„Busted at the Border“ wird in diesem Jahr 35 Jahre alt. Hinsichtlich der Verkaufszahlen konnte das Album leider nicht mit eurem Debüt „Behind the Eight-Ball“ mithalten. Wie ist das trotz der starken Songs aus heutiger Sicht zu erklären?Henny: Dafür sind, aus unserer Sicht, verschiedene Umstände verantwortlich. In erster Linie fehlte die Unterstützung der damaligen Plattenfirma im Vergleich zum Debüt. Darüber hinaus war es auch unsere Unerfahrenheit, die die Produktion und den Mix nicht optimal laufen ließen. Wir hätten wohl etwas selbstbewusster gegenüber Plattenfirma und Produzenten auftreten müssen, als wir merkten, dass Dinge aus dem Ruder liefen.
Trotz des nicht ganz so starken Sounds, ist „Busted At The Border“ musikalisch doch ein echtes Pfund geworden. Kein Wunder also, dass sich die Band – nachdem man zuvor bereits mit URIAH HEEP, MOTÖRHEAD und VICTORY unterwegs gewesen war – nun eine Headliner-Tour zutraute. Diese blieb jedoch, wie auch die Verkaufszahlen des Albums, hinter den Erwartungen zurück.Wie war die Stimmung in der Band, nachdem „Busted at the Border“ sowie die folgende Headliner-Tour damals nicht so gut ankamen wie erhofft?Henny: Die war natürlich im Eimer. Nicht nur lief die Platte enttäuschend, sondern die darauffolgende Headliner-Tour mit eigenem Bus und einem Truck voller Equipment war eine wirtschaftliche Katastrophe.
Außerdem stellte sich auch bei uns langsam die Erkenntnis ein, dass Ted offenbar ein ernsthaftes Drogenproblem hatte.
Und doch hielt man am charismatischen Frontmann aus den USA fest. Man darf wohl sagen, dass Ted Bullet zur damaligen Zeit nicht nur hinsichtlich der Außenwirkung, sondern auch bezüglich der musikalischen Ausrichtung ein wesentlicher Bestandteil der Band gewesen ist. 35 Jahre später fordert der rücksichtlose Lebensstil nun offenbar seinen Tribut und der in London lebende Bullet ist gesundheitlich angeschlagen. Doch rein optisch gab es zwischen dem Debüt und „Busted At The Border“ einen offensichtlichen Unterschied. Zierte das Debüt noch ein eher alternativ-punkig anmutendes Artwork, tauchte auf „Busted at the Border“ erstmals das ikonische Thunderhead-Logo auf, welches auch auf der „Killing With Style“-Scheibe zu sehen ist. Wessen Idee war es? Und weshalb habt ihr es für „Crime Pays“ nicht benutzt, für „Killing…“ dann aber doch wieder?Henny: Das Logo war, meiner Erinnerung nach, eine gemeinschaftliche Idee. Grundsätzlich hatten wir vor, ein Logo entwerfen zu lassen, was man sich auch als Tattoo vorstellen konnte. Warum es auf „Crime Pays“ nicht auftaucht, weiß ich gar nicht mehr sicher: Könnte mir aber vorstellen, das wir nach dem enttäuschenden Ergebnis von „Busted …“ einen Neuanfang wollten.
Alex: Wenn ich mich richtig erinnere, war die Grundidee von dem „Busted“-Logo von Henny. Ich glaube beim „Crime Pays“ Cover sind wir wieder davon abgewichen, weil wir das Foto vorne draufhaben wollten und das „Busted“-Logo so viel Platz beansprucht. Irgendwer kam dann auf die Idee, THUNDERHEAD wieder zusammenzuschreiben. Bei „Killing“ war es ein Vorschlag von Andreas Marschall, der uns gleich so gut gefallen hat das wir nichts daran zu meckern hatten. 😊
Anlässlich der „Killing With Style“-Scheibe hat mir Henny 1995 im Interview gesagt, dass er glaube, dass es der Band irgendwann gedankt würde, dass sie immer stumpf ihr Ding durchziehe. So richtig gedankt wurde es der Band letztlich aber dann doch nicht, oder? Woran lag es?Henny: Da kannste mal sehen, was für ein positiv denkender Mensch ich war. 😊 Ich bin heute etwas realistischer, nach meinen Erfahrungen mit PRIMAL FEAR und den NITROGODS. Was Du nicht selbst machst, wird einfach nicht passieren. Insofern ist es schön, dass Alex wieder Gefallen daran gefunden hat, sich mit den alten Jugendsünden auseinanderzusetzen.
Ich war ehrlich gesagt etwas überrascht, dass – zumindest für Außenstehende – so plötzlich wieder Leben ins THUNDERHEAD-Lager eingekehrt ist. Mein letzter Kontakt mit der Band war ein Gig von DONNERKOPF im Hildesheimer Rockclub. Da Henny mittlerweile mit NITROGODS am Start ist und Ole bei Rock ‘N‘ Rolf angeheuert hat, schien mir das Thema endgültig erledigt. Schön, dass es anders gekommen ist. Verratet uns doch mal, was euch dazu bewogen hat, die Alben nun als „Refurbished“-Versionen wieder zu veröffentlichen? Und was genau kann sich der Fan unter „refurbished“ vorstellen?Henny: Alex hatte die Idee, die ersten drei Alben zu remastern und „Busted at the Border“ sogar zu remixen: Er sprach mich an, weil ich die alten Tonbänder seit den 90ern bei mir auf dem Dachboden verwahre. So fing alles an. Der Mix von „Busted …“, den wir damals alle als unterirdisch empfanden, sollte noch einmal in neuem Gewand erscheinen.
Zum einen, weil es einfach schade um die Musik war und es uns schon immer genervt hatte, wie schwach die Platte klang. Zum anderen hatte Alex, glaube ich, noch ne Rechnung mit dem Produzenten Tony Platt und seiner Produktion offen, weil dieser ihn damals aus dem Studio geschmissen hatte, als er in den Mix eingreifen wollte. Tatsächlich hatte Alex unsere Demos produziert und aufgenommen, die letztendlich viel besser als die fertige Platte klangen. Ich glaube, das hat ihn bis heute genervt und in seiner Produzenten-Ehre gewurmt. Und uns als Band natürlich auch.
Alex: Haha, ja genau. Die Platte war nicht so, wie sie in meinen Vorstellungen hätte sein können. Unterirdisch trifft es gut. Ich stand ziemlich schnell mit Tony auf Kriegsfuß und als ich ihm sagte, dass mir der erste Mix nicht gefällt, hat er mich aus dem Studio geworfen. Damals waren wir leider zu grün hinter den Ohren, um uns richtig durchsetzen zu können. Eines Abends hab ich mir die Platte angehört und dachte so: „Das ist alles so gut gespielt und man hört es nicht. Ich muss die nochmal mischen!“ Gesagt, getan. Jetzt bin ich sehr happy mit dem Resultat und „Busted …“ ist endlich so, wie sie vor 35 Jahren hätte sein sollen.
Die Band befindet sich insofern in einer glücklichen Situation, als sie die Rechte seinerzeit problemlos von der Intercord erwerben konnte. Ein Umstand, der die Wiederveröffentlichung nun problemlos ermöglicht, zumal auch Ted, der mittlerweile in London lebt, zugestimmt hat. Hinsichtlich der „Killing With Style“ dürfte eine Wiederveröffentlichung schwieriger werden, da die Rechte für das Album bei BMG liegen. Doch man darf hoffen, dass der Musikriese einer Wiederveröffentlichung zustimmt, wenn sich herausstellt, dass die ersten drei Alben bei den Fans auf Interesse gestoßen sind. Auf den Stand der Dinge angesprochen, äußert sich Henny wie folgt:Das steht noch in den Sternen. Weil die Rechte der anderen Alben noch immer anderen Plattenfirmen gehören. Aber wenn die merken, dass es damit wieder Geld zu verdienen gibt, sind sie sicher nicht abgeneigt, auch diese Platten wieder neu aufzulegen.
Bislang liegen nur die ersten beiden Alben als digitale Versionen vor. In den sozialen Medien sind aber natürlich sofort auch Rufe nachphysischen Versionen, vor allem nach Vinyl, laut geworden. Wie sieht diesbezüglich die Planung aus?Henny: Darauf sind wir inzwischen häufiger angesprochen worden. Wir planen einen Re-Release als Vinyl und CD aller drei Alben.
Und nicht nur da Alex mir verriet, dass er, Henny und Ole momentan an einem gemeinsamen Proberaum basteln, stellt sich natürlich die Frage, ob man damit rechnen darf, dass das Hannover-Trio THUNDERHEAD in absehbarer Zeit auch wieder auf die Bühne bringen wird. Henny: Das ist die große Frage, die im Raum steht. Ich würde das nicht unbedingt ausschließen wollen. 😉
Alex: Ja, schauen wir mal. Zurzeit bauen wir uns gerade zusammen ein kleines, aber feines Studio, in dem bestimmt der eine oder andere neue Hit entsteht. Wir lassen uns überraschen. 😊
Man darf also darauf hoffen, dass es in der nächsten Zeit nicht nur altes Material in aufgehübschter Form geben wird, sondern vielleicht sogar auch ein neues Album. Wie der Zufall es will, lief mir Henny beim Grave Digger Konzert in die Arme und deutete an, dass man möglicherweise auch einen passenden Ersatzmann für Ted Bullet an der Hand habe. Es sieht also gut aus – für die Band und für die Fans. Bis dahin ist man gut damit beraten, die alten Klassiker der Hannoveraner neu zu entdecken. Vor allem bei der „Busted At The Border“ macht die „Refurbished“-Version Sinn – selbst wenn man das Original im Schrank stehen hat –, da der Sound die Songs tatsächlich nochmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. 

