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  • Motörhead, Anthrax, Diaries of a Hero

    | Thorsten Zwingelberg | Konzerte

Leise rieselt der Schnee… doch am Dienstagabend war kein Platz für leise Töne: Motörhead hatten sich für ein Gastspiel in der Landeshauptstadt angesagt. Und Lemmy & Co brüsten sich ja bekanntlich eher damit die Dezibelrekorde von Manowar noch in den Schatten zu stellen.

Die Tore der AWD Arena sollten sich um 17.30 Uhr öffnen, so dass die erwarteten ca. 5000 Motörheadbanger auch rechtzeitig ihre Plätze im Inneren der Halle einnehmen könnten. Doch da hatte man die Rechnung mal wieder ohne den Wirt gemacht: entgegen weitläufiger Annahmen besteht das Publikum der Briten doch nicht nur aus versoffenen Arbeitslosen – die hätten sich den Eintrittspreis von fast 50 Euro wohl auch kaum leisten können – und so musste man sich auch 10 Minuten nach dem offiziellen Konzertbeginn um 19 Uhr noch in eine sehr lange Schlange einreihen. Mit immerhin drei Bediensteten tasteten sich die Secus dann durch die Meute der Musikbegeisterten, so dass man ca. 40 Minuten bei klirrender Kälte und erfrischendem Nieselschneeregen genug Zeit hatte, um vor dem musikalischen Inferno noch ausführlich vorweihnachtliche Zwiesprache mit dem Schöpfer zu halten. Und wie es nun mal so ist, zeigt einem der Herr auch umgehend die guten Seiten einer vermeintlich schlechten Situation: die Engländer von DIARIES OF A HERO waren mit ihrem Postcoregeschrubbe längst schon wieder in den Katakomben des Backstagebereichs verschwunden, als wir gegen kurz vor 20 Uhr endlich ins Halleninnere gelangten.

 

Bereits im Vorraum hörte man die mächtigen Riffs von „Caught in a Mosh“ – es war also höchste Zeit, um sich durch die Menge in Richtung Bühne vorzukämpfen. Und ANTHRAX sind einfach einen Konzertbesuch wert. Abgesehen davon, dass das New Yorker Riffpendant zu Exodus mit einer sehr überzeugenden Setlist auftrumpfen konnte, präsentierte man sich auch überaus spielfreudig. Frontsirene Joey Belladonna tobte wie ein Irrer, der gerade mittels Zeitmaschine aus den 80igern angereist war, über die Bühne. Scott Ian führte seinen berühmten Rundlauf auf seiner Bühnenhälfte auf. Und der Rest der Band moschte, poste und metalte vor sich hin, dass es eine echte Freude war. Selbst die Songs des letzten Albums wirkten Live wirklich gut. Dank des fetten Sounds waren es aber vor allem die mörderischen Riffs von Songs wie „Indians“ und „Madhouse“ die das Herz des Thrash Fans zum Rasen brachten. Selbstverständlich durften die Coverversionen von „Antisocial“ und „Got the Time“ nicht fehlen. Mit „Deathrider“ hatte man einen Song der ganz frühen Tage ausgegraben. Mir persönlich wäre zwar „Metal Thrashing Mad“ lieber gewesen, aber so war es auch okay. Und als schließlich die ersten Töne des mächtigen „I am the Law“ aus den Boxen dröhnten, war ohnehin klar: ANTHRAX sind nach den jahrelangen Querelen wieder zurück – und zwar in Bestform!

 

Klogang und Fachgespräche mit anwesenden Szenegrößen dienten zur Überbrückung der Umbaupause. Dann war es Zeit für das Urzeittrio aus England: MOTÖRHEAD. Lemmy hatte sich im hintersten Winkel der Bühne postiert – noch einen Schritt weiter hinten und er hätte hinter den Boxen gestanden – und ließ sich von einem mächtigen Schlauch der Marke Bauknecht Wäschetrockner mit der nötigen Portion Sauerstoff versorgen. Mikkey Dee thronte hoch über den Dächern der Stadt hinter seinen Drums. Und für Phil Campbell galt an diesem Abend, was auch für das Heer von Fahrzeugführern jenseits der 80 gilt: mit Hut macht irgendwie alt.

 

Wie auch immer, das Trio legte los und Mikkey Dee war zweifelsohne der aktivste Musiker auf der Bühne, doch vor der Bühne wurden die Heroen so oder so abgefeiert. So kämpften sich die Urgesteine von einem Song zum anderen und spätestens „The Chase is better than the catch“ erwischte man sich dabei, dass die Augenlieder schwer wurden – offenbar aber auch bei dem ein oder anderen Bandmitglied. Songs wie „You better run“ braucht live nun wirklich kein Mensch – „The one to sing the blues“ übrigens auch nicht… doch Moment, ich schalte kurz zu unseren Korrespondenten Trillmich in die Zukunft und das Berliner Velodrom: „Ansonsten ist es gut wie immer - und von wegen alte Männer, ich finde dass es kaum einen Drummer mit mehr Feuer im Arsch gibt als Mikkey Dee. das hat auch mal wieder das Drumsolo gezeigt.“ – So weit gehe ich ja auch mit, getrommelt wurde amtlich und auch ein schlechter Song hält den kleinen Wirbelwind ja nicht davon ab wie eine aufgescheuchte Küchenhilfe mit dem Schneebesen durch seine Töpfe zu rühren. – Oh, ich höre, unser Mann in Berlin meldet sich nochmal zu Wort: „Sicher tollt Lemmy nicht mehr über die Bühne aber wer macht das schon mit Gesang und Instrument?? Gut, dass die Band die Setlist wieder mal umgestellt hat, schade, dass „Rock Out“ und „RAMONES“ nicht dabei waren.“ Das ist tatsächlich schade – oder „Motörhead“, „Orgasmatron“, „Rock’N’Roll“, „Eat the Rich“ oder andere gute Songs aus dem reichhaltigen Repertoire der Rocker. Und wer sich beschwert, dass die Band nur 70 Minuten gespielt hat, der hat mit Blick auf den Eintrittspreis womöglich recht, zum Erreichen der Tiefschlafphase reichte die Spielzeit aber allemal aus. Nun waren viele Fans sicher anderer Meinung als ich, aber für mich zeigte sich an diesem Abend mal wieder, dass Motörhead mittlerweile eher eine Band für die heimische Anlage als für die Liveerfahrung sind. Für mich war der motörheadsche Höhepunkt auf jeden Fall die Rückansicht der Damen vom Motörheadphones Stand in der Vorhalle.

 

Unterm Strich also ein Abend mit viel Schatten und ein wenig Licht und dieses strahlte fast ausschließlich von dem fulminanten Thrash Metal Veteranen ANTHRAX. Immerhin reichte die Endorphinausschüttung während des Thrash Gewitters aus, um mich versöhnlich auf die Heimreise Richtung Hildesheim zu schicken.

 

 

 

Ort

AWD-Arena , Hannover

Kategorie

Setlist

I Know How To Die

Damage Case

Stay Clean

Metropolis

Over The Top

The Chase Is Better Than The Catch

Rock It

You Better Run

The One To Sing The Blues

Going To Brazil

Killed By Death

Ace Of Spades

Are you Ready

Overkill

Spielzeit

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