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Mantar, Skeletonwitch, Evil Invaders & Deathrite
| Jens Dunemann | Konzerte
Der Konzertabend beginnt verkehrsbedingt mit einer Punktlandung zum Intro von DEATHRITE. Die Sachsen, die ich auf keinen Fall verpassen wollte, empfehlen sich auf dieser Tour nach der kürzlichen Veröffentlichung ihres jüngsten Werkes "Nightmares Reign" für höhere Weihen und verlassen sich dabei vollständig auf das Material von eben jenem Geniestreich. Eine durchaus risikofreudige Entscheidung, erschließt sich doch der ranzige, faulige Rock ´N´Roll-beeinflusste Death Metal nicht unbedingt beim ersten Hören. Mit dem einen oder anderen gradlinigem Song aus der Death-/Crust-Grind-Ära der eigenen Historie hätte man es sich sicher deutlich einfacher machen können, das Publikum der sich langsam füllenden Location auf die Seite zu ziehen. Aber Deathrite erfinden sich halt immer wieder neu und haben folglich auch kaum Probleme, mit dem neuen Material zu früher Stunde in Hannover zu bestehen. Mit neuem Bassmann, der sein Instrument ordentlich und schön knarzig pumpen lässt und einem zweiten Gitarristen führt die Band den Death `N´Roll auf den "Left Hand Path" zurück und kreiert eine abgrundtief-morbide Todesmetall-Atmosphäre, wobei die Musik selbst mittlerweile wesentlich vielschichtiger und facettenreicher ist als es die Wurzeln des Quintetts sind. Die zweite Gitarre ist zweifelsohne eine Bereicherung. Insbesondere bei den schrägen Leads und Soli harmonieren und ergänzen sich Andy und Tom sehr gut, auch wenn die Klampfen gemeinsam deutlich mehr hätten sägen müssen. Tony ist zwar keine klassische Rampensau aber trotzdem ein unheimlich charismatischer Frontmann, der von seinem kräftigen Organ und seinen dezenten Gesten lebt, während Beff an den Trommeln das Fundament für den halsbrecherischen Deathrite-Groove legt. Auch wenn mir die Jungs auf dem Underground Remains Open Air im Sommer konstellationsbedingt wesentlich besser gefallen haben, so zieht man sich in der Opener-Position beachtlich bis amtlich aus der Affäre und provoziert sogar einige Zugabenforderungen. Und neues Album hin oder her: "Where Evil Arises" wäre zum Schluss Pflicht gewesen.
deathrite
Was folgt ist eine belgische Machtdemonstration. Dabei ist es gerade ein Jahr her, dass EVIL INVADERS im Vorprogramm von Grand Magus zu Gast im Musikzentrum Hannover waren. Obwohl mich die Band bei dieser Show schon schwer beeindruckt hatte ist diese explosive Mischung aus klassischem Heavy und Thrash Metal, überragenden technischen Fähigkeiten verwoben mit einer absolut, bösartigen, venomesquen (nicht nur wegen des "Witching Hour"-Covers) Besessenheit kaum in Worte zu fassen. Was hier auf der Bühne passiert ist ein beängstigend-intensives Fegefeuer, dass mich verstört wie begeistert zurück lässt und mich dazu animiert, mich endlich mit dem Studio-Material des Vierers auseinander zu setzen. Diese Performance ist mehr als ein Statement, sondern ein herausragender Punktsieg. Zunächst einmal gegenüber den Amis von SKELETONWITCH, an denen sich Kollege Trille schon die Finger wund geschrieben hat. Mir selbst sind sie noch nicht geläufig, wobei ich sie stilistisch als "früher Göteborg-Style meets Thrash Metal" einordnen würde.
evil invaders
Zumal Sänger Adam nicht nur optisch einem gewissen Tompa ähnelt, auch wenn er stimmlich nicht so variabel und extrem agiert. Hier und da sind noch ein paar Schwarzmetall-Einflüsse heraushörbar. Aber obwohl die Jungs in der Co-Headliner-Position vom Publikum ordentlich abgefeiert werden ist sind mir viele der Songs zu gleichförmig, so dass in der guten Stunde des Gigs deutliche Längen aufkommen. Da mag sich Adam noch so gut ins Zeug legen, beeindruckender ist da doch die lässige wie knochentrockene Drum-Performance von Wandertrommler James Stewart, der u. a. bei Vader aber auch bei den Niedersachsen von Deny The Urge die Stöcke schwingt. Ich möchte die Leistung von Skeletonwitch hier keineswegs schmälern aber in Sachen Eigenständigkeit (Deathrite, Evil Invaders, Mantar) und Intensität (Evil Invaders) ziehen sie in diesem musikalisch großartigen Billing aus meiner Perspektive eindeutig den Kürzeren.
skeletonwitch
MANTAR hingegen stehen als Headliner nicht nur stilistisch komplett für sich selbst. Hanno und Erinc haben mit ihrem dritten Album "The Modern Art Of Setting Ablaze" noch einmal einen gewaltigen Schritt nach vorn machen können und den ohnehin schon einzigartigen Stil aus (Black)Metal, Stoner Rock, Punk/Crust und Noise weiter verfeinert. Und das zieht an. Zwar ist das Musikzentrum nicht ausverkauft aber rappelvoll und das an einem Montag Abend. Vor der Bühne ist kaum noch ein Durchkommen, als Mantar loslegen. Die selbsternannten Langzeitarbeitslosen haben es eigentlich nicht nötig, ihr Publikum mit Whisky zu bestechen. Trotzdem nimmt Hannover die Verkostung dankend an, während das Duo, das sich auf der Bühne wie gewohnt gegenüber steht, mit "Age Of The Absurd", "Seek + Forget", "Dynasty Of Nails", "Teeth Of The Sea" oder "Midgard Serpent" u. a. die eigentlichen Argumente liefert, die Halle in Schutt und Asche zu legen. Natürlich liegt auch hier der Schwerpunkt auf dem Material vom aktuellen Album obwohl natürlich auch die Gassenhauer der ersten beiden Scheiben nicht zu kurz kommen und sogar erfreulich viel vom Debut gespielt wird. Es dauert nicht lang bis die ersten Diver über das Publikum schweben, wobei Hanno die Crowd explizit dazu animiert, den Surfern das Erlebnis so nachhaltig wie möglich zu machen. "Era Borealis" leutet das Finale ein, das von "White Nights" und "Beserkers Path" gekrönt wird. Zugaben gibt´s nicht bei einem starken Gig, obwohl ich auch Mantar schon wesentlich intensiver gesehen oder erlebt habe.
mantar
Insgesamt war es aber ein bärenstarker Konzertabend, mit abwechslungsreichen Bands, bei der keine der anderen glich und jede Formation ihren Beitrag geleistet hat. Sowohl auf, als auch vor der Bühne konnte man eindrucksvoll erleben, wie quicklebendig die Szene ist.
Ort
Musikzentrum - Hannover