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Inzwischen hat sich das Ragnarök Festival im beschaulichen Oberfranken fest im heidnischen Veranstaltungskalender etabliert und ist regelmäßig für Tausende der Festivalauftakt der Saison. Wie bei jedem Großereignis kann dabei nicht alles glatt gehen, aber dieses Jahr traf es die Veranstalter besonders hart. Mit schlechtem Wetter muss man im April immer rechnen, aber Airlinestreiks und sehr kurzfristige krankheitsbedingte Absagen sind Dinge, die man keinem Festival wünschen kann. Aber der Reihe nach.

Die freitägliche Anfahrt wurde schon durch Starkregen behindert und ließ nichts Gutes für die zeltende Fraktion erahnen. Der übliche, durch gefühlt immerwährende Baustellen noch verstärkte Feierabendverkehr sorgte dann dafür, dass sich die Halle erst im Laufe des Abends richtig füllte.

Wenn die Besucher jedoch einmal da waren, dann trieben die immer wieder aufkommenden Regenschauer sie von den Ständen des Vorplatzes in die Halle. Lediglich beim Handbrot-Stand gab es eigentlich fast immer eine Schlange.

Ein erstes musikalisches Highlight des Tages stellen EIS dar, die eine Jubiläumsshow für ihr vor 10 Jahren noch unter dem Bandnamen GEIST erschienenes Album „Galeere“ feierten, stilecht mit Steuerrad am Mikrofonständer. Nicht nur in musikalischer Sicht eine einmalige Aufführung.

Die angekündigten GOD DETHRONED schaffen es wegen eines Airline-Streiks in Skandinavien genau so wenig rechtzeitig auf die Bühne wie NAGLFAR. Auch SKELETONWITCH sind betroffen, können ihren Auftritt aber immerhin am Samstag nachholen. 

Deswegen stehen um kurz nach Sieben dann AGRYPNIE auf der Bühne, die auch nicht zum ersten Mal das Ragnarök beehren. Auch diesmal sind wieder neue Leute an Bord und wie schon zu erwarten gibt es auch wieder einen Gastauftritt: Frontmann J. J. von HARAKIRI FOR THE SKY darf bei „Die längste Nacht“ seine Stimmbänder malträtieren. Bei „Grenzgänger“ schnallt sich Frontmann Torsten dann selbst die Gitarre um und auch ein neuer Song vom demnächst erscheinenden Album darf auch nicht fehlen.

Auch VARG haben ein spezielles Set vorbereitet und spielen bei ihrem ersten Auftritt 2019 im normalen Set nur Songs ihres ersten Albums „Wolfszeit“, was die Fans der ersten Stunde natürlich erfreut und vor die Bühne zieht. Spätestens bei der aufgrund seiner Konnotation sehr selten gespielten Zugabe „Schildfront“ sind die Anhänger natürlich voll dabei, während nicht wenige den Hype eher stoisch verfolgen.

HARAKIRI FOR THE SKY zeigen dann mit ihrem Post-Black Metal eine ganz andere Seite des musikalischen Spektrums, der nicht weniger mit der vorangegangenen Heldenverehrung zu tun haben könnte. Trotzdem füllen auch die Österreicher die Fläche vor der Bühne, während sie mit Songs wie „Heroin Waltz“ und „The Graves We Dug“ ihren Weltschmerz herausbrüllen.

Alte Bekannte sind dann BORKNAGAR, die jedoch sowohl einen neuen Gitarristen als auch einen neuen Drummer im Gepäck haben. Dass beide genug Zeit hatten sich einzulernen, merkt man am tighten Spiel der Rhythmusfraktion. Auch Neu (und Alt)-Sänger ICS Vortex ist schon ein alter Hase im Showgeschäft, hatte er doch schon mal das Mikrofon bei den Norwegern in der Hand. So singt er auch die neuen Songs wie den Titeltrack des letzten Albums „Winter Thrice“ als letzten Song als wäre er nie fort gewesen.

Wegen der zuvor erwähnten Ausfälle dürfen die Dark-Metaller CARACH ANGREN den Abend dann vorzeitig beenden. Dazu haben Sie ordentlich aufgefahren neben ordentlich Blitz und Nebel kommen Hebebühnen für Sänger und Gitarristen zum Einsatz. Trotzdem will der Funke nicht so recht überspringen und ein Großteil des Publikums, von ein paar Unentwegten direkt vor der Bühne abgesehen, schaut sich das Konzert eher interessiert als enthusiastisch an.

Während sich die Halle - von der Security mit Nachdruck unterstrichen – schnell leert, geht auf dem Campground die Party weiter, bis entweder die Alkoholvorräte zur Neige gehen oder die Müdigkeit gewinnt.

Früh morgens wird man am Samstag von pittoresken Klängen aus eindeutig übersteuerten Boxen-Anlagen aus dem Zelt getrieben. Die kurzen Regenpausen werden zum Frühstücken oder zur Körperpflege genutzt. Vor der Halle kann man sich schon die Simulation eines Wikinger-Überfalls zu Gemüte führen, während der erste Met aus dem stilechten Trinkhorn schon wieder schmeckt.

Musikalisch beginnt der Tag mit einer weiteren Hiobsbotschaft: Auch XIV DARK CENTURIES müssen ihren Auftritt absagen. Dieses Mal ist jedoch keine Fluggesellschaft schuld, sondern die Gesundheit des Frontmannes. Doch die Veranstalter lassen nichts unversucht und schaffen es tatsächlich, mit GERNOTSHAGEN sehr kurzfristig für Ersatz zu sorgen. So gibt es doch einige verwirrte Gesichter, als statt Orchester und Streichern auf einmal thüringische Wikinger auf der Bühne stehen und „Weltenbrand“ darbieten.

MINAS MORGUL waren nach 2007 schon einmal für das Ragnarök-Festival angekündigt, heute stehen sie dann tatsächlich auf der Bühne und geben einen ihrer raren Live-Auftritte. Und wer mit recht einseitigem deutschem Pagan-Metal etwas anfangen kann, befindet sich davor und feiert auch den neuen Song „Niedergang“ ab.

MORS PRINCIPIUM EST geben sich da um einiges abwechslungsreicher und die Finnen zeigen, wie frisch melodischer Death Metal klingen kann. Bei der Setlist konzentriert sich das Quartett vor allem auf das letzte sehr gute Album „Embers of a dying World“ und mit „Masquerade“ schaffen sie es, eine amtliche Moshpit vor der Bühne zu erzeugen.

Danach wird es wehmütig, denn EIS legen mit ihrem zweiten (und allerletzten) Festivalauftritt die Band auf selbiges. Neben einer emotionalen kurzen Ansprache werden noch einmal Lieder aus der gesamten Schaffensperiode in der knappen Stunde zelebriert, bevor der letzte Vorhang fällt. Mit dabei als Gast ist Ex-Sänger Kainsmal, der es sich nicht nehmen lässt, persönlich Abschied zu nehmen.

HEIDEVOLK lockern dann mit ihren eingängigen tanzbaren Melodien die Stimmung wieder auf, während ARKONA ihre Musik (und Outfits) direkt aus dem russischen Winter mitgebracht zu haben scheinen.

Vom anderen Ende Europas, den Färöern, geben sich dann TYR die Ehre, die hier auch auftreten dürfen, nachdem einige ihrer Konzerte wegen ihren kontroversen Ansichten zum heimatlichen Walfang abgesagt wurden.

Mit tanzbarer Musik geht es bei ENSIFERUM weiter als inoffiziellem Headliner des zweiten Tages. Zur guten Stimmung trägt dabei bei, dass die Finnen „Lai Lai Hei“ schon als vierten Song spielen und dann bis zum Rausschmeißer „Iron“ die Qualität wie erwartet hoch halten.

Im Anschluss dürfen dann SKELETONWITCH ihren ausgefallenen Auftritt von gestern nachholen und zu später Stunde noch einmal die Bühne rocken. Mit ihrem lupenreinen Thrashmetal fallen sie etwas aus dem üblichen Ragnarök-Lineup und auch die Tastache, dass einige Fans wohl nur den Freitag eingeplant hatten, sowie die späte Stunde sorgen dafür, dass es vor der Bühne merklich leerer ist als noch bei den Acts zuvor.

Wer bis zum Ende ausgeharrt hat, wir mit einem emotionalen Auftritt von DORNENREICH belohnt. Neu-Bassist Dave ist eine echte Bereicherung, da er auch einen Teil der Gesangsparts übernimmt und somit den Gegenpunkt zu Hauptsänger Eviga übernimmt. Ein würdiger Abschluss für ein sehr gelungenes Festival, das aus seinen dieses Jahr doch sehr zahlreichen Rückschlägen das Beste gemacht hat und so alle zufrieden voller Vorfreude auf das nächste Jahr zurück lässt.

Kategorie

Headliner

Ensiferum, Borknagar, Carach Angren, Minas Morgul, Dornenreich, Skeletonwitch, Varg

Besucher

5.000

Ort

Lichtenfels, Deutschland

Line Up

Agrypnie, Atlas Pain, Borknagar, Carach Angren, Dornenreich, Eis, Ensiferum, Firtan, Harakiri from the Sky, Midvinterblot, Minar Morgul, Mors Principium Est, Nothgard, Skeletonwitch
Redakteure