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Opeth @Capitol, Offenbach
| Martin Storf | Konzerte
Was? 25 Jahre gibt’s die schon? Was? „Ghost Reveries“ ist schon 10 Jahre alt? So ist es hoffentlich nicht nur mir gegangen, als OPETH ihre Mini-Jubiläumstour angekündigt haben.
Fünf weit verteilte Konzerte sollten es werden, und glücklicherweise eins davon sogar im Rhein-Main-Gebiet. So musste ich nicht extra nach London reisen, sondern konnte mich eines feuchten Oktober-Freitagabends auf in Richtung des gemütlichen Offenbachs machen. Und egal, was für ein Image die Stadt hat, das Capitol, das sich OPETH als Auftrittsort ausgesucht haben, ist eines der schönsten Veranstaltungsorte im weiteren Umkreis. Einst als Synagoge genutzt, dann in ein elitäres Kino umgewandelt und nun als Konzert- und Theatersaal weiter verwendet, bietet es auf mehreren Ebenen (und Balkonen) Platz für knapp 2000 Leute. Trotz ausverkauftem Haus hat man aber immer genug Platz und gute Sicht. Lediglich die Fotografen dürfen nicht in den (vorhandenen) Fotograben, sondern werden auf das Rolli-Podest geschickt. Wusste gar nicht, dass die Band so eitel wegen ihrer Falten ist, dass man sie nur aus Entfernung fotografieren darf.
Schon vor dem Konzert sickerte durch, dass OPETH das Set zweiteilen werden und deswegen ohne Vorband auftreten. Das hat auch den Vorteil, dass die komplette Bühne, Sound und Beleuchtung auf die Band abgestimmt ist. Die Bühne ist spärlich mit künstlichen Kerzen dekoriert, im Hintergrund hängen statt eines Backdrops 3 LED-Leinwände, die eher zur sphärischen Untermalung eingesetzt werden.
Als das Quintett die Bühne betritt brandet zum ersten Mal Beifall auf. Wie angekündigt spielt die Band im ersten Set zum zehnjährigen Jubiläum das „Ghost Reveries“-Album in voller Länge. Los geht es also mit „Ghost of Perdition“ und wer ´das Lied kennt und weiß wie es beginnt, der kann sich vorstellen, dass das Publikum sofort voll da war. Kurzes Keyboardintro, dann schreit Frontmann Mikael Åkerfeldt los, um schon bald in zurückhaltenden Klargesang zu wechseln. Ein typischer OPETH-Song eben, der alles hat, was die Band ausmacht. Genau wie das folgende „The Baying of the Hounds“. Auch wenn für mich „Ghost Reveries“ nicht das beste OPETH-Album ist, so stellt es doch den Abschluss der alten OPETH-Ära dar und auch das Publikum genießt die seltene Möglichkeit, Songs zu hören, die es normalerweise nicht in die Setlist schaffen.
Lieder wie „Beneath the Mire“ und „Atonement“ greifen dann schon im Jahr 2005 voraus, wie sich OPETH mit Alben wie „Watershed“ weiter entwickeln wird, und hinterlassen eine psychedelisch-progressive Siebziger-Jahre-Stimmung. Keyboarder Joakim Svalberg ist hier voll in seinem Element.
Höhepunkt des ersten Sets ist dann „The Grand Conjuration“. Das überlange Stück vereint noch einmal alle Tugenden, die OPETH vorweisen kann. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit und Präzision Ausnahmegitarrist Fredrik Åkesson, Bassist Martin Mendez und Drummer Martin Axenrot schwierigste Songpassagen und abrupteste Breaks aus dem Handgelenk schütteln, wenn meinereiner nicht mal „Hänschen Klein“ fehlerfrei auf der Ukulele hin bekommt. Es macht einfach Spaß, den flitzenden Fingern des Bassisten dabei zuzuschauen, wie sie die Saiten liebkosen. Nach „Isolation Years“ verabschieden sich Åkerfeldt und Konsorten in die selbst so angekündigte 15minütige Pinkelpause.
Gerade Zeit genug, um Merchandise und Bier zu organisieren, bevor es mit dem zweiten Teil, dem „Hit“-Set weiter geht. Der beginnt dann mit den ersten zwei Songs von der letztjährigen Veröffentlichung namens „Pale Communion“. Wer nun befürchtet, dass dieses doch recht unmetallische OPETH-Album nun auch in seiner Gänze folgt, der wird danach mit „The Leper Affinity“ schnell eines Besseren belehrt. Dieser Klassiker wird vom Publikum abgefeiert, bleibt allerdings auch das älteste Stück des gesamten Sets. Das heißt, dass es in den 25-Jahre-Jubiläums-Auftritt kein Song der 90er geschafft hat, was gerade die älteren Semester doch etwas enttäuscht haben dürfte.
Entschädigt wird man aber durch die wie immer betont launigen Ansagen von Mikael Åkerfeldt, die ihren eigenen Unterhaltungswert haben. So singt er beispielsweise das heftig geforderte „Hope Leaves“ an, nur um dann die zweite Textzeile in „..I don’t want to sing this song..“ zu ändern. Auch der Wunsch nach einem Schlagzeugsolo kommt bei ihm nicht gut an, da er Soli als langweilig und ein Relikt der Achtziger sieht, nur dazu da, die Zeit zu überbrücken, in der der Frontmann sich hinter der Bühne eine Line zieht.
So zeigt er lieber sein stimmliches Können bei Songs von den letzten beiden Alben, bis das „Deliverance“-Stück „Master’s Apprentice“ das reguläre Set beschließt und es noch einmal ein bisschen gegrowlt wird.
Die frenetisch geforderte Zugabe wird dann „The Lotus Eater“, bei der die Band mit ruhigen, zarten Passagen und riesigen Blast-Attacken noch einmal zeigen kann, was in ihr steckt. Ein gelungener Abschluss eines Konzertes, bei dem das Publikum mit der Gewissheit nach Hause gehen kann, bei etwas Besonderem dabei gewesen zu sein.
Ort
Kategorie
Setlist
Ghost of Perdition
The Baying of the Hounds
Beneath the Mire
Atonement
Reverie / Harlequin Forest
Hours of Wealth
The Grand Conjuration
Isolation Years
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Eternal Rains Will Come
Cusp of Eternity
The Leper Affinity
To Rid the Disease
I Feel the Dark
Voice of Treason
Master's Apprentices
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The Lotus Eater