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Nachdem das Twilight- Magazin nach ein wenig Abstinenz 2023 das erste Mal wieder auf dem M’era Luna gastierte, haben wir es uns auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen, wieder vor Ort zu sein. Das “Familientreffen der schwarzen Szene” lockte auch in 2024 25.000 Leute bei bestem Wetter auf das Flugfeld von Hildesheim und war in Rekordzeit ausgebucht. Ein Umstand, der sich auch für das Jubiläumsjahr 2025 abzeichnet, bereits jetzt befindet sich der Vorverkauf in der letzten Preisstufe.

Bereits am frühen Freitagabend begann das reichhaltige und abwechslungsreiche Rahmenprogramm. Wer keine Lust auf “Tanz auf dem Mittelaltermarkt” hatte, konnte Lord of the Lost- Frontmann Chris Harms beim Crypt Talk zuhören und Fragen stellen. Im Anschluss gab es Lesungen von Markus Heitz, Lydian Bennecke und Christian von Aster. Wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte sich die Nacht in der M’era Luna Disco um die Ohren schlagen.

Samstag

Nachdem sich der Sommer am Freitag noch eine kleine Auszeit genommen hat, erstrahlt das Festivalgelände am Samstag wieder im Sonnenschein. Dementsprechend gut gelaunt präsentierten sich die Gewinner des diesjährigen Newcomer Contest, “Re.Mind”. Trotz der frühen Uhrzeit war das Publikum zahlreich vor der Bühne versammelt und konnte sich davon überzeugen, dass die drei Männer aus Leipzig mit 80’s Style Synthpop den Wettbewerb nicht umsonst gewonnen haben. 

Mit  den Dark Rockern von “Schwarzer Engel” wurde es im Anschluss düsterer und brachialer. Präsentiert haben sie dem Publikum ihr neues Album “Höhere Gewalt” das am 26.07. released wurde. 

Auch die Schweizer von “Hell Boulevard” haben ihr neuestes Werk “Requiem” im Gepäck. Mittlerweile ist das Infield auch gut gefüllt und die Menge ließ sich zu “In Black We Trust” oder “Satan In Wonderland” mitreißen.

“Lacrimas Profundere” machten vor zwei Jahren von sich Reden, als sie als “Ersatzband” eingesprungen sind und einen unvergesslichen Auftritt hinlegten. Mit “Neuzugang” Julian Larré, der seit 2018 das Mikrofon schwingt, zeigen sich die Bayern hochenergetisch und fast hyperaktiv. Julian, der ganz nebenbei auch ein echter Blickfang ist, rennt, springt und tanzt über die Bühne und durch den Graben, als gäbe es keinen Morgen. Musik wurde natürlich auch gespielt, und so gab es neben Klassikern wie “My Release in Pain”, neueren Stücken wie “A Cloak Woven of Stars” auch die neuste Single “Shimmering”.

Ein wenig gediegener wurde es dann mit  “Die Herren Wesselsky”, dem frischesten Baby und Soloprojekt von Megaherz und Eisbrecher- Gründer Alex Wesselsky. Und so gab es eben genau das, Werke aus seiner frühen Schaffensphase der Megaherz- Zeit. Deutlich zurückgenommen, cool und lässig aber durchaus schwungvoll zeigte und Herr Wesselsky “Hurra, wir leben noch”.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie nervös ich als langjähriger Fan vor der ersten Single von “Oomph!” nach der Trennung ihres früheren Sängers war. Ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern, wie nervös Daniel “Der Schulz” Schulz vor dem ersten Konzert als neuer Frontmann war. Davon ist an diesem Nachmittag nichts mehr zu sehen. Daniel ist nicht nur in die Rolle hineingewachsen, er hat sie eindeutig erobert. Selbstbewusst, rotzig, druckvoll und souverän traten die Niedersachsen an diesem Nachmittag auf. Kleiner Wermutstropfen: Das Set bestand bis auf “Soll das Liebe sein” und “Wem die Stunde schlägt” vom neuen Album fast nur aus Klassikern, aber was will man auch alles in 40 Minuten Bühnenzeit quetschen mit dem Backkatalog aus 30 Jahren Musik? 

Der Schulz hat seine M’era Luna Feuertaufe jedenfalls mit seiner Stimme, seinem sympathischen Auftreten und seinem mittlerweile schon obligatorischen Croudsurfing mit Bravour bestanden.

Den ersten einer Reihe emotionaler Auftritte hatten im Anschluss “Hämatom”, die vor einem Jahr tragisch ihren Bassisten West verloren haben. Dass sich solch ein Schicksalsschlag aber nicht nur durch Trauer und Verzweiflung, sondern auch durch die Flucht nach vorn, Mut und Wut verarbeiten lässt, zeigen uns die Maskenträger, ergänzt durch Neuzugang Rose am Bass, auf eindrucksvolle Art und Weise. Eingestimmt durch ein Einhorn, dem Einstieg mit dem Lied der “Gummibärenbande”, welches lautstark vom Publikum mitgesungen wurde und jeder Menge Feuer heizte die Band wortwörtlich ein. “Gott muss ein Arschloch sein” Mit diesem Song und diesem Auftritt baute “Hämatom” ein Denkmal für West. Im nächsten Jahr erscheint mit “Für Dich” die musikalische Aufarbeitung ihres Verlustes. Natürlich haben Hämatom sich nicht auf dieses Thema beschränkt, sondern spielten neben “Wir sind Gott”, “Kids” auch ihre neusten Veröffentlichungen “Ein auf den Tod, zwei auf das Leben” und “Diego Maradonna”

Einen Auftritt der Marke "Sperrig" hatten die Folgenden “Deine Lakaien”. Die Dark Wave und Avantgarde Urgesteine spielten neben Hits auch Werke ihrer frühen Schaffensphase, machten es ihrem Publikum aber manches Mal nicht leicht. Anerkennen muss man aber besonders die Leistung vom Instrumentalisten Ernst Horn, der trotz fortgeschrittenen Alters mit einer unglaublichen Energie die Tasten bediente.

Wer von den sanften Klängen von “Deine Lakaien” ein wenig eingeschlummert ist, wurde spätestens durch “Saltatio Mortis” abrupt aus der Schlafphase geballert. Das Infield war zu diesem Zeitpunkt fast bis auf den letzten Platz gefüllt und das Publikum in Feierlaune. “SaMo” haben es sich dann in ihrem Set auch nicht nehmen lassen, diesen Ruf nach ausgiebiger Party aufzugreifen und das Publikum ausflippen zu lassen. “We Might Be Giants”, “Für immer jung” und “Loki” gehörten ins Set, genauso wie das epische “Finsterwacht” vom aktuellen und gleichnamigen Album. Der Funke sprang vom ersten Ton aufs Publikum über.

Ihren letzten Auftritt auf dem M’era Luna spielten die EBM- Pioniere von “Front 242”. Die Band steht seit den frühen 80ern auf der Bühne und hat ihren Abschied angekündigt. Im Herbst steht ihre letzte Tournee auf dem Programm, mit der man sich nach über 40 Jahren auf der Bühne verabschiedet. Angesichts ihrer Spritzigkeit auf der Bühne mag man kaum glauben, dass man hier gerade ein letztes Mal “Body to Body” und “Headhunter” live erleben durfte. “Thank you for all these years being here. Thank you so much, Germany!” Emotional fällt der Abschied von Sänger Jean Luc De Meyer aus.

“Ihr schönen Menschen”, so begrüßt Alexander Spreng, Kopf und Mastermind hinter “ASP”, traditionell sein Publikum. “ASP” ist Dauergast beim M’era Luna, allerdings auch völlig zurecht. Zwar zweifelt er, wie bei jedem Auftritt auf dem Festival, seine Berechtigung an, da er aus eigenem Verständnis zu wenig “Goth” ist, das heißt aber nicht, das die Gothic Novel Rocker nicht trotzdem immer Highlight und würdiger Abschluss für einen langen Festivaltag sind. Eingeführt wurde “ASP” an diesem Abend durch einen in roten Roben verhüllten Chor. Im Anschluss folgte ein opulenter Querschnitt und Best Of mit beeindruckender Feuershow durch ihre 25 jährige Karriere.

Sonntag

Der Sonntag ging schwungvoll los mit hochmotivierten Newcomern namens “JanRevolution”. Leider hatten sie, wie alle frühen Slots, nicht viel Zeit, dieser Auftritt machte nämlich Lust auf mehr. Sänger Jan nutzte jeden Zentimeter der Bühne voll aus und zeigte, das er richtig Bock hatte, das Publikum aufzuwecken. Während sie ihre melodischen und von persönlichen Erfahrungen geprägten ElectroPop- Songs spielten, tanzte und flog er über die Bühne und animierte das Publikum, ihre noch müden Knochen zu bewegen.  “Sie haben mir gesagt, ich kann diese große Bühne nicht einnehmen. Und ich kann es doch!”. sagte er, während der letzte Song uns zwar nicht durch die Nacht, aber durch den Tag tragen wird (“Chasing through the Night”)

“Erdling” schlagen mit “Blitz und Donner” in eine ganz andere musikalische Kerbe und überzogen das trotz der frühen Tageszeit schon zahlreich vor der Bühne versammelten Menge mit ihrem NDH- Sound. 

Optisch komplett verändert betrat im Anschluss “Stahlmann” die Bühne. Ihr ganz in Silber gehaltener Look ist düsterer Endzeit- Optik im Stile von Mad Max gewichen und auch sonst gab es Neuigkeiten. So erscheint am 23.08 ihr neues Album “Phosphor”, aus dem sie uns neue Songs präsentieren, und dann geht es auch schon auf Tour, um ihr 15 jähriges Jubiläum zu feiern.

Nach zwei relativ harten NDH- Acts, die die Menge ordentlich anheizen, gaben uns “Zeraphine” im Anschluss ein wenig Gelegenheit zur Entspannung. Die mittlerweile auch schon 23 Jahre alte Band, die sich aus den “Dreadful Shadows” gegründet hat, zeigte uns mit den Songs “Be my Rain” oder “Still” die melancholische Seite der Szene. Trotz der Melancholie waren aber sowohl Sven Friedrich und seine Männer als auch das Publikum an diesem heißen, sonnigen Nachmittag in bester Feierlaune.


(Copyright Giulia Claußen)

Diese übertrug sich dann auch gleich beim sehr selbstbewussten Auftritt von “D’Artagnan”. Die “Musketier- Folkrocker” sind zwar Neulinge in Hildesheim, Frontmann und Rampensau Ben Metzner (Feuerschwanz) hat aber genug M’era Luna Erfahrung und peitschte die Menge nach vorn. Es wurde gerudert zu Piratenthemen, mitgeschunkelt zu den Hits und bei bekannten, weil gecoverten Songs (“Was wollen wir trinken”, “Hey Brother”) lautstark mitgesungen.      


(Copyright Giulia Claußen)

Mit den “Deathstars” durfte das Publikum jetzt schwedischen Metal erwarten, die einen soliden und durch starkes Posing geprägten Auftritt hinlegten.


(Copyright Giulia Claußen)

Eines der emotionalen Highlights des Festivals bekamen wir durch “Schandmaul”. Sänger Thomas, immer noch gezeichnet von seiner schweren Krankheit, berichtet, dass er im letzten Jahr noch nicht sicher war, ob er überhaupt jemals wieder auf einer Bühne stehen würde. Gott sei Dank tut er es heute, aber die Kraft zum Singen reicht leider noch nicht aus. Deswegen wurde der Gesangspart am heutigen Nachmittag von Ex- Russkaja Frontmann Georgij Makazaria übernommen. Thomas unterstützte derweil an der Gitarre und am Keyboard. Georgij, dem eine anfängliche Nervosität anzumerken war, fand sehr schnell rein und ließ sich vom Publikum unter anderem zu “Bunt und nicht braun”, “Knüppel aus dem Sack”, “Hexeneinmaleins”  oder der “Tafelrunde” tragen. Dabei kam immer auf charmante Art der Akzent von Georgij zum Vorschein. Es war einfach schön, Schandmaul mal wieder live zu erleben, aber vor allem Thomas auf der Bühne stehen zu sehen.


(Copyright Giulia Claußen)

Scheinbar wollte jeder das Spektakel der folgenden Band verfolgen, das Infield war zu diesem Zeitpunkt fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Und Chris Harms, Fronter von “Lord of the Lost”, dachte sich, man müsse dem Ruf nach Spektakel einfach folgen. Harms selbst glitzerte wie eine Discokugel, und die Band verwandelte den Auftritt kurzerhand in ein Grillfest für die Fotografen. Feuerwerk, Funkenregen, riesige Flammensäulen, man bot alles, was Bühnenpyro zu bieten hat, in einem Übermaß auf. So spektakulär die Show war, war auch der gesamte Auftritt. Lord of the Lost sind hervorragende Musiker, sie sind vor allem eine fantastische Liveband, die das Publikum mitnimmt, animiert und begeistert. So war der Gesang bei “Loreley” sehr laut, und das abschließende Händemeer bei “Blood and Glitter” gewaltig.


(Copyright Giulia Claußen)

Den vorletzten Auftritt an diesem Abend hatten alte Bekannte. Die Symphonic Metaller von “Epica” rund um Frontfrau Simone Simons trat das letzte Mal 2008 auf dem M’era Luna auf. Es machte allerdings den Anschein, als hätten sie es vermisst. Frontfrau Simone strahlte eine unfassbare Freude aus, wieder einmal auf dem Flugfeld in Hildesheim zu sein. Als ausgewiesene Metalband war dieser Auftritt für die Fans von Headbanging und Wall of Death.

Der letzte Auftritt gehörte ebenfalls einem Dauergast. Musikalischer und emotionaler Höhepunkt und Abschluss des diesjährigen M’era Luna gestaltete “VNV Nation”. Und an dieser Band kann man sich einfach nicht sattsehen und hören. Schnelle, tanzbare Tracks wie “Chrome” und “Control” wechselten sich ab mit zu Tränen rührenden Songs wie “Illusion”, “Gratitude” und “Nova”, zu denen laut mitgesungen und mitgeheult wurde.. Das Lichtermeer zu “Nova” ist, wie immer, ein unglaublicher Gänsehautmoment. Sänger Ronan ist so begeistert, das er diesen Moment auf seinem Handy festhält. Und so neigt sich zu “All our Sins” dieses Festival dem Ende zu. Eingehüllt wie in eine warme Decke von VNV Nation erklingen die letzten Takte des M’era Luna 2024.

Bleiben mir noch ein paar abschließende Worte. Am besten werden Veranstaltungen ja, wenn man nichts erwartet. Und das habe ich ehrlicherweise im Vorfeld auch nicht besonders. Es ist musikalisch in der Szene wenig Bewegung drin, die Bands sind 15, 20, 30 Jahre oder im Falle von Front 242 noch viel länger auf den Bühnen unterwegs, sodass es zwangsläufig dazu kommt, dass dieselben Bands regelmäßig in Hildesheim auftreten. Darüber hinaus kommt, und über diesen Punkt wurde in unserer Ecke des Publikums diskutiert, ob Bands wie D’Artagnan nicht eher dem Partyschlager zuzuordnen sind und so richtig einfach nicht passen wollen und dieses Bild leider durch Coversongs aus dem Pop und Schlagerbereich noch unterstützt haben.
Und trotzdem war dieses Wochenende einfach gut. ASP mit ihrer Inszenierung und VNV Nation durch die transportierten Emotionen können einfach nicht enttäuschen. Dass es einen Newcomer Wettbewerb gibt, dessen Gewinner die beiden Tage eröffnen, ist eine super Sache. Und eine Band wie JanRevolution wird aufgrund ihrer tollen, persönlichen Musik, aber auch ihres unfassbar beherzten Auftritts im Kopf bleiben. Wir haben mitreißende Auftritte gesehen, wir haben aber auch tragische Geschichten gehört, und aus allem haben wir das Beste gemacht, was wir an diesem Wochenende einmal im Jahr machen können, eine riesige, schwarze, in Teilen verrückte Familienfeier. Wer jemals 25.000 Leute die Gummibärenbande singen hören möchte, während vorn auf der Bühne ein riesiges Einhorn tanzt, der ist hier richtig.

Danke an dieser Stelle an FKPSkorpio, das wir wieder dabei sein durften und danke an Kai, unseren Security- Knuddelbären am Pressebereich für Sitzplatz, Schatten und so manchen lustigen Moment.

Bleibt noch zu sagen, dass die ersten Bands für das nächste Jahr bereits bestätigt sind. Der Vorverkauf geht allerdings durch die Decke und wie einleitend erwähnt befinden wir uns zum jetzigen Zeitpunkt schon der letzten Preisstufe.

(Copyright Besuchergallerie Sabrina Ahrens)

mera2025

  

     

Kategorie

Headliner

ASP, VNV Nation, Front 242, Epica

Besucher

25.000

Ort

Flugplatz Hildesheim - Drispenstedt

Line Up

ASP, VNV Nation, Front 242, Epica, Saltatio Mortis, Lord of the Lost, Deine Lakaien, Schandmaul, Hämatom, Deathstars, London after Midnight, Die Krupps, Suicide Commando, [:SITD:], Combichrist (Oldschool Set), Oomph!, D´artagnan, Assemblege 23, Die Herren Wesselsky, Zeraphine, She Past Away, Welle: Erdball, Funker Vogt, Das Ich, Lacrimas Profundere, Stahlmann, The Cassandra Complex, [X]- RX, S.P.O.C.K., Future Lied To Us, Centhron, Hell Boulevard, Schwarzer Engel, Erdling, Eden weint im Grab, Rroyce, Steril, Extize, JanRevolution

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Redakteure
Sven Niemeyer