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  • Beach Bitch Rock 2023- Bericht

    | Sven Niemeyer | Beach Bitch Rock

Einmal im Jahr verwandelt sich das kleine, beschauliche 300-Seelen- Dorf Wispenstein mit seinem namensgebenden idyllischen Bachlauf, der Wispe, in eine große Partyzone. Das All Inklusive- Festival ging dieses Jahr in die neunte Runde und hat sich seit der ersten Auflage 2012 enorm entwickelt. Das Publikum ist mit 1000 Besuchern über die Zeit ein wenig gewachsen. Dass es deswegen entspannter beim Ticketkauf zugeht, weil mehr Karten verfügbar sind,  kann man aber nicht behaupten. Bereits im Juni war das Festival ausverkauft. 2017 kam eine zweite, kleine Bühne direkt am Bach dazu. Und während im ersten Jahr die Bühne von einem Mann, bzw der One Man Blues Band, bespielt wurde, hat auch die kleine Bühne jetzt ein richtiges Lineup. 
Und so kamen dieses Jahr zehn, zum Teil taufrische, Bands zusammen, um das Publikum zu freien Essen und Getränken, zu träumen und zu verweilen, zum Nachdenken und Zuhören, aber vor allem zum Tanzen und Mitsingen zu animieren.


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

Den Anfang machen die Lokalmatadoren von KelleRaumMusik, die sich erst im letzten Jahr in  dieser Form gefunden haben. Die als Duo gestartete Formation wurde an diesem Nachmittag von der Violinisten Maike verstärkt, die der entspannten, tiefsinnigen Akustikmusik ein ganz besonderes Flair gibt. Das Trio hat es auch sehr gut geschafft, die Stimmung der noch jungen Veranstaltung gut einzufangen. Viele der bereits Anwesenden saßen in Strandstühlen am “Strand” und genossen die entspannte Atmosphäre, die durch KelleRaumMusik gekonnt in Szene gesetzt wurde.


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

Das Schöne an dieser kleinen Veranstaltung ist, dass es musikalisch Hand in Hand geht. Während auf der kleinen Strandbühne noch die letzten Takte verklingen, geht es auf der Hauptbühne fast nahtlos mit Blum weiter. Blum ist die Band des gleichnamigen Saarländers Sebastian Blum, der sich fünf Jahre nach seinem letzten Output 2022 mit seinem Debütalbum “Gold” zurückgemeldet hat. Blum spielen Indiepop mit Tiefgang und laden ihr Publikum zum zuhören und mitdenken ein. “Gold” und “Unter meiner Haut” bieten genügend Interpretationsspielraum, mit “Zurück ans Meer” bedienen sie unsere Sehnsucht an die Ferne. “Du bist schön” ist schließlich ein Stück, das uns mit seiner positiven Message in eine dicke Decke hüllt und wohlfühlen lässt.


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

Mit FRAUPAUL wurde es an diesem Nachmittag jetzt ein wenig lauter. Das Frauentrio aus Hamburg macht seit 2021 Jahren Musik, und das selbstbewusst und provokant. Musikalisch und inhaltlich gab es ordentlich auf die Ohren. Im Gepäck hatten sie ihre EP “Gut genug”, die sie im letzten Jahr veröffentlicht haben. Dass sie an diesem Nachmittag ein anstrengendes Programm vor sich hatten, da sie noch zu einem weiteren Auftritt mussten, hat ihrem Auftritt nicht geschadet. Energisch animierte das Trio um Frontfrau Lisa das Publikum zu intensiver Bewegung. 


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

Ebenfalls aus Hamburg und mit Wucht kommt die Band Stielow. Im Vorfeld schon einmal zu schauen, was einen so erwartet, ist gar nicht so einfach. Spotify und Youtube geben kaum etwas her, und so mussten wir völlig unvoreingenommen darauf warten, was passiert. Dass der fröhlich- bunte Girlie- Look von Sängerin Julia Stielow nur Fassade ist, die Erkenntnis trifft einen relativ schnell. Stielow spielt sehr selbstsicheren, rotzigen und pointierten Pop- Punk. Musikalisch versiert, ehrlich, direkt und sympathisch wusste die Band mit ihrem Set zu überzeugen. An dieser Stelle muss ich, wie im letzten Jahr, mal wieder die Personen hinter dem Festival loben, die es immer wieder schaffen, Perlen wie Stielow, aber natürlich auch alle anderen Musiker,die hier aufgetreten sind, zu finden.
Das war eine ganz starke Performance und ich hoffe, noch viel von dieser jungen, frischen Formation zu hören.


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Auf der Beachbühne ging es derweil wieder etwas gefühlvoller zu. Martin Spieß, Schriftsteller, Comedian und Teil des Duos “Das Niveau” spielt mit seinem Soloprojekt Vorband Songs von seinem letzten Album “Manchmal verspeist du den Bären, manchmal verspeist dich der Bär”. Der Singer-Songwriter verarbeitet darauf die Themen, die uns, aber gerade ihn persönlich die letzten Jahre beschäftigt haben. Rassismus, Wut, aber auch seine Erfahrungen mit seiner eigenen psychischen Erkrankung. Deswegen gerät sein Auftritt allerdings nicht schwermütig. Offen, ehrlich und mit einem Schuss Humor bringt er uns seine Gefühle rüber.


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Lonely Spring haben sich in diesem Jahr für den Vorentscheid des Eurovision Song Contest qualifiziert, deswegen durfte ihr Song “Misfit”, mit dem sie sich beworben haben, auch nicht fehlen. Leider musste man sich am Ende den Lord of the Lost geschlagen geben, die dann einen fulminanten letzten Platz holten. Lonely Spring spielen Emo- Rock, der an frühe Zeiten des Genres erinnert, an Bands wie My Chemical Romance oder Panic! at the Disco. Mitunter drängt sich sogar auf, das man die Emo- Backstreet Boys hört (ihre Worte, nicht meine), allerdings liegen sie aufgrund des hohen, zweistimmigen Gesangs damit gar nicht so falsch. Mittlerweile war der Platz vor der Bühne komplett voll und die Menge in Partystimmung.


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“Shake Baby Shake” war die Aufforderung von Boney & the Shakers. Mit Standup- Drums, Kontrabass und Gitarre spielte das Trio, das früher unter dem Namen The Boneshakers spielte. Rockabilly vom Feinsten.  Besonders beeindruckte dabei die kraftvolle Stimme von Sängerin Boney Shaker, mit der sie unter anderem Hits wie “These boots are made for walking” sang. Hier passte einfach alles perfekt zusammen, die Outfits, die Musik, das Ambiente durch die langsam eintretende Dämmerung, das alles machte diesen Auftritt zu einem saucoolem Erlebnis.


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Die nächste Band, die Wisecräcker, sind auf dem Beach Bitch Rock keine Unbekannten, traten sie doch in der Vergangenheit hier schon auf. Und sie sind immer wieder gern gesehen. Die Ska- Punk- Band aus Hannover tritt mit fettem Gebläse, stabiler politischer Attitüde und coolen Hooks an, um die Menge endgültig zum Kochen zu bringen. Das hat an diesem Abend auch wieder wunderbar funktioniert. Das man dabei auch ernste Themen durchaus schwungvoll präsentieren kann, beweisen sie mit Stücken aus ihrem in diesem Jahr erschienenen Album “Vida en Color”. “Ska- DHS” feiert das Ende der Pandemie, “No wall to high” befasst sich eindrucksvoll mit der Flüchtlingsthematik und sollte sich an alle richten, die Europa in eine "Festung" verwandeln wollen. Mit “Aluminiumallergie” schließlich behandelt man auf ironische Weise die verwirrten Verschwörungsideologen und Wutbürger der letzten Jahre. “3, 4, 5, 6 Bierchen” durfte auch nicht fehlen und passte auch super in die mittlerweile doch herrschende bierselige Feierstimmung. Wisecräcker sind einfach bei jedem Live Auftritt eine Macht.


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

SOKO LiNX war der Main Act auf der kleinen Bühne und bildete hier den Abschluss. SOKO LiNX sind laut ihrem Instagramprofil das erste “linksextremistische Netzwerk der sächsischen Polizei” und spielen “Ermittlerpunk aus Leipzig”. Stilecht mit Skimasken bekleidet und Bautzner Senf- Trinkflaschen spielte das Trio höchst abwechslungsreichen und unterhaltsamen Punkrock. Dabei wurde bei manchen Tracks komplett auf Saiteninstrumente verzichtet und stattdessen auf Electronic gesetzt. Die Texte sind dabei weniger politisch, als man meinen möchte, trotzdem zeigen sie immer wieder Haltung, vor allem bei Songs wie “muszichnich”, “Demokratienpilzkultur” oder “Ihr habt hier nichts zu suchen”


Copyright by Twilight (Sven Niemeyer)

Der Headliner in diesem Jahr waren die Irish Folker Mr. Irish Bastard aus Münster. Seit 2006 spielt die Band um den namensgebenden Sänger Mr. Irish Bastard Konzerte auf der ganzen Welt, unter anderem in China und Japan. Dabei hat man sich die Bühne mit namhaften Vertretern wie den Pogues geteilt. Mit ihrem letzten Album trat man dann auch in Wacken und beim Rockharz auf.
Fine Irish Drinking Music hatte man sich auf die Fahne geschrieben, was zu diesem Zeitpunkt, bezogen aufs Publikum, mehr Feststellung denn Einladung war, das eine oder andere Bier war zu diesem Zeitpunkt schon geflossen. Mit ihrem stimmungsvollen Folk bildete die Band einen perfekten Abschluss eines schönen Spätsommertages. “We are the Drunks”.

Das Beach Bitch Rock ist wie jedes Jahr ein kleiner musikalischer Kurzurlaub. Die Organistation, die Musikauswahl, die Stimmung und Atmosphäre macht die Veranstaltung auch in diesem Jahr wieder zu einer perfekten, kleinen Auszeit. Wie immer gilt besonderer Dank und Lob wieder den vielen ehrenamtlichen Helfern, die mit ihrer Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit wieder dafür gesorgt haben, das jeder Gast sich auf dem Festival wohlfühlt. 
Wer noch nie auf einem Beach Bitch Rock Festival war, sollte sich den Termin für nächstes Jahr dick im Kalender vermerken. Schnell sein lohnt sich, erfahrungsgemäß sind die Karten auch fürs nächste Jahr wieder schnell vergriffen.  

Kategorie

Headliner

Mr. Irish Bastard

Besucher

1000

Ort

Wispenstein

Line Up

KelleRaumMusik
Blum
FRAUPAUL
Stielow
Vorband
Lonely Spring
Boney & the Shakers
Wisecräcker
SOKO LiNX
Mr. Irish Bastard
Redakteure
Sven Niemeyer