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Interview mit Alicate

Manchmal brauchen Dinge einfach etwas Zeit. Für die Schweden ALICATE sollte der Titel der 1989 veröffentlichten 7“ „The End“ zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Zwar folgte noch eine Tour im Vorprogramm von IAN GILLAN, doch 1992 war dann Schluss. Endgültig wie es schien.
Es sollte bis 2006 dauern, bevor die Gründungsmitglieder Jonas Erixon (Git./Vocals) und Fredrik Ekberg (Bass) wieder zusammenkamen, um an neuem Material zu arbeiten. Verstärkt wurde das Duo nun von Keyboarder Glenn Ljungkvist (mittlerweile durch Marcus Zerath ersetzt) sowie Schlagzeuger Jesper Persson. Im November 2009 erblickte mit „World of Anger“ dann das Debüt der Schweden das Licht der Welt. Im selben Jahr hatte man die Rückkehr bereits mit einem gefeierten Auftritt beim legendären SWEDEN ROCK begangen.
In den 2010ern folgten mit „Free Falling“ und „Unforgiven To Be Forgiven“ zwei weitere Alben, bevor sich die Band entschloss, die stilistischen Stellschrauben etwas zu justieren. Das Resultat hört man auf dem 2022 erschienenen „Butterfly“, welches deutlich rockiger und melodiöser ausfiel als die Vorgänger. Mehr Hooks, mehr Melodien, mehr 80er Vibe. Ein Weg, den man nun auf „Heaven Tonight“ konsequent weiterverfolgte, wie Drummer Jesper im Interview bestätigt: "Ganz genau. Wir haben genauso gearbeitet wie damals und die Alben wurden im Abstand von nur einem Jahr geschrieben.“ Aufgenommen wurde in denselben Studios und Jesper zeigt sich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden: „Wir sind mit beiden Alben sehr zufrieden. Wenn dir „Butterfly gefallen hat, wirst du auch „Heaven Tonight“ mögen. Meiner Meinung nach kracht das neue Album allerdings noch mehr.“ Eine Einschätzung, die ich durchaus bestätigen möchte."

Allerdings waren die Bandmitglieder auch jenseits von ALICATE nicht untätig und haben Songs u.a. für GIANT, Geoff Tates SWEET OBLIVION oder SKILLS mit Billy Sheehan und Brad Gillis geschrieben. Dennoch liegt der Hauptfokus der Bandmitglieder auf ALICATE, wie Jesper bestätigt: „Alicate ist unsere Hauptband, auch wenn wir nebenbei an anderen Projekten arbeiten. Ich habe beispielsweise kürzlich bei JANNE STARKs Projekten MOUNTAIN OF POWER und BANDOLIER KINGS mitgemacht. Außerdem habe ich auf Oz Hawe Petersson's Rendezvous' kürzlich erschienenen selbstbetitelten Debüt Schlagzeug gespielt. Unser neuer Keyboarder Marcus Zerath spielt außerdem Bass bei OSUKARU.“

Während ich „Butterfly“ zwar im Regal stehen habe, muss ich zugeben, dass die Vorgängeralben an mir vorbeigegangen sind. „Heaven Tonight“ hat mich dann sofort umgehauen und ich bilde mir ein, tonnenweise coole Einflüsse herauszuhören. Da liegt es auf der Hand, dass ich Jesper um einige Kommentare zu verschiedenen Bands bitte. Doch zunächst wird der Drummer ein Lob für die Arbeit des aktuellen Labels der Band los: „Viele Leute sagen, dass sie uns mit „Butterlfy“ oder nun mit „Heaven Tonight“ entdeckt haben. Das bedeutet wohl, dass unser Vertrieb „Pride&Joy“ einen brillanten Job erledigt. Hör dir die ersten drei Alben trotzdem mal an. Sie klingen ziemlich anders, aber man kann dennoch hören, dass es sich um dieselbe Band handelt.“ Den Ratschlag gebe ich so gerne auch an die Leser weiter. Doch nun zu einigen der möglichen Einflüsse:

a) WHITESNAKE
„Whitesnake waren ein großer Einfluss für jeden in der Band, aber vor allem für Jonas: Sowohl Mr. Coverdale als Sänger und Songwriter, aber auch John Sykes als Gitarrist. Tommy Aldrige, Ian Paice und Cozy Powell gehören zu meinen Lieblingsdrummern. „1987“ und „Slip of the Tongue“ sind sicherlich unsere Favoriten.“

b) PAUL SABU (und hier denke ich vor allem an das selbstbetitelte Album „Sabu“ aus dem Jahr 1996)
„Es könnte jetzt etwas peinlich sein, aber ich habe noch nie einen Song von ihm gehört. Ich werde ihn aber sicherlich mal antesten. Den Namen kenne ich, denn der taucht ja immer mal wieder auf.“

c) BONFIRE
“Ich würde nicht sagen, dass die Band ein besonders großer Einfluss für uns war. Allerdings habe ich mit „Fireworks“ und „Point Black“ sehr oft angehört. Es sind großartige Alben und vermutlich haben sie sich irgendwie in unsere DNA gemischt.“

d) EUROPE
“Sicherlich eine Lieblingsband von jedem in der Band. Da wir auch aus Schweden kommen, sind sie ein wenig wie Helden für uns. Allerdings muss ich dann auch TREAT als großen Einfluss nennen. Beide Bands haben nie ein schlechtes Album aufgenommen!“

e) Y&T
„Ich weiß nicht, wie es den anderen Jungs in der Band geht, aber ich habe mir Y&T sehr häufig angehört – und die anderen sicherlich auch. Kleine Anekdote: Als ALICATE 1992 für IAN GILLAN eröffnet haben, war Leonard Haze (R.I.P.) (Gründungsmitglied von Y&T – TZ) der Drummer bei GILLAN.“

Auch optisch knüpfen ALICATE an alte Hard Rock Traditionen an und haben sich für ein Coverartwork entschieden, welches eine Gesteinsgruppe á la Monument Valley zeigt, sowie eine lange, einsame Straße unterm Sternenhimmel. „Unser guter Freund Janne Stark (u.a. LOCOMOTIVE BREATH, MOUNTAIN OF POWER – TZ) hat das Cover gemacht. Es fasst die Lyrics des Titelsongs in einer guten Weise zusammen. Es passt außerdem gut zum Genre und wenn man das Cover sieht, dann weiß man gleich, was man bekommt.“
Trotz guter Alben fristen ALICATE gewissermaßen ein Nischendasein und in den aktuellen großen deutschen Printmagazinen Metal Hammer und Rock Hard wurde „Heaven Tonight“ leider gar nicht berücksichtigt. Anders erging es den Landsleuten von NESTOR, die sich zwar auch bereits 1989 gegründet hatten, ihr Debüt „Kids in A Ghost Town“ aber erst 2021 vorlegten und damit überall einschlugen wie eine Bombe. Für mich nicht ganz nachvollziehbar, weshalb sich Fans und Fachleute so auf NESTOR stürzten und man den Eindruck gewinnen musste, dass die Band aus Falköping das Genre neu erfunden hatte. „Wir lieben NESTOR. ALICATE und NESTOR haben ja irgendwie dieselbe Hintergrundgeschichte.“, erklärt Jesper. „Beide Bands wurden in den 80er gegründet, nahmen eine Auszeit als Grunge kam und haben sich dann Reformiert und großartige Musik gemacht. NESTOR haben ihren Erfolg definitiv verdient. Sie sind eine grandiose Liveband und machen tolle Videos.“
Und auch ALICATE zieht es zurück auf die Bühne, wie Jesper erklärt: „Wir werden versuchen, „Heaven Tonight“ möglichst viel auf die Bühne zu bringen. Wir spielen am 6. April in Ängelholm und werden auch eine Release-Party machen. Im Juli spielen wir beim Malmö Melodic Festial, was eine super Party werden wird. Für den Sommer und Herbst buchen wir gerade mehr Auftritte, bleibt also am Ball. Wir denken auch, dass es sehr cool sein würde außerhalb Schwedens zu spielen.“

Davon gehen wir aus und ich hoffe, dass wir ALICATE auch auf deutschen Bühnen zusehen bekommen werden. „Heaven Tonight“ gehört jedenfalls auf die Bühne und für mich schon jetzt zu den besten Alben im Genre Hard Rock des Jahres 2024. Unbedingt antesten!

Bild Copyright:
Alicate

Infos

  • Erstellt am

    03. April 2024
  • Line Up

    Recording Line-Up

    Jonas Erixon - vocals and guitars
    Fredrik Ekberg - bass
    Glenn Ljungkvist - keys
    Jesper Persson - drums

    Aktuelles Line-Up
    Jonas Erixon - vocals and guitars
    Fredrik Ekberg - bass
    Marcus Zerath - keys
    Jesper Persson - drums
  • Redakteur

    Thorsten Zwingelberg