Während Through The Looking Glass die Abenteuer von Lewis Carols Alice’ fortführte, dient Imaginations through the looking class gleichwohl als visuelle Ergänzung des jüngst erschienenen Livealbums der Krefelder.
Neben reichlich musikalischem Inhalt, bietet auch die optische Aufmachung der Doppel-DVD genug Grund für lobende Worte. Als mich Gitarrist Marcus in meiner Diekholzener Sommerresidenz anrief, hatte ich allerdings erst die geschnittene Videofassung der DVD vorliegen, so dass sich unsere Gespräch eher um allgemeine Dinge drehte.
So beendete der Kollege Torben sein letztes Interview mit der weltbewegenden Frage nach Hansis Lederjacke und deren Verbleib. Eine Frage, die natürlich nicht unbeantwortet bleiben durfte.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht mit Hansi über seine Lederjacke gesprochen habe, aber ich bin doch bereit zu sagen, dass er sie mit 99igprozentiger Sicherheit nicht mehr hat. Jedenfalls hat er sie in den letzten fünfzehn Jahren nicht mehr getragen. Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass er sie noch in irgendeinem Schrank liegen hat. Allerdings wird sie wohl den diversen Umzügen zum Opfer gefallen sein.
Was insofern eine Schande wäre, als dass ja die Mode im Moment wiederkommt. Man darf ja heutzutage nichts mehr wegwerfen....
Das ist richtig. Vielleicht legt er sich ja mal eine Neue zu, ich wird da gleich mal mit ihm drüber reden. Das alte Image muss ja wieder her. Das ist wichtig, schließlich sind bei einer Heavy Metal Band schwarze Lederjacken Pflicht.
...und Strechtjeans....
Ach nee, lass ma. Das ist doch irgendwie unbequem. Wenn man die in bequemen Größen kauft, kann man ja gleich ne normale Jeans kaufen, denn dann ist der Stretcheffekt nicht mehr so gegeben.
Bekanntlich spielt mindestens jeder Heavy Metal Fan mindestens mal einige Jahre E-Gitarre. Eine Tatsache, die sich bis heute noch nicht geändert hat. Hießen früher die Vorbilder noch Richie Blackmore und Jimi Hendrix oder zu meiner Zeit Kirk Hammett und Yngwie Malmsteen, so orientiert man sich scheinbar heute auch an den Künsten des Gitarrenduos aus Krefeld, wie ich durch Zufall hörte.
Jeder hat irgendwelche Vorbilder. Wenn man in dem Alter ist und anfängt Mucke zu machen, dann hat man ja Vorbilder in den Bands, die man ganz toll findet. Bei mir war das irgendwie Maiden und Thin Lizzy und solche Leute....
....und wahrscheinlich Rainbow....
...ja, na ja, also Rainbow habe ich geliebt und höre die Sachen auch heute noch gerne. Richie Blackmore ist aber nie wirklich mein Vorbild gewesen. Er ist ohne Frage ein sehr guter Gitarrist, hat aber doch zu sehr einen an der Mütze, würde ich sagen. Das war dann eher nicht so mein Ziel. Ich fand auch die erste Blackmore´s Night noch gut, die zweite schon eher durchwachsen und von der dritten habe ich nur ein oder zwei Stücke gehört und mir dann gedacht, dass ich das doch nicht haben muss. Wenn er meint, er müsste heute diese Sachen machen, dann ist es okay. Ich fänd es viel besser, wenn er mal den ollen Dio anrufen würde und sagt: „Hör mal, wollen wir mal nicht wieder ein bisschen Rainbow spielen?“ Das fänd ich ehrlich gesagt viel schöner. Ich glaube allerdings nicht wirklich daran. Aber im aktuellen Reunionfieber ist ja nichts mehr auszuschließen. Ich fand aber auch die letzte Rainbow Scheibe ohne Dio geil. Also es gäbe da ja auch noch andere Leute, die auch singen können – nicht nur seine Frau. Aber das muss er ja schließlich selber wissen. Im Moment mutiert der Mann allerdings immer weiter in fürchterliche Schlagerrichtung, aber jedem das Seine.
Nun, der Mann ist ja auch keine 20 mehr. Da wird einem das schon manchmal ein bisschen zu viel mit diesen verzehrten Gitarren...
...ja, diese ganzen wilden Sachen.
Warten wir mal ab, was aus dem Blind Guardian Lager noch kommt, wenn sie erstmal über 50 sind. Ich bezweifele auch etwas, dass Marcus seine Drohung wahr macht und schwarz-weiß geschminkt als Black Metaller durch die Lande zieht. Schauen wir mal.
Doch zurück zum hier und heute: Grund unseres Gesprächs war ja überhaupt die aktuelle DVD. Abgesehen von Slayers War at Warfield konnte mich bislang kaum eine DVD wirklich überzeugen – zumal nicht als Käufer. Warum macht man also überhaupt eine DVD?
Erstens hatten wir Bock darauf und zweitens kam auch von den Fans immer wieder die Anfrage. Wir hatten in unserer gesamten Laufbahn noch nie etwas Videotechnisches veröffentlicht. Wir haben jetzt ja die Live-CD rausgebracht und dachten, dass das eine gute Gelegenheit sei, das Ganze auch mal optisch zu untermauern. Wir hatten schon die Show in Wacken und einige Shows auf Tour gefilmt, aber unser eigenen Festival gab uns natürlich noch ganz andere Möglichkeiten, da wir dort tatsächlich fast alles auffahren konnten, was wir wollten. Es war alles exakt auf uns zugeschnitten und wir konnten tun und lassen, was wir wollten, was selbst als Headliner in Wacken nicht möglich ist. Wir haben diese Gelegenheit dann auch genutzt.
Ich frage mich eben immer nur, wie oft man sich eigentlich so ein Livekonzert anguckt? Mehr als einmal doch sicherlich nicht (besagte Slayer DVD mal ausgenommen).
Das kann ich dir ehrlich gesagt auch nicht sagen. Ich besitze vielleicht 2 DVDs, eins ist Live After Death, die hab ich aber noch nicht geguckt. Das Konzert habe ich aber in meiner Jugend immer auf Video gesehen. Die zweite DVD ist von Rush und auch die habe ich noch nicht gesehen. Wiederum nur auf Video in früheren Jahren. Es gibt aber mit Sicherheit auch Leute, die sich diese Konzerte öfters anschauen. Wie gesagt, früher habe ich Live After Death öfters geguckt, mache ich aber heute nicht mehr. Außerdem müssen die Leute die DVD ja auch alle nur einmal kaufen, ob sie die dann gucken oder nicht, ist mir eigentlich egal, sagt Marcus, nicht ohne dabei zu lachen. Nein, die Leute sollen die DVD natürlich auch angucken. Nur runterladen ist schlecht, das ist auch ganz schädlich für den PC und den DVD Player.
Das ist klar. Aber die Virgin packt ja bekanntlich auch einen Kopierschutz auf ihre Produkte.
Die kannst du da draufpacken, bis der Arzt kommt, verhindern wird man das Kopieren dennoch nicht. Alles was man irgendwo abspielen kann, kann man auch wieder irgendwie aufnehmen. Ich mache mir da keine Illusionen. Die DVD hat einen Kopierschutz, aber dennoch wird sie spätestens am Tag des Release irgendwo im Netz stehen.
Da stellt sich die Frage danach, wie stark die Bands tatsächlich von der Raubkopien betroffen sind. Die Hochrechnungen über die Verluste der Plattenindustrie erscheinen mir da doch manchmal etwas abstrus.
Wir haben das Glück, dass wir eine sehr große Fanschicht von Die Hard Fans haben, die auch wirklich das Original haben wollen. Generell verliert man aber potentielle Käufer, die die Sachen zwar ganz gut finden, sie sich aber nicht kaufen wollen. Diese Leute laden sich deine Sachen dann eben runter und dort hat man dann Einbußen. Ich kann dir jetzt nicht sagen, wie groß die Zahl der Leute ist, die tatsächlich nur noch runterläd. Für mich ist die Verbreitung von Mp3 im Internet aber eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits verliert man vielleicht dadurch Käufer, andererseits weiß ich auch von Fans, die uns auf diese Weise erst kennen gelernt haben. Die haben also irgendwo was über uns gelesen, haben sich ein paar Songs runtergeladen, fanden’s geil und haben sich die Platte gekauft. Das Problem ist, dass die Musik als solches ihren Wert in der Gesellschaft verloren hat. Als ich angefangen habe Mucke zu hören und mir eine Platte gekauft habe, dann war das ein Ereignis. Da bin ich dann nach Hause gerannt, habe die Platte stundenlang gehört, die Texte gelesen, dass Cover studiert und was alles so dazugehörte. Die Kids ziehen sich heute ihre Mp3 auf den Player und hören die Songs auf dem Weg zur Schule. Da geht es dann nur noch darum, wer am meisten Platten runtergeladen hat. Der Stellenwert, den Musik früher mal hatte, der ist verloren gegangen und Musik hat so einen faden Beigeschmack bekommen. So lange sich das nicht wieder ändert, wird sich auch an dem Downloadverhalten nichts ändern. Die Leute laden ja mehr runter, als sie überhaupt hören können. Das eine neue Band unter diesen Umständen keine Chance hat überhaupt hoch zu kommen bzw. zu überleben, darüber denken die Leute einfach nicht nach.
Gegen solche Einstellungen kann man natürlich auch durch besondere Covergestaltung und ähnliche Gimmicks nur schwer ankämpfen.
Wir versuchen ja schon unsere Produkte durch aufwendige Cover und andere Dinge möglichst attraktiv zu gestalten und wir geben uns alle Mühe, dass der Käufer auch wirklich für sein Geld ein gutes Package bekommt. Es gibt aber einfach zu viele Leute, denen das einfach scheißegal ist und die sich irgendein Cover ausdrucken. An diese Leute kommt man einfach nicht heran. Ich weiß auch keine Methode, wie man dies eindämmen oder kontrollieren kann. Man kann meiner Meinung nach wirklich nur versuchen, dass Produkt in seiner Gesamtheit so attraktiv wie möglich zu machen und hoffen, dass es noch genügend Fans gibt, die das dann auch zu würdigen wissen.
Ein Problem mit dem Kopierschutz ist mittlerweile auch, dass man damit genau die falschen Leute bestraft: den ehrlichen Käufer. Oftmals spielen CD Player etc. die gesicherten CDs nämlich nicht problemlos ab.
Ja, Thomen zum Beispiel kann unsere Live CD im Auto nicht anhören, da sein CD Player da Schwierigkeiten macht. Ich habe da auch schon mal mit Leuten bei unserer Plattenfirma drüber gesprochen. Selbst unser Produktmanager sagt, er kann viele Virgin Produkte zu Hause gar nicht mehr hören. Das Problem ist aber, dass weder wir noch die Virgin Deutschland da irgendeinen Einfluss drauf hat. Wir hätten sonst gesagt, dass wir keinen Kopierschutz haben wollen, aber diese Weisungen kommen dann von ganz oben. Es wird auch in Zukunft keine CDs ohne Schutz mehr geben, einfach um sicherzustellen, dass man den neuen Copyright-Bestimmungen entspricht. Ich gebe dir aber recht, dass es so nicht der perfekte Weg ist, da man das Kopieren ohnehin nicht verhindern kann und man manchmal einfach die falschen Leute trifft. Das ist meine private Meinung, aber mich fragt ja keiner.
Die meisten Titel der DVD wurden wie gesagt auf dem eigenen Festival in Coburg aufgenommen. Eine Veranstaltung, die den Perfektionisten von Blind Guardian natürlich sehr entgegen kam und von daher sicherlich auch nach einer Fortsetzung verlangt, oder?
Es wird sicherlich eine Fortsetzung geben. Dieses Jahr werden wir allerdings gar nicht live spielen, da wir uns auf das Schreiben neuer Songs konzentrieren. Im Rahmen der nächsten Tour wird es sich aber sicherlich wiederholen. die Frage des Veranstaltungsortes ist aber noch offen. Das Gelände in Coburg war eigentlich ideal für unsere Zwecke, aber man wird sehen, was sich ergibt.
Die weiteren Gespräche über Inhalte der DVD lasse ich hier mal unter den Tisch fallen, da ihr sie euch am besten einfach mal kauft und anseht. In diesem Sinne darf man also auf neue Taten aus Krefeld gespannt sein und wir hoffen, dass wir das Quartet auf der nächsten Tour oder vielleicht schon vorher wieder auf einer Hildesheimer Bühne begrüßen dürfen. In diesem Sinne...
Thorsten