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PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2023 - Bericht
| Jens Dunemann | Party.San Open Air
Prelude – Ein Abschied, eine Bringschuld und ein Stempel:
Das PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2023 ist in diesem Jahr eine Zäsur!
Seit 1999 waren wir regelmäßig, Jahr für Jahr in unserem Festival-Wohnzimmer. Die Premiere in Tiefengruben, danach in good ol´ Bad Berka, 2008 feierten wir dort unser zehnjähriges Jubileum. Irgendwann wurden die Schlammschlachten immer "flüssiger", wir zogen mit um nach Schlotheim und weiter ging´s. Das PARTY.SAN war immer ein Fixpunkt, Mucke, Emotionen, eine legendäre Nachtfahrt, bei der uns die Rennleitung mitten in der Nacht und mutterseelenallein in der City von Sondershausen verdachtsunabhängig in SEK-Stärke vorrübergehend stoppte. Deine fiese Schulterprellung beim Tanz mit The Haunted und immer wieder Deine Geburtstage, die wir auf dem PARTY.SAN feiern durften.
In diesem Jahr liegen Wochen des Leidens hinter uns allen. Wir sind einen harten, intensiven letzten Weg gemeinsam gegangen. Zweieinhalb Wochen vor Deinem, vor unserem PARTY.SAN hast Du uns, hast Du mich in eine ungewisse Zukunft geschickt... Deine Urne haben nicht einmal eine Woche vor Deinem Geburtstag, unserem Anreise-Mittwoch versenkt, haben sie mit Bier übergossen und auf Dich ein rauschendes Fest gefeiert.
Lieber Pfanne, auch wenn unsere gemeinsamen PARTY.SAN-Tage für immer vorbei sind, irgendwie und irgendwo wirst Du immer dabei und ein Teil dieses Festivals sein! Du fehlst und Du wirst noch mehr fehlen! Dieser Bericht ist für Dich, Pfanne! Ruhe in Frieden, Hoschi!!!
Das Leben schreibt nicht nur durch den Tod immer wieder ziemlich bittere Geschichten. Und gerade deswegen war es mir ein inniges Bedürfnis, in diesem Jahr endlich eine Bringschuld an mich selbst einzulösen, die seit dem PARTY.SAN 2019 offen war. Seinerzeit beschloss ich, mich mit dem Fahrrad zu meinem Lieblingsfestival aufzumachen. Eine ganz famose Idee, erfolgreich bis mir ca. 20-30 Kilometer vor dem Ziel der Reifen samt Decke platzte. Es war desaströs damals, die Lorbeeren der Strampelei nicht einfahren zu können. Es folgten zwei Jahre Pandemie, während mich im vergangenen Jahr die Nachwirkungen einer Covid-Infektion und eine Depression den Antrieb und die Fähigkeit zu sportlichen Höllenfahrt zum Festival-Auftakt kosteten.
Doch das Leben ist zu kurz, um zu zaudern und so machte ich mich einmal mehr am Dienstag auf den Weg nach Schlotheim.
Mit dem Fahrrad, das nötigste Gepäck, zwei Tage über Harz und Hainleite von Goslar nach Schlotheim, von Niedersachsen nach Thüringen. 122 Kilometer, 1500 Höhenmeter, Regen, Sturm und eisiger Wind. Familiäre Unterkunft inkl. kulinarischer Umsorgung im Jägerhof zu Woffleben inklusive. Als ich am Mittwoch früh nach einem wahrhaft fürstlichen wie reichhaltigem Frühstück Meter um Meter auf Schlotheim zuradele wird der Himmel zunehmend blauer, die Sonne ist zunehmend präsenter und es wird mir nicht nur innerlich ganz warm ums Herz. Der Boden ist zwar mitunter schwer vom ergiebigen Regen der vorangegangenen Nacht aber das Material hält und obwohl ich meinen Blick auf der Zielgeraden eine Weile nicht vom Panzerfriedhof und Rockensußra lassen kann, treffe ich noch vor meinem Versorgungsfahrzeug und Rückfahrtaxi am Akkreditierungscontainer und an der festlich beflaggten Festival-Schleuse ein: Mission complete!!! Genugtuung pur! Prost!!!
Das Wochenende kann also starten:
Der Aufbau des mobilen "Hotel 666"-Camps beinhaltet in diesem Jahr jedoch eine weitere Besonderheit. Die Bierlaune eines metallisch sozialisierten Wandervögel-Trios gebar im vergangenen Jahr die Idee eines eigenen, hochexklusiven Stempels der Harzer Wandernadel für den Campground auf dem PARTY.SAN. Für alle, die mit dem nördlichsten deutschen Mittelgebirge und dem Wanderpass nichts anfangen können: Harzer Wandernadel gleich ein wanderbares Mittelgebirge, 222 Stempel und eine Vielzahl von anlass- und themenbezogenen Sonderstempeln verteilt über drei Bundesländer mit dem Ziel, Abzeichen, Auszeichnungen und Titel zu sammeln.
Soweit, so gut, als der Stempel selbst im Frühjahr endlich da war, blieb er nicht lange geheim, er weckte zunächst im Hotel 666 "Begehrlichkeiten", ein Stempelkasten wurde gebaut, die Nachfrage schlug immer höhere und weitere Wellen der Begeisterung von Heavy Metal – Wandervögeln. Und mit einem mal war der Stempel dann offiziell vom Team der Harzer Wandernadel abgesegnet und von den PARTY.SAN-Machern.
Und so erfreute sich unser Wanderstempel in und über das Camp des Hotel 666 hinaus am gesamten Wochenende erstaunlich großer Beliebtheit. Nun, der muss wohl nächstes Jahr wieder mit. Aber nein, ich werde im kommenden Jahr nicht zu meinem Lieblingsfestival wandern.
Der Rest des Mittwochs ist so sehr Business as usual wie es immer wieder ganz besonders ist: Das volle Brett Metal-Klassiker vom Hellborn-Metalradio, das erste Köstritzer, blond oder schwarz, der erste Cuba Libre, die erste Thüringer Rostbratwurst – die Spiele beginnen wie immer in einer wohlig-warmen überbordenden emotionalen Atmosphäre. Das PARTY.SAN METAL OPEN AIR ist alles andere als klein, und doch kennt jeder hier irgendwie jeden und jede. Auch wenn ich mich wiederhole, das PARTY.SAN ist wie eine große Familienfete ohne die nervigen Onkels und Tanten oder aber wie ein Dorffest, das eskaliert, nur halt ohne die lästigen Deppen.
Ich selbst versuche mich in den letzten Jahren am ersten Abend nicht zu sehr gehen zu lassen und mich gepflegt zurück zu halten, so auch in diesem Jahr. Hochzufrieden und zweifelsohne auch ein wenig geplättet von meiner geglückten, zweitägigen Anreise auf dem Tretesel und einem ausgelassenen Nachmittag, verkrieche ich mich zeitig ins Zelt. Doch so wohltuend diese Strategie für den Körper auch ist. Als wirklich nachhaltig hat sie sich für mich in all den Jahren nicht herausgestellt. Denn was einem vielen am Mittwoch-Abend im Party-Zelt im Schwall überbordender Emotionen durch die Kehle rinnt rächt sich mitunter am Donnerstag-Morgen doppelt, womit jedoch auch in der Regel die körperlichen Grenzen gleich zu Beginn des Wochenendes einmal "ausgepegelt" sind. Und es soll Leute geben, die wachen am Donnerstag fit und unverbraucht aus und stellen dann unter dem Einfluss von Live-Musik, Volkmars Pub und den Giftmischern von Brutz & Brakel fest, dass die körperlichen Grenzen nun leider unter Realbedingungen ausgependelt werden müssen. Aber dazu später mehr...
Donnerstag, 10.08.2023:
In einer fast idyllisch anmutenden morgendlichen Ruhe werde ich von den Tropfen eines leichten und doch ergiebigen Sommerregens, welche auf unserem Zelt niedergehen, geweckt. Doch es sollen, abgesehen von ein paar Angsttropfen am Samstag, die letzten bleiben. Auf die Tropfen folgt die Sonne und mit ihr kommt die Hitze. Ein perfekter Tag, um das PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2023 so richtig zu starten.
Nach dem üblichen Vorgeplänkel ertönt gegen Mittag, der obligatorische Salutschuss, welcher die Party.Sanen auf´s Infield ruft. Und sie lassen sich nicht lange bitten. Denn bei dem Andrang, der insbesondere am offiziellen Festival-Merchstand herrscht, könnte man meinen, die Pandemie sei erst in diesem Jahr ausgelaufen und 2022 habe es nie gegeben. Trotz ausgewählter Nachlieferungen dürften an den beiden Folgetagen weitestgehend nur noch Restbestände sowie das Bandmerch über den Tresen gegangen sein.
Auf der Hauptbühne starten MENTOR aus Polen die Feier. Dabei sind sie so sympathisch wie unspektakulär. Der vergleichsweise moderne hardcore- und punklastige Thrash Metal wird allerdings wohlwollend angenommen, schließlich sind alle froh, dass es endlich losgeht. Mentor machen ihre Sache dabei mehr als ordentlich und eigentlich bin ich auch ganz froh, dass es in diesem Jahr mal keinen Opener mit dem Standard-Klobürsten-Grindcore-Ringelpietz gibt. (JD)
mentor
ORBIT CULTURE mögen es dann im Anschluss etwas melodischer und lassen die ein oder andere Metalcore-Anleihe in ihre Songs mit einfließen, die vor allem vom starken 2020er Album “Nija” stammen. Doch auch zwei Lieder vom fünf Tage später erscheinenden Nachfolger “Descent” schafften es auf die Setlist und machten Lust auf das neue Album. (MS) Bei Orbit Culture gab´s die erste Wurst des Tages und ´ne Platzrunde bei kaltem, stakkato- und rifflastigem, Schweden-Melodic-Death bevor es dann mit JADE im Zelt so richtig losgeht. Auf die multinationale Truppe, die die erste von drei Label-Nächten im Zelt eröffnet, bin ich besonders gespannt. Eine Zufallsentdeckung Anfang des Jahres brachte mich auf das aktuelle Debut "The Pacification Of Death". Und das Quartett liefert live ab, was es mit der Scheibe versprochen hat. Dichter, intensiver atmosphärischer, im Doom Metal verwurzelter Death. Manchmal erinnert die Ausrichtung ein wenig an Bölzer aber die Jungs aus Spanien und Deutschland gehen wesentlich abwechslungs-, facettenreicher und ohne die Black Metal – Anteile der Eidgenossen zu Werke. Sänger/Basser J nimmt das Publikum mit in die Abgründe zwischen tiefen, kraftvollen Growls und anklagenden Rufen. Trotz des nachmittäglichen Streulichts kommt die Lightshow ganz gut zur Geltung und macht den Auftritt von Jade zu einem meiner ersten Highlights. Da scheint jedenfalls noch sehr viel Raum für Entwicklung, sowohl auf Platte, als auch live. Ich bin gespannt.
jade
Danach läuft die War Anthem Label-Night irgendwie an mir vorbei, nachdem SUBORBITAL und HELSLAVE mich trotz Empfehlungen irgendwie nicht packen können. Da sind ANGELUS APATRIDA schon mehr meine Kragenweite. Klassischer Thrash Metal, nicht mehr und nicht weniger, wenn auch alles andere als originell aber immerhin geht das besser in Bauch und Nacken als ARCHSPIRE die sich anschicken meine Synapsen zu überlasten. Das Brachialgewitter mag für Musiktheoretiker mit Hang zur Mathematik ein Hochgenuss sein, rein künstlerisch und emotional lässt mich das ziemlich kalt, auch wenn ich die spielerische Leistung der Kanadien neidlos anerkennen kann. Cryptopsy lassen grüßen. Da stoße ich mich doch eher an DESTROYER 666. Die Band war schon diverse Male Gast auf dem PARTY.SAN METAL OPEN AIR. Aber erst für diese Ausgabe hat die "Nominierung" erstmals für Diskussionsstoff im Publikum gesorgt, und das wahrlich nicht zu Unrecht. "Cold Steel... For An Iron Age" ist das einzige und bisher letzte Album aus der Diskografie der Band, welches es in meine Sammlung geschafft hat. Danach habe ich sie musikalisch nicht mehr wirklich verfolgt. Ein Makel ist das nicht wirklich. Denn der ruppigen Mischung einer im Black Metal verwurzelten, gealterten Proleten-Combo, die auf Motörhead macht, fehlt es ingesamt an musikalische Relevanz, als dass es sich lohnen würde, sich an ihr abzuarbeiten. (JD) - Kurz darauf muss man sich vor der Hauptbühne wirklich konzentrieren, um all das mitzubekommen, was ARCHSPIRE da so veranstalten. Die Kanadier in bunten Bermudashorts spielen so extrem schnell und verfrickelt, dass vielen Anwesenden nur die Flucht nach vorne bleibt: Eine Circle-Pit nach dem nächsten wird ausgerufen und als Sänger Oliver Rae Aleron ein Twister-Spiel in die Menge wirft, gibt es kein Halten mehr. Dass er mit seinem Sprechgesang gleichzeitig auch der schnellste weiße Rapper jenseits von Detroit ist, untermauert den Anspruch, die “fastest band in the world” zu sein. Kaum bleibt Zeit zum Durchatmen, denn nun folgen Destroyer 666 und nutzen zum ersten Mal die vor Ort vorhandenen pyrotechnischen Einrichtungen. Und welcher Song eignet sich besser für Feuerfontänen als “Wildfire”? Der Klassiker “Trial by Fire” natürlich. Bei eine “Pitch Black Night” wäre der Auftritt natürlich noch besser gekommen, aber auch so macht der punkige Black Metal ordentlich Laune. - (MS)
Aber immerhin kann ich nicht verhehlen, dass der Abend langsam Fahrt aufnimmt. Zumindest in getränketechnischer Hinsicht. Die Askese vom Vorabend ist immerhin mittlerweile passé. Es gilt das Motto: Grenzen, Menschen, Abenteuer oder wenn man im Kreise von Freunden und Familie im Ozean der Emotionen schwelgt. Das verhindert oder trägt vermutlich gerade deswegen dazu bei, dass ich TRIBULATION und den Hype um diese (Death) Metal – Band mit Goth-Attitüde in diesem Leben nicht mehr verstehen werde... Pfanne, wenn Du mich hörst, erklär´s mir, ich bin raus, aber wenigstens habe ich es versucht. Mit POSTMORTEM hätte ich eigentlich gerne nach Jade die Klammer auf der Zeltbühne geschlossen. Gern´ hätte ich die Totmacher aus Berlin mal wieder gesehen. Aber der schlechte Einfluss im Dunstkreis des Brutz & Brakel - Standes soll dazu führen, dass ich mich komplett dem nordamerikanischen Finale des Donnerstag-Abends hingeben werde: NILE, DEICIDE und OBITUARY. (JD) Dunkel wird es bei NILE, und dass nicht nur, weil sich der Start wegen technischen Problemen um einige Zeit verzögert, was dann leider von der Gesamtspielzeit abeht. Aber die Amis sind eben Perfektionisten, und so muss alles stimmen, bevor George Kollias, das Ausnahmetalent am Schlagzeug und seine Kollegen loslegen. Das Tier hinter den Drums zieht sein Set scheinbar völlig entspannt durch, während seine Gliedmaßen die Doublebass-Rhythmen mit andauernden Tempo- und Taktwechseln produzieren, die jedem anderen wohl alles verknotet hätten. Leider bleibt es dann bei nur sieben Songs, als der Auftritt mit “In the Name of Amun” und “Black Seeds of Vengeance” beendet wird. (MS)
nile
deicide
Für mich liefern alle drei Ami-Bands auf ihre spezielle Art und Weise. Die Erinnerungen verschwimmen. Auf die kanadischen Agyptologen war ich gespannt, die Erwartungen an Obi machte ich von der Tagesform abhängig, bei Glen Benton & Co. beschränkte sich die Erwartung auf die bloße Anwesenheit. Alles weitere: Bonus. Und wenn mich meine Erinnerungen nicht komplett betrügen, dann hätten Nile mit Karl Sanders keine bessere Ouvertüre mit ihrem atmosphärisch dichten und technisch anspruchsvollen Todesmetall liefern können. DEICIDE liefern unverhofft und in beeindruckender Weise nicht nur ihren Jubileumsklassiker "Legion"; sondern auch Standards wie "One Upon The Cross" oder "Scars On The Crucifix". Das ist fett und mächtig. Gleichwohl schaffen es die alten Weggefährten aus Florida in beeindruckender Weise noch einen drauf zu setzen und den Sack zuzumachen. Obi haben mich in der Vergangenheit nicht nur auf dem PARTY.SAN einige Male schwer enttäuscht aber seit dem selbstbetitelten Album aus dem Jahr 2017 zeigt die Kurve nicht nur im Studio steil nach oben. Fette Gitarrenwände, die groovende Urgewallt von Basser Terry und Drummer Donald, dazu die unverkennbar abartigen Vokills von John Tardy und Songmaterial, das seinesgleichen sucht... "Dying Of Everything", so lautet das Motto für den heutigen Abend. Prost und gute Nacht! (JD)
obituary
Freitag, 11.08.2023:
Der veritable Hangover vom Vorabend entfaltet bei mir erst nach dem Frühstück seine volle Wirkung über Magen, Kopf und schließlich Körper und Kreislauf. Normalerweise wäre dies der Zeitpunkt, sich noch einmal gepflegt für ein bis zwei Stunden ins Zelt zu packen aber die Sonne brennt schon früh erbarmungslos und hat selbiges in ein Gewächshaus verwandelt.
Und so ende ich für eine Weile als Jubilar bzw. "Patient Nummer 100" im Sani-Zelt auf der Beobachtungspritsche. An dieser Stelle auch noch einmal ein herzliches Dankeschön an dieses engagierte Team im Hintergrund des Festivals. Nach begleiteter Akklimatisierung und einer Phase der Rekonvaleszenz kann ich meinen Elektrolythaushalt unter dem heimischen Pavillion wieder ins Gleichgewicht bringen, um zu ENDSEEKER wieder fit zu sein. Die Hamburger sind am frühen Nachmittag das erste Schwergewicht auf der Hauptbühne. Mit "Flesh Hammer Prophecy", "The Harvest" und "Mount Carcass" haben sie einen eigenen Weg und Stil, der seine Wurzeln zwar hörbar bei Dismember, Entombed und Bolt Thrower hat, der aber inzwischen sehr weit weg von purem Whorshipping ist. Gut gelaunt und spielfreudig sägen die HM2-Gitarren, während die Rythmusfraktion grooved und ballert, dass es gleichsam unbarmherzig ins Gebein und ins Genick geht. Dirigiert wird das behände Orchester vom sympathischen Frontpsychopathen Lenny, der sich nicht nur die Seele aus dem Hals brüllt und schreit, sondern sich auch einmal mehr für den Sonderpreis für die bizarrsten Gesichtsausdrücke bewirbt. Endseeker sind definitiv richtig fett! (JD)
endseeker
Nachdem Endseeker das Publikume im Stile von “Macht Dinge mit eurem Körper!” gefügig machten und man dabei fro sein konnte, dass man da nicht in einer Wackener Schlammkuhle stand, sondern auf einem schön asphaltierten Flugfeld, geben sie den Staffelstab dann nach Griechenland weiter. YOTH IRIA nehmen ihn gerne auf. Nicht nur einmal ist die Band mit ihren Landsmännern Rotting Christ verglichen worden und eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht nur durch gemeinsames Personal, sondern auch durch den Midtempo-Blackmetal gegeben, der auf dem Debütalbum “As the Flame Withers” dargeboten wird. Black Metal der anderen Art zelebrieren HORNS OF DESOLATION im Zelt. Viele Blastbeat-Passagen wechseln sich mit langsamen, doomigen Abschnitten ab, die auf der Zeltbühne sehr gut zur Geltung kommen. Dann spielt mit KANONENFIEBER auf der großen Bühne. Eine Band, die sicherlich viele auf ihrem Zettel stehen haben. Die Franken haben es sich auf die Fahnen geschrieben, den Ersten Weltkrieg mit all seinen Grausamkeiten wieder auferstehen zu lassen. Letzte Woche mussten sie ihren Auftritt auf dem Zappenduster Open Air noch absagen, weil sich der Drummer den Zeh gebrochen hatte, doch für das PARTY.SAN ließ er sich wieder fit spritzen. Oder war es etwa doch die Panzerschokolade? So macht es sich der Fünfer rund um Mastermind Noise; maskiert und mit Pickelhauben ausstaffiert; im Schützengraben zwischen Sandsäcken und Stacheldraht bequem und bekämpft den imaginären Feind mit Flammenwerfer und Death Metal, der mit Original-Audioaufnahmen von Kaiser und Vaterland untermalt wird. Dabei zeigt sich das Publikum nicht nur bei “Der Füsilier” als erstaunlich textsicher, sondern feiert die junge Band auch nach Ende des Auftritts weiter ab. Mindestens eine Generation älter sind dann die Black Metal-Veteranen von URGEHAL, die die erste Welle des Norwegian Black Metal höchstselbst miterlebt und mitdefiniert haben. Nach einer sechsjährigen Pause absolviert die Band den Auftritt, den sie ihrem 2012 verstorbenen Sänger Trondr Nefas widmen, gleich mit zwei neuen Frontmännern auf der Bühne. Den Anfang macht Morten Shax, der sich auf "Goatcraft Torment"-Material konzentriert. Zur zweiten Hälfte, die "Ikonoklast" im Fokus hat, teilt er sich das Mikro mit Sorath Northgrove, der mit seinem imposanten Nagelarmband ordentlich Platz auf der Bühne einfordert. Leider findet der Auftritt am hellichten Tag statt, was der Stimmung vor der Bühne doch etwas abträglich ist. Die war beim letzten Auftritt 2011 doch intensiver. (MS) Ich hatte mir zwischenzeitlich bei Yoth Iria und Kanonenfieber eine Pause verordnet, bei Kanonenfieber in erster Linie, um einen Aufsatz zum Thema zu vermeiden, "Wie man eine Band groß machen kann, in dem man mehr Wert auf das inszenierende Bohei drumherum, als auf die Musik legt". URGEHAL bieten danach deutlich mehr Puristik, Underground – Black Metal in Reinkultur. So richtig packen kann mich diese Band aus der zweiten und dritten Reihe der norwegischen Schwarzmetall-Historie allerdings nicht. Im Zelt ist inzwischen die Labelnight von Sepulchral Voice Records in vollem Gange und ich bin zunächst auf DROWNED so richtig gespannt. Die Berliner gehören ebenfalls zu den deutschen Death Metal – Urgesteinen. Vom Namen nach sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen. Das Trio ist seit den frühen Neunzigern aktiv, zelebriert allerdings mitnichten Todesstahl, schwedischer Prägung, sondern knochentrockenen, rohen und wuchtigen Detah Metal mit leichter Thrash-Prägung. Das haut live mehr rein, als auf Scheibe, allerdings hatte ich mir trotz der engagierten Performance etwas mehr erhofft.
drowned
Die Finnen von CONCRETE WINDS bestätigen anschließend den Eindruck, den ich im Vorfeld gewonnen hatte: Absolut manische-thrashiger Death-Grind, den man leidenschaftlicher kaum darbieten kann, allerdings ist mir diese Vorstellung an vielen Stellen zu hektisch und zu fahrig. Die Finnen haben genau das, was dem selbsternannten Hifi-Klubben ILLDISPOSED anno 2023 abgeht. Selbstverständlich erwarte ich von den Dänen nicht die Chaos-Performance, für die die besoffenen Hooligan-Truppe in den Neunzigern einst berüchtigt und gefürchtet war. Musikalisch ist man darüber hinaus seit vielen Jahren mit einem beliebigen, polierten und geschliffenen Sound ohne Ecken und Kanten unterwegs, der bspw. auch Amon Amarth und Kataklysm den Broterwerb sichert. Immerhin hat Subwoover Bo Summer seinen Humor noch nicht verloren und Jakob Batten erhält stilsicher den Preis für das geschmackvollste Hawaii-Hemd des Festivals. Darüber hinaus gleicht dieser Gig jedoch einer enttäuschenden Wandlung der einstigen Metall-Prolls zu Schwiegermütter-Lieblingen. Dabei habe ich ausdrücklich nichts gegen Altersmilde, aber bitte nur abseits der Musik.
illdisposed
MIDNIGHT lassen danach in Sachen Einsatz zumindest keine Wünsche offen, obwohl keine Klampfe in Flammen aufgeht. Die simple wie unnachahmliche Mischung aus Black Metal, Speed Metal, Punk und Rock ´N´ Roll ist wie geschaffen für die Bühne. Athenar & Co. haben sich dem Leibhaftigen verschrieben, man spielt sich mit vielen Klassikern der Marke "Satanic Royalty", "Evil Like A Knife" oder "You Can´t Stop Steel" sprichwörtlich den Arsch ab. Dennoch fällt der Gig im Vergleich zu jenem aus dem Jahr 2019 etwas ab. Trotzdem eine Wohltat nach dem uninspirierten Illdisposed-Auftritt.
midnight
Mit BLACK CURSE habe ich dem Hörensagen nach im Zelt wohl einen DER Auftritte des diesjährigen Festivals verpasst. Meine Konzentration gilt jedoch eher den Labelkollegen von SIJJIN, denen ich deutlich mehr abgewinnen kann, als den zu Grabe getragenen Necros Christos. Das Trio macht keine Gefangenen, brettharter Todesstahl der alten Morbid Angel-Schule, jedoch mit Raum für viel Atmosphäre und Mystik. Das ist live nicht nur beeindruckend vorgetragen und nachhaltig beeindruckend. Seit dem PARTY.SAN-Wochenende bekomme ich das 2021er Debut "Sumerian Promises" nur noch selten aus meinem Tape-Deck. Mein persönlicher Favorit des Tages.
sijjin
Mit DECAPITAED folgt auf der Hauptbühne eine mittlerweile zur Institution aufgestiegene Größe des technischen Death Metals, die mich stilistisch allerdings ebenso kalt lässt wie später die Nordamerikaner von DYING FETUS. Letztere erreichen mich jedoch ein Stück weit mehr und ich muss erstmals anerkennen, dass der Dreier mit einer krassen Vehemenz in der Lage ist, samt Sound und Technik so richtig Alarm zu machen. (JD) Als um kurz nach 22 Uhr dann der Thin-Lizzy-Klassiker “The Boys are Back in Town” abrupt mit den Riffs von “One Shot, One Kill” unterbrochen wird, ist es proppenvoll auf dem Asphalt vor der Soundstage. Die US-Amerikaner haben zwei neue Lieder vom im September erscheinenden Album “Make Them Beg For Death” im Gepäck, doch sorgen natürlich Death Metal-Evergreens wie “We Are Your Enemy” und “Praise The Lord” für die größten Begeisterungsstürme. Im Publikum fliegen die Haare, was das Zeug hält. Mit “Wrong One To Fuck With” beenden die Könige des Tempowechsels ihren enorm druckvollen Auftritt. (MS)
dying fetus
GRAVE MIASMA waren davor zu Hauptbühnenehren gekommen, da MANTAR krankheitsbedingt ihre Teilnahme canceln mussten. Welch schmerzlicher Verlust und ein Gig, der hoffentlich im kommenden Jahr nachgeholt wird. Grave Miasma nutzen die Chance, beenden die zweite Labelnacht, deutlich roher, ungehobelter und weniger filigran als die Polen vor und die Amis nach ihnen. Die Briten stehen mit ihrem angeschwärzten, okkulten Death Metal wie Black Curse etwas zwischen den Stühlen, liefern zwar grundsätzlich ab, ohne mich allerdings so richtig mitreißen oder überzeugen zu können.
grave miasma
Bleiben noch HYPOCRISY. Die Schweden um Peter Tägtgren haben Bock und lassen nichts anbrennen. Für alle, die Hypocrisy bereits im Frühjahr auf der Clubtour gesehen haben, bietet das Set, das sehr auf Nummer sicher geht, keine Überraschungen. Und obwohl man mittlerweile einige Abstriche bei der Stimmperformance von Peter machen muss: Die Band legt einen soliden Headliner-Auftritt hin, der neben Standards wie "Fractured Millennium", "Roswell 47" und dem Finale mit "The Final Chapter" zwar mit "Don´t Judge Me" sogar einen Song von "Catch 22" beinhaltet. Neben "Inferior Devoties" hätte dem Gig jedoch noch der eine oder andere weitere Griff in die Mottenkiste gut getan. Trotzdem kann sich das Finale an Tag 2 nicht nur hören, sondern durch die gelungene Lichtunterstützung auch sehen lassen. (JD) Die Schweden sind in Spiellaune und ballern sich durch die Highlights ihrer langjährigen Bandgeschichte, während rechts und links die Feuerfontänen in den Schlotheimer Nachthimmel speien. Die Menge honoriert es mit Circle-Pits und Jubelstürmen. Natürlich mit “Roswell 47” entlässt Ober-Alien Peter Tägtgren das PARTY.SAN-Volk um weit nach Mitternacht auf die Zeltplätze, wo einige bis zum Morgengrauen sicherlich noch das ein oder andere UFO sichten. (MS)
hypocrisy
Samstag, 12.08.2023
Der Samstag startet traditionell am Morgen mit dem Frühschoppen im Zelt. Dafür stehen diesmal zwei Cover-Truppen bereit. Den Anfang machen SPEARHEAD. Das Quintett hat es sich nach dem Verlust von Bolt Thrower zur Aufgabe gemacht, das Erbe der Briten zu bewahren und die Songs der Band weiterhin auf die Bühnen dieser Welt zu bringen. Und das tun die Herren mit Würde, spielerischer Klasse und jeder Menge Leidenschaft und Hingabe. Ich kann mich nicht erinnern, dass Zelt am Morgen jemals so rappelvoll erlebt zu haben, mit einem Publikum, dass den Protagonisten Song für Song gierig aus der Hand frisst. An hochkrarätigem Material mangelt es nicht und so bekommt der Fan die geballte Best-Of-Packung der Bolzenwerfer um die Ohren gehauen. "lV Crusade", "Centotaph" und "For Victory" stehen exemplarisch für einen Totalabriss, der von einem sympathischen Sänger angeführt wird, der nicht nur eine großartige Leistung am Mikro abliefert, sondern der seinem musikalischen Pendant bzw. der jungen Bolt Thrower Sanges-Ikone Karl Willets unwesentlich ähnlich sieht.
spearhead
CHAOS AND CONFUSION ernten danach deutlich weniger Aufmerksamkeit. Das mag einerseits an dem fulminanten Gig von Spearhead und andererseit an der Tatsache liegen, dass das Original noch vor wenigen Stunden einen überzeugenden Set auf der Hauptbühne hingelegt hat. An der Qualität und an der Performance liegt es mitnichten, schließlich sind die Hypocrisy-Worshipper von Peter himself geadelt und ein gewisser Masse Broberg zeichnete der Band das Logo. Bei der Setlist merkt man, dass man als Coverband deutlich freier in der Songauswahl ist. Und so werden einige Klassiker vorgetragen, die man sich von den Originalen auch mal wieder wünschen würde, wobei die eine oder andere Überschneidung nicht ausbleibt. Vermutlich wären sie als Opener besser gewesen aber der Grundstein ist so oder so gelegt... Jetzt kann es richtig losgehen.
chaos and confusion
Dafür stehen im Anschluss ATOMWINTER auf der Hauptbühne schon bereit. Nach einem vielumjubelten Gig im Zelt debütieren die Göttinger zur Eröffnung des abschließenden Festivaltages auf der Hauptbühne. Dabei haben sie mit dem Verlust von Basser Martin, der im Krankenhaus liegt, einen herben Schlag wegzustecken. Kurzerhand hat sich Burden Of Grief-Kollege Dominik das Set draufgeschafft. Ihm selbst merkt man den Sprung ins Haifischbecken PARTY.SAN METAL OPEN AIR kaum an. Florian Bauer bietet nicht nur eine routinierte Leistung am Gesang ab, sondern hat sich bestens in das Bandgefüge integriert und dirigiert die Death Metal – Jünger gekonnt. Für Martin ist es umso bitterer, den wohl größten Gig der Bandkarriere zu verpassen. Seine Kollegen hängen sich dafür, umso mehr rein, bieten einen Set, der vornehmlich aus Songs von "Sakrileg", "Catacombs" und "Iron Flesh" besteht. So ganz kompensierbar ist der kurzfristige Ausfall der gesetzten Vierseiten-Fraktion jedoch leider nicht. Trotzdem, Atomwinter schlagen sich dafür beachtlich und ernten zu Recht Applaus.
atomwinter
SPECTRAL WOUND machen optisch zwar mehr her als die deutschen Todesjünger, dabei können mich die kanadischen Schwarzheimer musikalisch mit ihrem klassisch-rohen Black Metal weitaus weniger beeindrucken. Gleiches gilt für SKITSYSTEM, von denen ich mir danach wesentlich mehr erhofft hatte. Eine dieser Schwedenbands, bei der ein gewisser Tompa einst seine Finger im Spiel hatte. Die Crust-Punks bleiben jedoch über weite Strecken blass, obwohl sie grundsätzlich gut in Kopf und Gebein gehen. (JD)
spectral wound
skitsystem
Der Auftritt von TABULA RASA im Zelt kündigt sich durch Fanfarenklänge an. Der punkige Black ’N’ Roll mit zahlreichen genre-untypischen Instrumenten ist auf jeden Fall originell, doch wird die Größe der Menschenmenge vor der Bühne auch durch den einsetzenden Regen begünstigt. Songs wie “Der Wildmensch” oder das Cover “Von der Anstrengung, böse zu sein” lassen einige Zuschauer mit der Frage zurück, was man da gerade gesehen hat. Pünktlich zu ELLENDE verzieht sich der Regen wieder. Bei der getragenen Musik mit Klavier und Waldhorn bleiben die Reaktionen aber dennoch eher zurückhaltend. (MS) Auf ganzer Linie zu überzeugen wissen dafür THE NIGHT ETERNAL im Zelt. Zwar kann ich auf Konserve hauptsächlich aufgrund des Gesanges nicht so wirklich ran an die Jungs aus dem Ruhrpott aber was die Band live abliefert, ist in Sachen Spielfreude bei diesem PARTY.SAN kaum zu toppen. Besser kann man klassischen Heavy Metal kaum zelebrieren. Ich bin über die mitreißende Performance nicht minder verzückt als Krugi von Ván Records, der für "seine" Bands nicht nur den Stage Manager, sondern gleichwohl vor dem Publikum den Anheizer gibt, obwohl das The Night Eternal mitnichten nötig haben. Eine Scheibe habe ich mir bis heute übrigens noch nicht zugelegt – ich muss wohl auf eine Live-Scheibe warten, wenn denn irgendwann eine erscheinen sollte. Trotzdem sind THE NIGHT ETERNAL für mich DIE Überraschung und ein ganz großes Highlight des Festivals.
the night eternal
STORMKEEP sorgen danach für den größten Kauzigkeitsfaktor des diesjährigen PARTY.SANs. Melodischer Black Metal, der die gesamte Bandbreite von frühen Dimmu Borgir, späten Ancient über Malokarpatan bis hin zu Master´s Hammer abdeckt. Ein musikalischer Tanz auf der Rasierklinge zwischen Nostalgie auf der einen sowie Kitsch und Klamauk auf der anderen Seite.
stormkeep
Mit IMPIETY folgt für mich darauf gleich ein weiteres Highlight, nicht nur weil man nicht wirklich häufig die Möglichkeit hat, die Urgesteine aus Singapur in Europa zu erleben. Die Mannen entfesseln eine wahrhaft bösartige und bedrohliche Urgewalt aus thrashigem Death und Black Metal der ganz alten Schule, dass es eine wahre Freude ist, diesem Inferno beizuwohnen. Hier habe ich definitiv in den nächsten Wochen etwas nachzuholen. Unbedingt muss ich mich mal durch die Diskografie der Asiaten wühlen. (JD) Mit Feuerfontänen und brennendem Schlagzeugpodest sorgen Impiety auch für visuelle Aufmerksamkeit. Warum der Sänger aber unbedingt sein Mikrofon so stark verzerren muss, dass es fast in den Ohren wehtut, bleibt wohl sein Geheimnis. Zurück auf der Zeltbühne dominieren bei ARSGOATIA die monotonen Gitarrenriffs und sorgen für Untergangsstimmung. Obwohl die Band erst ein Album am Start hat, wollen doch viele den ersten PARTY.SAN-Auftritt nicht verpassen. Rund um den Ex-Belphegor-Sänger Bart zeigen die Österreicher, dass atmosphärischer Black Metal auch ohne Synthesizer und andere Kinkerlitzchen funktioniert. (MS)
impiety
Wesentlich filigraner aber nicht minder brutal und durchschlagskräftig geht es danach bei IMMOLATION zu. Den Amis ist im Gegensatz zu vielen Todesmetall-Größen der ganz große Durchbruch verwehrt geblieben, unverdient wäre er jedoch mitnichten gewesen. Und auch wenn ich Immolation spät entdeckt und immer nur zeitweise verfolgt habe, das Quartett ist hier und jetzt genau richtig, schöner Death Metal der alten US-Schule, technisch anspruchsvoll und doch geradeaus und nicht zu vertrackt. Im Zelt flashen mich danach WOUND alledings noch eine ganze Ecke mehr. Wieder so eine Band, die ich bisher noch gar nicht auf dem Schirm hatte, die allerdings nach dem anstehenden Auftritt bei der Labelnight von Ván Records bis auf Weiteres auf Eis liegen wird. Herrlich klirrender, melodischer Death Metal skandinavischer Prägung mit schwarzen Einfärbungen, absolut intensiv dargeboten, nicht nur von Sänger Schettler. Wenn man eine Band (vorläufig?) einstampft, dann bleibt man am besten mit einem so eindrücklichen Gig in Erinnerung. Wound beeindrucken mich dermaßen, dass ich mir gleich noch das aktuelle Werk "Serpent Crown" zulege. Im Vergleich zu Sijjin hat mich die Live-Performance jedoch wesentlich mehr mitgerissen, als die Scheibe. Ich will nicht sagen, dass ich beim Hören daheim enttäuscht wurde, aber live war noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Nichtsdestotrotz sind die Wiesbadener ein weiterer Höhepunkt.
immolation
wound
Trotz Label-Nacht spielt die nächste Ván-Band nicht im Zelt, sondern auf der Hauptbühne. Wieso ENDSTILLE derart polarisieren ist mir ein Rätsel, denn es gibt musikalisch wesentlich schlechtere, schlimmere und unbedeutendere deutsche Black Metal – Formationen. Nun hat man mit Zingultus allerdings seit einigen Jahren einen Frontmann, der mit seiner Art alles andere als jemand ist, der Provokation und Konfrontation aus dem Wege geht. Aber er scheint genau jene Rampensau zu sein, die es gebraucht hat, um Endstille zehn Jahre nach "Kapitulation 2013" auf ein neues Level zu heben. Der Herr mit dem Arroganz-Shirt zieht nicht nur den Fokus auf sich und liefert eine denkwürdige Show ab. Nein, er hat auch Humor und lässt sich durch Zwischenrufe nur schwer aus dem Konzept bringen. Ein großer Endstille-Fan werde ich zwar nimmermehr und doch hat die Band ab heute meinen uneingeschränkten Respekt. Monotonie, Stumpfheit und hypnotische Brutalität in Reinkultur, die "DetoNation" kann kommen.
endstille
Zwischenzeitlich ziehen die Vorboten einer angekündigten Schlechtwetterfront am Horizont auf. Zunächst wie vorhergesagt von Südwesten, danach jedoch zunehmend und immer bedrohlicher von Norden. Der Himmel verfinstert sich, die ersten dicken Tropfen fallen und dann... Dann fangen BORKNAGAR an zu spielen und schieben die Wolken mit Sound und spielerischer Hingabe einfach von der Bühne weg. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Vintersorg zwischenzeitlich das Mikro bei den Norwegern an den Nagel gehangen hatte. Somit stehen mit ICS Vortex und Lars A. Nedland "nur" noch zwei Ausnahmesänger auf der Bühne. Aber die beiden harmonieren auch trotz ihrer "Nebentätigkeit" an Bass und Keyboard überragend miteinander, während Jostein die dem Publikum rechts zugewandte Bühnenseite an der Gitarre mit Leben füllt. Einzig die Performance von Bandchef Øystein will so gar nicht ins Gesamtbild passen. Der Gitarrist wirkt an diesem Abend ein bischen wie ein Fremdkörper, in sich gekehrt, grantelnd und teilnahmslos. Doch davon losgelöst ziehen Borknagar in Sachen Sound, Licht und Songauswahl und mit spielerischer Klasse während der untergehenden Sonne in Schlotheim alle Register. Welch´ wohlige Atmosphäre und dabei markiert die Band erst die Ouvertüre des anstehenden Finales. (JD)
borknagar
Obwohl bei RUINS OF BEVERAST das Zelt bis zum Getränkestand gefüllt ist, bekommt auch die letzte Reihe mit, wie die Band mit ihrem Black Metal alles niederknüppelt. Zum Glück lässt sie das Publikum ab und an mit atmosphärischen Parts etwas Luft holen (was man nach vier Tagen Festival jedoch besser vor dem Zelt tun sollte – Anm. d. Verf.). (MS) Im Zelt wird parallel der große Zapfenstreich durch THE RUINS OF BEVERAST eingeläutet. Obwohl Borknagar noch die letzten Noten zelebrieren ist es picksackpackevoll. Meilenwald zieht das Publikum in seinen Bann. Dabei ist das was in in der folgenden knappen Stunde passiert mindestens verschreibungspflichtig und definitiv nichts für zartbeseitete Menschen mit angeschlagener emotionaler Resilienz. Das, was The Ruins Of Beverast im vergangenen Jahr auf "The Thule Grimoirs" veröffentlicht haben, enfaltet während der Live-Darbietung einen unbarmherzigen tiefschwarzen Sog. Dieser Gig endet in einem abgründig intensiven Nichts aus beängstigender Atmosphäre. Die Band hätte man problemlos auch auf die Hauptbühne stellen können. Aber mit jeder Minute wird man sich der Tatsache bewusst, dass Meilenwald und seine Mannen genau hier und jetzt am einzig richtigen Ort sind. Zu sehen bekommt man die Band im dichten Nebel und bei allenfalls dezentem Licht lediglich als Schattenriss oder Scherenschnitt. Was Fotograf*innen gemeinhin kapitulieren lässt oder zur Weißglut bringt, entfesselt draußen im Publikum den perfekten optischen Rahmen, der diesem musikalischen Wahnsinn jene Wirkung verleiht, nach dem es verlangt.
the ruins of beverast
KATAKLYSM könnten mich heutzutage wohl nur noch einmal begeistern, wenn sie ihren Northern Hyperblast noch einmal aufleben lassen würden und "The Mystical Gate Of Reincarnation" oder "Sorcery" durchzocken und sich bei einem Set auf Songs bis zu "Of Shadows And Dust"-Ära beschränken würden. Machen sie aber natürlich nicht und so bleibt mir die Zeit, mich bei meiner traditionellen nächtlichen Chai Latte über das Gelände treiben zu lassen, während Marizio und Konsorten ihren glattpolierten Retorten-Death Metal von der Bühne feuern und die Security-Crew im Bühnengraben auf die Probe stellen. Für all jene, die sich ohne Tiefgang noch einmal so richtig Verausgaben wollen, ist das in diesen Stunden die letzte Gelegenheit und die wird offenkundig dankbar angenommen. Danach ist Zeit für das Finale des Samstags und des PARTY.SAN METAL OPEN AIRs 2023 mit ENSLAVED. Die Norweger haben seit den frühen Neunzigern eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen. Sie sind prägener Teil der zweiten Welle des Black Metals gewesen, haben den heutigen Viking und Pagan Metal mitbegründet und wie kaum eine andere Band geprägt. Der Kontakt zu diesen Underground-Wurzeln ist nie gekappt worden. Gleichwohl spielt die Band seit knapp zwei Dekaden zunehmend entrückt von stilistischen Dogmen progressiv auf. Mit "Vikingligr Veldi" präsentiert die Band am heutigen Abend das noch vor dem Klassiker "Frost" 1994 auf dem Euronymus-Label Death Like Silence veröffentlichte Debut erstmals in voller Länge außerhalb von Norwegen. Somit gibt es songtechnisch, abgesehen von der überragenden finalen Zugabe "793 (Slaget on Lindisfarne)" von "Eld" keine Überraschungen. Überraschen darf allerdings die Art und Weise, wie es ENSLAVED schaffen, mit diesem Auftritt diesem Tag, diesem Abend und diesem gesamten Wochenende, das Sahnehäubchen aufzusetzen. Grutle, Ivar, Arve, Håkon und Iver brennen nicht, sie glühen. Die Stärke dieser Band zeigt sich nicht nur dadurch, dass ENSLAVED es immer wieder schaffen, Musik aus allen Schaffenphasen auch nach vielen Jahren wie aus einem Guss erklingen zu lassen, ohne das der ursprüngliche Charme und Spirit dabei verloren geht. "Vikingligr Veldi" auf dem PARTY.SAN 2023 ist eine perfekte Inszenierung in Licht, Ton, Bild und erst recht in der Art und Weise der Darbietung. Mehr Gänsehaut geht nicht!
enslaved
Es folgt im Anschluss eine rauschende Party-Nacht. Zunächst noch einmal mit Metal-Klassikern, final jedoch mit der geballten Ladung des besten, was schwedens Finest, also Abba zu bieten haben. Nach "Thank You For The Music" wird es in den frühen Morgenstunden schließlich ruhig und das PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2023 ist Geschichte.
FAZIT:
Was bleibt vom PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2023?
Highlights waren auf jeden Fall JADE (konnten meine Hoffnungen und Erwartungen erfüllen), THE NIGHT ETERNAL (live einfach überragend), SIJJIN (Erwartung aus dem Stand übertroffen – bin jetzt großer Fan), THE RUINS OF BEVERAST und ENSLAVED (beides begnadet intensive Headliner, sowohl im Zelt, als auch auf der Hauptbühne. Überrascht haben mich IMPIETY (was für eine rohe und ungehobelte Messe), WOUND (live überragend, auf Konserve zünden die bei mir leider nicht so) und ENDSTILLE (klingt komisch, ist aber so – siehe Bericht). Enttäuscht haben ILLDISPOSED, SKIT SYSTEM und leider auch MIDNIGHT. Und eine herbe Enttäuschung war leider auch die Absage von MANTAR, wobei sich das Erinc und Hanno wohl ebenfalls anders vorgestellt hatten, dann hoffentlich nächstes Jahr.
Was bei der Gestaltung und beim Druck des "Programmheftes" in diesem Jahr schief gegangen ist, dass wissen die Organisatoren wohl am besten... Die Schrift krisselig, der Druck pixelig und der Anschnitt fragwürdig. Und wo war eigentlich die Running Order?
Ansonsten gab es einmal mehr nichts zu meckern, der Wettergott hatte ein Einsehen und lieferte eher zuviel als zuwenig Sonne – Regen, Fehlanzeige bis auf eine klitzekleine Ausnahme. Technisch und organisatorisch ist die gesamte, emsige Crew seit Jahren Spitze, was man nicht erst nach den Coronajahren gar nicht hoch genug würdigen kann und muss. Danke, danke, dankt!
Das Experiment der Label-Nächte auf der Zeltbühne ging gut auf, es bleibt aus meiner Sicht jedoch abzuwarten, inwieweit man das Konzept zukünftig eins zu eins fortsetzen kann, ohne dass unter den Zwängen die musikalische Qualität oder die Kreativität und die Freiheit bei der Besetzung und der Running Order beider Bühnen leidet. Ich bin gespannt!
Abschließend würde ich mir jedoch für die Zukunft wünschen, dass man beim Line-Up den Fokus noch einmal mehr auf Bands legen sollte, die wie die Faust auf´s Auge auf´s PARTY.SAN passen und eigentlich schon immer einmal auf die Bühnen gehörten, aber dort aus unerklärlichen Gründen bisher noch nie dort Station gemacht haben. Hier würde ich mir nach all den Jahren etwas mehr Mut wünschen, ebenso wie bei diversen Bands, bei denen man stilistisch immer wieder in der Lage war und ist, über den Tellerrand hinaus zu schauen.
Wir sehen uns 2024 in Schlotheim!!!
Harte Schale – Weicher Kern 2023:
Party.Sanen!
Ihr habt vor wenigen Tagen nicht nur ausgiebig und friedlich gefeiert sondern euch erneut als das beste Publikum erwiesen, dass wir uns wünschen können: Dank eurer Spendenbereitschaft kamen dieses Jahr 10.000€ an Trinkgeldern zusammen, die wir auf 12.000€ aufrunden um sie dem Kinderhospiz Mitteldeutschland zukommen zu lassen. Vielen Dank dafür
Eure PSOA-Crew
PARTY.SAN METAL OPEN AIR - Fazit der Veranstalter:
PARTY.SAN METAL OPEN AIR - Aftermovie 2023:
Bandwünsche für 2024:
THE VISION BLEAK
AMORPHIS
GOREFEST
WARDRUNA
DEATH BREATH
MANTAR
SOLEFALD
A FOREST OF STARS
BRUTALITY
THE BLOOD DIVINE
MONSTROSITY
IN THE WOODS
DARK MILLENNIUM
TWILIGHT OF THE GODS
EXTREME NOISE TERROR
CASHLEY
CASTLE
REUZE
SKOGEN
GRIFT
FARSOT
MITHRAS
DISILLUSION
GODS TOWER
HEXVESSEL
SUN OF THE SLEEPLESS
THE TROOPS OF DOOM
BLOOD
WOLFBRIGADE
DISFEAR
Bisher sind für das PARTY.SAN METAL OPEN AIR 2024 vom 08.-10. August die folgenden Acts bestätigt:
SODOM
BEHEMOTH
ANAAL NATHRAKH
LEFT TO DIE
ENTHRONED
LEGION OF THE DAMNED
DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT
BEWITCHED
ROPE SECT
WILT
HERETOIR
NECROT
KONVENT
OBSCURITY
STILLBIRTH
BROKEN HOPE
LEFT TO DIE
HERETOIR
NECROT
BEWITCHED
SULPHUR AEON
IMHA TARIKAT
HELLRIPPER
Der Ticketpresale via cudgel Vertrieb hat bereits begonnen:
cudgel Vertrieb
Schwanseestraße 20
99423 Weimar
tel.: +49 (0) 3643 495 300
fax: +49 (0) 3643 495 30 28
www.cudgel.de
Die ersten 1.666 Tickets werden zum "Early Bird"-Preis von 115,70 Euro abverkauft.
Kategorie
Headliner
Besucher
Ort
Line Up
DESTROYER 666
ARCHSPIRE
KATAKLYSM
MIDNIGHT
BORKNAGAR
DECAPITATED
ILLDISPOSED
ENDSTILLE
IMPIETY
SKIT SYSTEM
URGEHAL
GRAVEYARD
POSTMORTEM
MENTOR
CHAOS AND CONFUSION
BRUTAL SPHINCTER
SPEARHEAD
SUBORBITAL
DYING FETUS
GATECREEPER
SUBORBITAL
BALMOG
YOTH IRIA
URGEHAL
SKIT SYSTEM
ARSGOATIA
KANONENFIEBER
ATOMWINTER
UNTO OTHERS
SKINLESS
SIJJIN
BELAKOR
MANTAR
NILE
ANGELUS APATRIDA
OBITUARY
ENDSEEKER
DEICIDE
VIRCOLAC
HERETIC
WOUND
SPECTRAL WOUND
DROWNED
THE RUINS OF BEVERAST
HORNS OF DOMINATION
ORBIT CULTURE
BLACK CURSE
SPIRIT POSSESSION
IMMOLATION