Die Energiepreise steigen ins Unbezahlbare, der Kalte Krieg wird wieder aufgewärmt, bei Burger King herrschen unessbare hygenische und menschliche Zustände und ab dem 1. Mai darf man auch nur noch maximal 8 Punkte auf dem Konto haben, um auf Deutschlands löchrigen Straßen herumzufahren – sofern man überhaupt Geld für Sprit hat. Worüber soll man denn da noch lachen?
Das haben sich auch die Cartoonisten Gerhard Haderer, Til Mette, Tetsche und Tobias Schülert gefragt und Rolf Dieckmann hat ihre Antworten in einem Sammelband zusammengefasst. Die kritisch-lustigen Cartoons sind schon aus dem Stern und z.T. auch von Postkarten usw. bereits bekannt, deshalb aber nicht weniger lesenswert.
Im ersten Teil nimmt Haderer in seiner optisch ansprechenden Art alle politischen Fettnäpfe des vergangenen Jahres aufs Korn: Brüssel und Griechenland, Homosexualität und die Kirche, Pussy Riot und Putin, Waffengesetze, Abhörskandal, Völkermord, Handysucht, Lebensmittelskandale und unsere liebe Kanzlerin. Grandios.
Abgesehen davon, dass Til Mette meinem F-Jugend Fußballtrainer nicht äußerst unähnlich sieht, wird er auch als der „Radikale unter den Zeichnern“ vorgestellt. Nicht zu Unrecht. Und ich kann nicht zählen, wie oft ich schon die Postkarte mit dem biederen Ehepaar, das sich mal gepflegt einen ballern will, verschickt habe. Aber auch das traurige Ende von „Heinz Knapp“ oder die neue Praxis der Gute Nacht Geschichte (S.43) sind urkomisch.
Wer auf Niveau Wert legt, der kann sich ruhigen Gewissens bei Tetsche mit Lachern versorgen. Neues zum Ehegattensplitting (S.55) wird ebenso behandelt, wie die Problematik des „Führer-“ Scheins (S. 65). Aber Tetsche hat durchaus auch romantische Momente (S.71 oder S. 56).
Schülerts Stil gefällt mir zwar weniger als der der anderen Cartoonisten in diesem Buch, aber sein Humor ist trotzdem unvergleichlich. Ich werde zumindest mal ausprobieren, was passiert, wenn ich eine Dame an der Theke „bookmarke“( S.77). Und auf S.79 und S. 86 finde ich glatt mich und den Kollegen Lison wieder: so eine Karriere ist aber auch anstrengend – wenn man nicht gerade zur Schauspielgarde von Berlin Tag und Nacht gehört. Die Spitzen gegen die Internet-Gesellschaft sprechen mir ebenfalls aus der Seele (S.83, S. 81).
Schließlich legt der Stern Ressortleiter Rolf Dieckmann mal wieder einigen Promis Worte in den mund: „Luftblasen“ dürfte dem ein oder anderen Leser sicher bekannt sein.
Doch ein Sammelband zur Stern Satire wäre nicht komplett, wenn es nicht noch ein Kapitel mit Stern-Classics gäbe. Loriot, Markus, Peter Neugebauer und Fritz Wolf haben den Stern ebenso mit Witz und Cartoons versorgt, wie Papan.
Auf 120 Seiten bietet der Lappan Verlag eine kurzweilige und politische Reise durch die Stern-Archive und die Cartoonisten nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. Weder König, Kaiser, Königin sind vor den Attacken ihrer Federn sicher – und wenn es sein muss auch der Papst, die Kanzlerin oder der Otto-Normal-Verbraucher. Finden Sie das etwa komisch? Aber ganz sicher!