sehr gut gefallen, empfehle ich Neugierigen, die solche Musikgenres mögen, sich das Album einmal anzuhören. Zum durchgängigen durch Freude induzierten Zittern führte das Album bei mir nicht.