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Therapy? im Interview (Dezember 2009)

Nachdem sich Sänger Andy und Drummer Neil ungewöhnlich freundlich und verbindlich mit Handschlag vorgestellt haben, geht es gleich um die neue Platte. Da sich später auch Bassist Michael dazugesellt und alle fröhlich durcheinander sprechen, konnte ich die Aussagen im Nachhinein nicht mehr zuordnen.

 

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Die Drei sind ja ein Herz und eine Seele, sodass sie wohl kein Problem damit haben, dass sie im Folgenden als THERAPY? antworten.
Die Tatsache, dass `Crooked Timber´ sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen hat, stört Andy nicht.

Bei diesem Album war es so, dass die Leute, die es mögen, es richtig mögen und die Leute, die es nicht mögen, mögen es wirklich nicht. Das finde ich gut, denn es zeigt, dass das Album starke Reaktionen hervorruft. Wenn man so viel Arbeit in etwas investiert, ist es bitter, wenn das Ergebnis den Leuten egal ist. Das ist das Schlimmste.

Diese Polarisierung spricht dafür, dass es ein intensives Album ist.

Ja, das stimmt. Es gibt auch immer Fans, die Alben zu Beginn nicht mögen und uns 5 Jahre später sagen, dass die Platte doch richtig gut war. Bei ´Suicide Pact´ haben wir das oft so erlebt.

Na, da heißt es abwarten. Was mir an der neuen Platte gefällt ist, dass sie düster, aber nie depressiv oder negativ klingt.

Ja, da hast du Recht. Wir bemühen uns, nie theatralisch zu werden. Wir wollen nicht depressiv wie viele Emo Bands klingen. Ich denke aber generell, dass man viel positive Energie aus düsterer Musik ziehen kann. Ich mag JOY DIVISION sehr gern. Wenn es mir nicht gut ging, habe ich alleine diese Platte in meinem Zimmer gehört und danach ging es mir besser.

Diese Stimmung zu erreichen ist ja nicht einfach – zumindest wenn man einen Bogen um kitschige Streicher und Keyboards macht.

Ja, man muss immer aufpassen, dass man da nicht in die Klischees verfällt. Das passiert leider oft, was dann bei vielen auch durch die Kleidung noch verstärkt wird. Darum verwenden wir diese düsteren Elemente sehr vorsichtig, um gerade diese Klischees zu umschiffen.

Hilft es euch dabei, dass ihr als Trio nun die klassische Rock Besetzung habt? Da ist die Gefahr doch nicht so gegeben, die Songs zu überfrachten.

Nein, das haben wir schon in den 90ern so gemacht. Wir haben das Cello so eingesetzt wie es passt. Man sieht ja an APOCALYPTICA, wie viel Energie Celli haben können.

Ein THERAPY? Interview kommt natürlich nicht um das Hit Album ´Troublegum´ herum. Auf der einen Seite hat euch diese Platte Türen geöffnet, auf der anderen Seite wird alles, was ihr macht, an dem Album gemessen; auch wenn diese Vergleiche meines Erachtens Quatsch sind, da andere Alben einen völlig anderen Sound haben. Wie steht ihr heute zu ´Troublegum´?

Es ist gut, ein solches Album gemacht zu haben. Viele Bands schaffen es nicht, ein solches Album aufzunehmen. Es ist halt viel Pop Punk drauf wie ´Nowhere´ oder ´Screamager´. Viele vermissen diese Elemente in den neuen Scheiben. Aber es gibt doch genug Bands, die weiterhin solche Musik machen. Ich bin stolz auf das Album und vielleicht wären wir ohne es nicht hier. Ich kann also eigentlich nichts Negatives daran finden.

Ihr habt ja dieses Jahr schon mal in Berlin gespielt. Das Konzert musste vom Kato ins SO36 verlegt werden, da die Nachfrage größer als erwartet war. Wie fühlt sich das für euch an. Ihr habt zu ´Troublegum´ und ´Infernal Love´ Zeiten ja vor viel größeren Fanscharen gespielt.

Wir waren damals so beschäftigt, dass wir das alles gar nicht so mitbekommen haben. Wir hatten den ganzen Tag über Termine und haben abends gespielt. An viele dieser großen Auftritte kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Wir waren Teil des Zirkus und konnten oft nur 40 Minuten spielen, was sehr kurz ist. Heute spielen wir 20 Songs in 90 Minuten. Es ist etwas Anderes heute, aber ich fühle mich wohler und kann die Shows mehr genießen. Ich mag auch unser jetziges Line-Up sehr.

Spielst du lieber vor Leuten, die sich mehr mit eurer Musik beschäftigen und nicht kommen, weil sie ein Video auf MTV (ja, damals lief da Musik!) gesehen haben.

Nein, versteh mich nicht falsch. Ich würde gern im Olympiastadion spielen. (Na das könnte eine begeisternde Vorstellung in dieser Zeit gut vertragen – Trille). Aber ich mag auch diese Gigs, denn so haben wir begonnen und es wird Spaß machen. Wir sind Musiker und wollen spielen, da ist es zweitrangig, wo. Für viele Bands, mit denen wir in den 90ern auf großen Bühnen gespielt haben, war es schwer, wieder auf kleineren Bühnen zu spielen und einfach Musiker zu sein. Die haben das ganze Drumherum gebraucht. Das war uns eigentlich immer egal. Wir kommen eher aus der Punk Bewegung und haben diese Einstellung beibehalten und mögen die Konzerte in kleinen Clubs.

Wie hat sich denn das Touren seit den Anfangstagen verändert?

Die größte Veränderung besteht in der Technik. Früher hattest du keinen Computer, kein Internet und kein Handy. Da können wir heute besser Kontakt zu den Familien halten, was uns wichtig ist. Und dann musstest du andauernd Geld tauschen. Ansonsten wollen wir rausgehen, spielen und jeden Tag eine bessere Show abliefern als am Vorabend. Wir haben immer noch Spaß und Konzerte sind keine Pflicht. Durch Wechsel in der Setlist bleibt es interessant. Wir spielen heute 8 Songs vom neuen Album. Es ist jeden Abend eine Herausforderung.

Das erinnert mich etwas an das, was John Calabrese, der Bassist von DANKO JONES in einem Interview zu mir gesagt hat. Er meint, dass das Warten auf Tour 23 Stunden Arbeit ist und die Zeit auf der Bühne ist die Pause.

DANKO JIONES sind eine großartige Liveband. Und er hat Recht. Die Zeit, die du nicht auf der Bühne bist, kann hart sein.

Habt ihr besondere Erlebnisse bei Gigs in Berlin gehabt?

Oh ja! Nach unserem ersten Konzert hier hat ein Typ versucht, in den Tourbus zu kommen, um mit uns zum nächsten Club zu fahren. Der ist richtig ärgerlich geworden, als wir ihm gesagt haben, dass das nicht geht. Er hat gegen den Bus geschlagen und er hat sich an der halb offenen Tür festgehalten und ist nebenher gelaufen. Wir haben langsam bis 20 km/h erhöht und ab und zu angehalten, aber dann hat er immer wieder gegen den Bus geschlagen. Der nächste Gig war in Innsbruck und irgendwann hat er dann aufgegeben.
Ansonsten verbinde ich mit Berlin die Hansa Studios, in denen DAVID BOWIE und NICK CAVE aufgenommen haben. Aber statt uns die Studios anzusehen hatten wir einen Typen, der neben dem Bus herlief.

Ist es denn dann eine Art Ehre für euch, in Clubs wie dem SO36 zu spielen? Dort standen viele eurer Helden auf der Bühne.

Auf jeden Fall. Das ist eine legendäre Gegend in Berlin. Das war auch so, als wir in New York im CBGBs gespielt haben, auch da waren viele Legenden auf der Bühne. Und es ist unglaublich, was es Backstage an Kritzeleinen gibt.
Aber zurück zu Berlin, ich mag die Leute hier, sie sind immer sehr offen uns gegenüber gewesen. Das ist in London nicht so und Paris ist der Horror, aber Berlin ist super. Am offensten sind die Leute in Belfast, Berlin und Amsterdam.

Das ist schön zu hören. Berlin hat ja eher den Ruf, dass das Publikum zurückhaltender ist, während es im Süden Deutschlands agiler zugeht.

Wenn ich auf ein Konzert gehe, bin ich auch nicht vorne dabei. Ich stehe eher hinten und genieße die Show.

Was macht denn eine gute Show für dich aus?

Die Band muss etwas rüberbringen und der Sound muss mich umgeben. Ich muss mich darin verlieren können und vergessen, dass ich in einem Club stehe. Gut ist, wenn ich erst nach dem letzten Song irgendwie überrascht bin, dass es vorbei ist.

OK, zurück zu den Alben. Für die Bodenhaftung war es sicher gut, dass ´Troublegum´ nicht euer erstes Album war.

Ja, da wären wir vielleicht verrückt geworden. Wenn Bands einen solchen Erfolg haben, sagen sie sich oft: OK, das ist unsere Formel, so machen wir jetzt weiter. Jede Platte wird nun so klingen. Wir haben nicht ´Troublegum´ Teil zwei und drei gemacht, auch wenn die Leute in der Plattenfirma das wollten. Das wäre einfach langweilig gewesen.

Dazu gehört aber auch eine Menge Mut. Wenn eine THERAPY? Platte rauskommt, weiß man ja nie, was einen erwartet und ihr stoßt immer Fans vor den Kopf. Live spielt ihr aber immer eine bunte Mischung, so dass dann alle Fans auf ihre Kosten kommen.

Ja, wir bemühen uns da um eine gute Mischung. Auch bei ´Troublegum´ gab es bei der Veröffentlichung viel Kritik, denn die Leute, die ´Nurse´ mochten, fanden es viel zu poppig. In einigen Kritiken wurde die Platte komplett verrissen.

Was mich wundert ist, dass alle Mitglieder diese Veränderungen im Sound mitmachen. Passiert es vor einem Album mal, dass einer von euch ein dunkles und ein anderer ein eher poppunkiges Album machen will? Wie kommt ihr da auf eine Linie?

Die Alben entstehen ganz natürlich beim Proben. Wir sagen ja nicht vorher, wie ein Song klingen soll, das ergibt sich. Die Stimmungen der Songs eines Albums können ja auch unterschiedlich sein. Es ist ein Prozess.

Also schreibt ihr die Songs zusammen und sitzt nicht allein zu Hause und schickt euch die Ideen per E-Mail.

Auch das machen wir, denn wir wohnen sehr weit auseinander. Wir senden uns Ideen zu, die Songs entstehen dann aber, wenn man gemeinsam spielt. Dabei kann sich noch viel verändern. Das macht Spaß und ist spannend.

In alten Interviews habe ich gelesen, dass ihr gern Bands wie die RAMONES oder BUZZCOCKS gehört habt. Es gibt bei euch aber von Beginn an Industrial- und andere harte Einflüsse. Woher stammen die?

Wir haben immer sehr viele unterschiedliche Sachen gehört. Vor der neuen Platte haben wir viel Krautrock gehört. Aber wie gesagt, ich mag auch schon immer Bands wie JOY DIVISION.

Hand aufs Herz, wenn du zurückschaust, gibt es ein Album, von dem du sagst, dass es gegen die anderen abfällt?

Ja, ´Shameless´ war nicht so stark.

Das sehe ich auch so.

Das lag damals an der Situation in der Band. Der Drummer und Martin (damaliger Gitarrist und Cellist – Trille) wollten in eine andere Richtung. Michael und ich haben da etwas die Kontrolle verloren. Es sind auch gute Songs wie ´I Am The Money´ drauf. Aber ich denke, alles hat seine Gründe und es ist ein Teil von THERAPY? Ohne das wären wir nicht hier. Es gibt immer Aufs und Abs. Das ist mir lieber, als gleichförmig dahinzudümpeln. Aus diesen Erfahrungen haben wir viel gelernt. Wenn wir nach längerer Zeit ein Album hören, merken wir, wie viel es über den damaligen Zustand der Band aussagt. So ermöglicht jede Platte später eine Rückschau.
Ich glaube, dass ein Grund dafür, dass wir mit ´Crooked Timber´ so zufrieden sind, ist, dass wir zwei Jahre vor Veröffentlichung schon den Plattenvertrag unterschrieben hatten. Wir haben uns richtig Zeit gelassen. Bei ´Shameless´ waren wir einfach ziemlich müde, als wir es aufgenommen haben. Wir drei passen jetzt gut zusammen und die gesamte Energie geht in die Musik, das war nicht immer so.

Mit einigen eurer T-Shirts zollt ihr ja Bands, die ihr mögt, Tribut. Darunter sind die RAMONES oder PINK FLOYD. Die Gitarre bei ´Band Karma Follows You Around´ klingt für kurze Zeit exakt wie die bei ´Message In A Bottle´ von THE POLICE. Ist dieses Zitat beabsichtigt?

Nein, das war keine Absicht. Ich muss zugeben, dass ich einige Riffs von Police gespielt habe, als ich anfing, Gitarre zu lernen. Das hat sich wohl irgendwo in meinem Kopf festgesetzt. Das was keine Absicht.

Ihr habt nächstes Jahr 20 jähriges Bestehen. Wird es etwas Besonderes geben?

Wir werden auf jeden Fall ein paar Shows in Deutschland spielen. Das soll etwas Besonderes werden. Wir haben auch schon ein paar Ideen.

Wird es besondere Veröffentlichungen geben?

Wir werden ein Live Album herausbringen.

Das wird ja auch Zeit. Außer der CD, die der ´Scopophobia´ DVD beilag, gab es bisher nichts Derartiges.

Wir haben nach der Tour über Weihnachten etwas frei und werden uns dafür etwas Besonderes überlegen. Wir hätten gern besondere Gäste dabei. Aber Genaues können wir noch nicht sagen.

Wie wäre es mit einem Special Gig in Belfast mit Freunden?

Ja, da wird es sicher einen geben, wir wollen aber auch in Hamburg und Berlin besondere Konzerte spielen.

Auf die zwanzig Jahre könnt ihr auch wirklich stolz sein. Viele der einstigen Weggefährten haben schon (erfolglose) Reunions hinter sich.

Leider lösen sich viele Bands auf, wenn die Plattenverkäufe zurückgehen, einige haben dabei schon die Reunion im Kopf. Einige Leute aus der Musikbranche haben uns damals geraten, uns nach ´Infernal Love´ aufzulösen. Nach 5 Jahren hätten wir dann noch größere Hallen bespielen können.
Das ist doch aber gerade der Unterschied, ob das Musikmachen in einer Band ein Job oder eine Leidenschaft ist.

Ja, genau!
Als letztes muss ich noch was zu eurer Homepage fragen. Da bedauert ihr den Tod von JACKO. War das aufrichtig?

Ja, auf jeden Fall. Meine Frau ist ein großer Fan von ihm. Das mit MICHAEL JACKSON ist eine tragische Geschichte. Es ist immer traurig, wenn jemand so geht, egal ob er ein Star oder Musiker in einer kleinen Punkband ist. Wir werden heute Abend ´Die Laughing´ MICHAEL JACKSON und Robert Enke widmen.

Das finde ich gut, sonst gibt es ja eher Häme. Ich war bei CJ RAMONE und er widmete MICHAEL JACKSON auch einen Song: ´Glad to See You Go´.

(betroffen) Wirklich? Jeder Tod ist tragisch und jeder verdient Respekt.

Respekt verdienen auch die noch höchst vitalen THERAPY?, die an diesem Abend mal wieder nichts anbrennen ließen und das Publikum nach zahlreichen alten und neuen Hits selig nach Hause schickten. See you next year!

 

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Infos

  • Erstellt am

    01. Januar 2010
  • Line Up

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  • Redakteur

    Tobias Trillmich
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