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Jethro Tull - Curious Ruminant

| Bernd Wäsche | Musik Reviews, Reviews

"Curious Ruminant" ist das dritte Album der 2022 nach langer Pause plötzlich wiedergeborenen JETHRO TULL. Fand ich "Zealot Gene" eher lahm und unausgereift, überzeugte "RökFlöte" mit überragenden Querflöten-Achterbahnfarthen, einen angezogenen Härtegrad und komplexeren Instrumental Teilen. Hier blieb Ian Andersons angeschlagene Stimme durch seltenes Auftreten eher im Hintergrund. "Curious Ruminant" zeigt nun die wieder folkloristische Seite der Band, die sich auf Alben wie "Songs from the Wood" oder "Heavy Horses" bezieht. 

Dass es schwer ist mit den Klassikern mitzuhalten sollte Fans klar sein. Das liegt wie erwähnt an der Stimme Andersons, die deutlich schwächer als vor 48 Jahren klingt. Zudem hat sich das  Personalkarussel wieder ein wenig gedreht. Der neue Gitarrist Jack Clark leistet zwar einen tollen Job, drängt aber nur ab und zu mit seinen Fähigkeiten in den Vordergrund. Was aber sicher an der folkigen Ausrichtung zu tun hat. An einigen Stellen klappt das wirklich wunderbar. Nach kurzem Klavierintro kommt das "Puppet and the Puppet Master" flott und tanzbar um die Ecke, ohne progressive Parts auszusparen. Fantastisch ist die starke Querflöte von Anderson. Der Titeltrack weckt eher Erinnerungen an die Dramatik von "Broadswoard", ohne die Qualtítät des Übersongs zu erreichen. Trotzdem eine starke Nummer mit einigen Wendungen und starker Gitarrenarbeit. Das schwächelnde Organ Andersons wertet die Nummer leider etwas ab. Bei "Dunsinane Hill" ertönt ein Akkordeon und bleibt zu zahm in der Ecke stehen, was aber zu gewollt klingt. Endlich zur Sache geht es schließlich bei "The Tipu House", welches auf "Heavy Horses" eine gute Figur gemacht hätte. "Savannah of Paddington Green" klingt höchst britisch folkloristisch und hat eine einprägsame Melodie, getragen wieder von enem Akkordeon. Klassisch folkig dann das starke "Stygian Hand", welches ein echter Grower ist. "Over Jerusalem" beginnt ebenfalls folkig, baut sich aber in der Mitte zu einem passablen Rocker auf, um dann aber am Ende zu schnell zum Anfang zurück zu finden. Hier hätte der starke Mittelteil weiter ausgearbeitet werden können. Das folgende 16 Minütige "Drink from the same Well" startet als Instrumental mit starken Querflörten Melodien, die sich nach sehr längerer Phase schließlich in den Refraintext Teil umwandeln. Sicher irgendwo wohltöndend und komplex trifft mich dieses Stück aber nicht. Die Entstehung ist interessant, denn einzelne Parts hat Ian Anderson im Archiv gefunden und zusammen geschnitten. Mir fließt das lange Stück zu ziellos dahin. Das folgende abschließende "Interim Sleep", ein Instrumental mit Sprechgesang mag vielleicht das Album lyrisch passend beenden, würde mir aber nicht unbedingt fehlen.
Es ist toll Jethro Tull wieder aktiv in der Musikszene zu sehen. Vor einigen Jahren hätte kaum jemand mit einer solch kreativen Phase von Ian Anderson gerechnet und nun erscheint das dritte Album in vier Jahren. Abzusehen ist aber auch, dass diese neuen Alben nicht mit der Hochphase von Jethro Tull in den 70er Jahren mithalten können. "Curious Ruminant" kann aber einige Tull Scheiben der 90er toppen.
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