Jedem Punkrock Fan in deutschen Landen werden Dritte Wahl ein Begriff sein. Seit mittlerweile 20 Jahren besticht die Band mit großartigem Punk mit leichtem Metal Einschlag und rebellischen aber nie zu plakativen Texten.
Gunnar war so nett, einige Fragen zum Jubiläums (Live-) Album und zur Band allgemein zu beantworten.
Warum habt ihr euch zur Feier für ein Livealbum statt einer Best-Of entschieden?
Geplant hatten wir nur eine DVD zum 20 jährigen Bandbestehen. Die ist ja auch Ende letzten Jahres erschienen und damit sollte es eigentlich genug gewesen sein. Wir haben dann ja noch eine ziemlich lange Tour zum Geburtstag gespielt und waren also mit den Feierlichkeiten durch. Diese CD haben wir tatsächlich auf Grund der Nachfragen veröffentlicht. Das Konzert, was hier zu hören ist war auf der "20 Jahre Dritte Wahl" DVD schon zu sehen. Viele Leute fragten aber, ob wir den Livemitschnitt nicht auch als Audio-CD veröffentlichen können. Für das Autoradio oder die Stereoanlage daheim. Mach eine/r kauft ja auch nicht so gern DVD´s. Ich selbst habe auch nur sehr wenige. Da die Aufnahmen fertig stand diesem Live-Album also nichts im Wege.
An eine Best-Of haben wir nie gedacht. Wir haben auch die Rechte an den Aufnahmen der ersten drei Scheiben von uns nicht.
Wie wart ihr mit der Fanwahl der 20 Lieder zufrieden?
Zu Beginn dachten wir, dass wir uns anständig auf den Hosenboden setzten müssen und Üben, Üben, Üben. Da waren schon einige sehr außergewöhnliche Wünsche dabei. Mit der Zeit kamen dann aber die "gängigen" Stücke immer mehr nach vorn und am Ende ist es ein richtiges Best-Of Programm geworden. Ich denke für diesen Anlass war das auch richtig so.
Drei Lieder habt ihr selbst in die Setlist gefügt. Welche und warum?
Der erste Song, den wir unbedingt spielen wollten war "Auf der Flucht", ein Song mit dem wir uns von Busch´n verabschieden wollen. Dieses Lied war uns wichtig. Gerade bei so einem Jubiläum ist klar, dass auch viel an Busch´n gedacht wird. Schließlich war er bis zu seinem Tode im Januar 2005 ein wichtiges Bandmitglied und hat unseren Weg genauso mitbestimmt wie Krel und ich.
Dann hatten wir uns noch zwei Songs zurecht gelegt, die wir spielen wollten, wenn genug Zeit für eine Zugabe bleibt. Bei Festivals ist der zeitliche Rahmen ja oft begrenzt. Da haben wir uns mit "NVA" für einen Klassiker und mit "Kein Wort" für eines unsere Lieblingslieder entschieden.
Du sprichst es selber an:Vor einigen Jahren habt ihr euren Bassisten Busch’n verloren. Stand es zur Debatte, die Band aufzulösen und wenn ja, warum habt ihr euch dagegen entschieden?
Es stand nie richtig zur Debatte, die Band nach Busch´ns Tod aufzulösen. Wir haben das damals sogar mit ihm besprochen. Er war da sehr (manchmal fast zu) offen mit der Krankheit und hat uns immer ermutigt mit Dritte Wahl weiter zu machen. Letztlich haben Krel und ich die Band ja mit Busch´n zusammen gegründet und somit ist das auch unserer Herzensangelegenheit. Ich denke für Busch´n ist es so auch besser (wenn es so etwas gibt?). Immer wenn wir spielen werden ein paar Leute an ihn denken.
Der Osten Deutschland ist nun nicht gerade als überwiegend linke Region bekannt. Habt ihr als Punk-Band schon mal Probleme mit Idioten aus der rechten Szene gehabt?
So richtig brenzlig war es eigentlich nie. Es kam schon vor, dass da ein paar Arschlöcher kamen und den Saal stürmen wollten, doch glücklicherweise waren immer genug Leute da um das zu verhindern.
Ihr scheut euch ja auch nicht davor, politische Statements abzugeben: Was sagst du denn zum Ergebnis der letzten Bundestagswahl?
Was soll man sagen? Es war ja abzusehen, dass es so kommen würde. Eine wirkliche Alternative war meiner Meinung nach auch nicht da. Wollen wir mal hoffen, dass die jetzige Regierung nicht noch mehr kaputt macht, als wir sowieso befürchtet haben.
Ihr kommt aus Rostock und eure Feierlichkeiten fielen mit denen zu 20 Jahren Mauerfall zusammen. Kräftig mitgefeiert?
Für uns war der Fall der Mauer ein Segen. Früher musste man vor einer Kommission vorspielen, Texte abgeben usw., um überhaupt als Band auftreten zu dürfen. Offiziell gab es uns zu Ost-Zeiten nicht. Einige kleine Klubs haben sich dann trotzdem getraut und manchmal haben wir sonst auf Partys in Garagen oder Waschküchen gespielt. Hinzu kam, dass keiner ein Auto hatte. Wir sind manchmal mit dem Zug zu den Konzerten gefahren. Dazu mußten wir so viele Kumpels mitnehmen, dass wir unser ganzes Zeug getragen bekamen.
Ihr seid eine extrem tourfreudige Band. Kannst du uns mal ein paar lustige Tour-Anekdoten aus 20 Jahren berichten?
Eine schöne Anekdote ist immer die Geschichte, als wir Krel nachts auf der Autobahn vergessen haben. Wir waren mit Exploited auf Tour und fuhren mit ihnen zusammen in einem Nightliner durch die Nacht. Wir kamen von einem Konzert in Kassel und am folgenden Tag wollten wir in Berlin spielen. Auf einer Raste bei Göttingen gab es dann noch ein kleines Nachtmahl und als „fast“ alle wieder im Bus saßen und der Fahrer fragte „Alle da?“ kam aus unzähligen versoffenen Männerstimmen der einhellige Chor „Yes!“. Und los ging die Fahrt. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten war, das Krel zwar auch saß, aber auf dem Klo in der Raststätte. Als er anschließend, uns suchend und schimpfend, über den Parkplatz torkelte war ihm sicher die Stimmung versaut! Wir haben noch schön gefeiert. Als ich am nächsten Morgen, oder sagen wir mittags, ins SO36 kam sah ich schon Krel am Tresen stehen. „Ihr habt mich vergessen!“ schmetterte er mir entgegen. Wir hatten das bis hierher noch gar nicht bemerkt. Alle dachten der Herr liegt in seiner Koje und schläft seinen Rausch aus. Auf jeden Fall hatte er Glück im Unglück. Ein überaus hilfsbereiter Trucker hat Krel eingesammelt und am Stadtrand von Berlin abgesetzt. Von hier aus noch mal ein herzliches „Dankeschön“ an den Fernfahrer, von dem sich Krel nicht mal den Namen, oder das Kennzeichen, oder die Spedition gemerkt hat. So konnten wir uns im Nachhinein nicht mal richtig bedanken.
Schön war auch als Busch´n damals im Westpoint-Club zu Parchim in die Bühne eingebrochen ist, oder als Gunnar seinerzeit..., aber lassen wir das, das führt zu nichts!
Könnt ihr durch die Touren und euer eigenes Plattenlabel eigentlich von der Mucke leben, oder müsst ihr noch geregelten Jobs nachgehen (solange man dies als Punk darf)?
Wir leben seit einigen Jahren von der Musik und dem was so darum herum läuft. Wir machen ja alles selbst. Label, Booking, Merchandise usw. Mittlerweile hat Stefan eine eigen Textildruckfirma, wo er auch Sachen für andere Bands oder Firmen macht. Krel betreibt unseren Internetshop und ich buche teilweise noch Konzerte für andere Bands.
Welche Bands haben euch in euerer Anfangszeit beeinflusst und welche Combos kannst du dir heutzutage gut anhören?
Toxoplasma, Hass, Slime, Motörhead, Iron Maiden, AC/DC, Judas Priest, Fliehende Stürme, New Model Army usw. (natürlich auch die unten aufgeführten Bands).
Nenn mir doch mal deine 5 aktuellen Lieblingsplatten und 5 unsterbliche Klassiker.
Aktuell:
Die Skeptiker – Fressen und Moral
Einstürzende Neubauten – Alles wieder offen
Wolfmother – Cosmic Egg
Die Goldenen Zitronen – Die Entstehung der Nacht
The Sounds – Dying To Say This To You
Klassiker:
Die Toten Hosen – Bis zum bitteren Ende
Ton Steine Scherben – Keine Macht für niemand
AC/DC – Highway To Hell
Die Skeptiker – Harte Zeiten
The Exploited – Beat The Bastards
Gibt’s noch was zu sagen, wonach ich nicht gefragt habe?
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein gutes Jahrzehnt!
Glück auf!