Eines der jüngsten Highlights des modernen Extemmetals kommt aus Island. Mit „Köld“ beweisen Solstafir, dass sie nach wie vor eine ungewöhnliche wie auch großartige Band sind. Netterweise stand Drummer Gummi für ein Interview zur Verfügung.
Na, dann gib mal Gummi (sorry, musste sein):
Erst mal Glückwunsch! Wie habt ihr ein so großartiges Album hinbekommen?
Danke für die Blumen! Nun ja, das Album hat uns viel Blut, Schweiß und getrocknete Tränen gekostet. Viel harte Arbeit, viele geplatzte Träume und eine recht ungesunde Dosis von Hangovern.
Wie würdest du eure Musik beschreiben? Mir ist das leider wohl nicht in Gänze gelungen.
Genau das würde ich auch sagen: Schwer zu beschreiben und nicht zu kategorisieren.
Hast du die letzten Platten von Enslaved und Primordial gehört? Die hören sich zwar nicht an wie ihr, aber sie haben irgendwie denselben Spirit. Stimmst du da zu?
Wenn du das so sagst. Wir suchen eigentlich nicht nach Gemeinsamkeiten mit anderen Bands. Aber was ich schon sehe, ist, dass diese Bands ähnlich wie wir versuchen, aus der stagnierenden Metal-Schublade auszubrechen.
Auf eurem ersten Album habt ihr noch große Viking und Black Metal Einflüsse verarbeitet. Diese sind fast verschwunden. Wo siehst du die Unterschiede zwischen euren Alben?
Wir haben diese Einflüsse immer noch. Nur haben wir sie mittlerweile in unseren großen Kochtopf geworfen und kräftig umgerührt. Wir werfen da jede Menge rein, aber es kommt immer etwas anderes raus. Es hängt davon ab, wie sich unser Fokus verschiebt. Und manche Dinge werden als Einfluss wichtiger, als sie vorher waren. Aber wenn du dir alles in chronologischer Reihenfolge anhörst, wirst du eine Entwicklung feststellen. Geh mal von Songs wie „Huldandid“ oder „Hovudlausn“ von von „Til Valhallar“, über „Arstidir Daudans“ und „ I Viking“ von „I Blodi Og Anda“, „I Myself The Visionairy Head“ und „Ritual Of Fire“ von „Masterpiece…“ zu den Songs des neuen Albums, zum Beispiel den Titeltrack.
Hast du einen persönlichen Favoriten auf „Köld“?
Der ändert sich eigentlich von Tag zu Tag. Ich glaube, ich hatte alle Songs schon mal als Favoriten auserkoren.
Die neuen Songs sind teilweise sehr komplex. Hast du Angst davor, sie live zu spielen?
Nicht wirklich. Wir haben alle Songs schon geprobt, außer „Necorologue“ (der nebenbei sehr simpel ist) und „World Void Of Souls“. „Pale Rider“ findet sich schon seit 2006 in unserer Setlist und auch „78 Days…“ gehörte schon dazu. Die Tracks von „Masterpiece…“ sind eigentlich viel komplexer arrangiert, wie zum Beispiel „Ljosfari“ oder „Ritual Of Fire“, welches live länger und besser strukturiert ist, als auf dem Album.
Es muss irgend etwas Spezielles an Island geben. Neben Musikern bringt die Insel mit Autoren jede Menge Kreativität hervor. Würdest du da zustimmen?
Auf eine Weise, ja. Jeder scheint hier in einer Band zu sein oder sonst irgendwelche Kunst zu produzieren. Für so ein kleines Land haben wir wirklich viele gute Bands und Künstler. Vielleicht liegt es ja an der Isolation: Du musst hier auf irgend eine Art ausbrechen und die Welt wissen lassen, dass es dich gibt. Ein anderer Faktor ist, dass bei so einem kleinen Markt wie hier niemand erwartet, von seiner Kunst leben zu können. Daher tun Isländer immer das, was sie wollen, statt gängigen Trends zu folgen. Es gibt aber auch viele Durchschnittsbands hier in Island, von denen man im Ausland noch nichts gehört hat.
Erzähl doch mal was über die Metal Szene in Island und wie bist du zur harten Musik gekommen?
So ungefähr 1986, mit acht Jahren, fing ich an Iron Maiden zu hören. Aber so richtig viel Metal habe ich nicht gehört, bis ich zwei Jahre später von meinem älteren Bruder mit Metallica infiziert wurde. Zu dieser Zeit habe ich Addi und Gringo durch den Metal und die Skateboard-Szene in unserer Nachbarschaft kennen gelernt. Zwischen 1990 und 1993 gab es eine große Death Metal-Szene in Island, aber die war dann plötzlich verschwunden. Zwischen 1994 und 1998 gab es kaum eine Szene in Island und man konnte die paar Metalheads an zwei Händen abzählen. Alle waren untereinander befreundet. In diese Szene platzten dann Solstafir hinein und durch die überschaubare Szene lernten wir auch Svavar kennen. Die einzige andere Band war Forgardur Helvitis, eine Grindcore-Combo, die sich aus Bauern zusammensetzte, die alle Cousins waren. Ab 1998 gab es dann einige Hardcore Bands wie Minus oder I Adapt. In den letzten Jahren ist auch die Death Metal Szene durch Bands wie Momentum, Severed Crotch oder Helshare wieder gewachsen. Und dann gibt es da noch den Black Metal-Exzentriker, unseren Freund Eldur. Der ist Mitglied bei Potentiam und hat durch Soloprojekte aufhorchen lassen, bei denen er in einer Höhle schwarze Opern komponiert.
Welches sind deine Lieblingsbands?
Das unterscheidet sich bei uns in der Band ziemlich, da wir alle auch einen recht breiten Geschmack haben. Insgesamt geht das von Klassik, Classic Rock, Avantgarde Pop, Jazz, Rhythm and Blues, Psychedelic Rock, Rockabilly, Psychobilly, Shoegaze (was auch immer da nun ist – Verf.), Electro, Trip Hop, Death und Black Metal, Disco, 80er Brit Pop – ich könnte ewig so weitermachen. Eigentlich mögen wir fast alles außer Power Metal, moderner R&B und Opern. Wenn ich jetzt aber eine Band nennen müsste, die wir alle lieben, dann wären das Autopsy.
Was ist denn in Zukunft bei Solstafir geplant?
Also, eigentlich ist im Moment schon genug los: Unser gesamter Backkatalog wird auf Vinyl wiederveröffentlicht und wir arbeiten an einer DVD, die unsere gesamte Karriere umspannt. Die soll dann Ende des Jahres oder eben 2010 rauskommen. Außerdem sind wir mit einem Umzug nach London beschäftigt. Ich habe dort schon mal einige Monate gelebt. Addi hat jetzt ein Jahr in Glasgow gelebt und kommt im März nach. Svavar kommt im September nach, aber auch er hat schon mal hier gelebt. An Festivals spielen wir das Party San in Deutschland und das Eistnaflug in Island. Das ist wohl das nördlichste und isolierteste Metal Festival überhaupt und findet jährlich in einem kleinen Fischerdorf statt. Außerdem denken wir drüber nach, mehr Festivals zu spielen und im September auch zu touren.
Gibt es sonst noch was zu sagen?
Bei Ketzer Records gibt es bald ne Menge neues Merchandise von uns (www.ketzer-records.de). Und vielen Dank für das Interview!
Kein Problem, ich habe zu danken, dass Gummi die Fragen so ausführlich beantwortet hat. Ich hoffe, ihr seid auf den Geschmack gekommen, ein wirklich tolles Album anzutesten.