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HEXENBRETT gehören zweifelsfrei zu den spannendsten Underground-Kapellen der letzten Jahre. Erstmals wahrgenommen hatte ich die Band vor allem aufgrund des direkten, durchaus kontroversen wie Aufsehen erregenden Debut-Titels “Zweite Beschwörung: Ein Kind zu töten” aus dem Jahr 2020. Durch Zufall bekam ich dann die 2021 nachgeschobene EP “Intermezzo dei quattro coltelli nudi” in die Finger und muss zugeben, dass mir die abgefahrene, sehr eigene Mischung aus cineastischen Horror-Einflüssen, Soundtrack, klassischem Rock und Heavy Metal, Thrash- und Black Metal durchaus zu gefallen wusste. Im Kontext des Viertrackers mit vielen lateinamerikanischen Einflüssen.

Nun als folgt nach der zwischenzeitlichen Split mit Hagzissa der zweite Longplayer in Form von “Dritte Beschwörung: Dem Teufel eine Tochter”.

Die musikalische Ausrichtung auf Laufzeit der wirklich originellen EP forderte mich allerdings weitaus weniger, geschweige denn, dass sie mir weitaus weniger Anstrengung abverlangt hat, als das aktuelle Album.

Der Einstieg mit “Um Mitternacht”, dem Titeltrack “Dem Teufel eine Tochter” sowie mit “Marisa” fällt mir alles andere als leicht. Das wirkt erstmal in Sachen Songwriting nicht rund und teilweise überambitioniert. Allerdings offenbaren sich mir gegenüber dadurch auch jene Ecken und Kanten, die heutzutage so vielen Künstler*innen abgeht. Denn dieses Auftakt-Trio drückt gleichfalls die ganze Unkonventionalität der Musik aus. HEXENBRETT stoßen vor den Kopf und klingen gefährlich.

Mit “Imhotep” und “Wozu die Angst” nimmt das Album dann aus meiner Sicht erstmals richtig fahrt auf und es ist ausgerechnet das Instrumental “La plese de la nuit”, mit dem mich die Band final gepackt hat. In diese sieben Minuten zieht das Duo Feratu-Bolétt alle Register des klassischen Gitarren-Riffings, von Pink Floyd, Jazz über Black Metal bis hin zum klassischen Heavy Metal inkl. Maiden-Leads – unerwartete Breaks, Irrungen, Wirrungen und Wendungen inklusive. Beim folgenden “Leder im Nachtverkehr” zeigen HEXENBRETT, dass sie einfach mehr als nur ein Händchen für coole Gitarrenriffs und Leads haben. Denn der Refrain des Songs entwickelt nach “Imhotep” durchaus einen  weiteren, gewissen Ohrwurm-Charakter. “Denn der Tod lächelt nicht” ist für mich nicht nur einer der coolsten Songtitel der letzten Jahre, sondern er beginnt und beinhaltet einmal mehr ein begnadetes Gitarrenriff der Sorte “Heavy As Fuck!!!”. By the way, auch der Rest des Songs kann so richtig was. Das abschließende “Sette gocce rosse su velluto verde” zeigt dann wiederum noch einmal neben den metallischen Einflüssen die Horrorfilm-Seite der Band, sozusagen ein Breitwand-Abspann einschließlich Samples, Bläsern, Soundtrack- und Ambient-Passagen.

“Dritte Beschwörung: Dem Teufel eine Tochter” ist eine abwechslungsreiche Scheibe, bei der man aber vor allem mit dem bösartig-bellenden Gesang klarkommen muss, der neben den teilweise in beschwörendem Flüsteranteilen auch mit einer klassischen Erzählstimmen vorgetragen wird. Der Sound ist unglaublich roh, kraftvoll und transparent, so dass man der Liebe zum Detail, die HEXENBRETT zelebrieren, nicht nur über Kopfhörer gewahr werden kann. Stilistisch und konzeptionell lässt sich die Band nach wie vor kaum fassen. Für mich sind Josto Feratu und Scarlettina Bolétt trotzdem eine Art Pendant zu Schwadorf & Konstanz bzw. The Vision Bleak. Doch wo letztere ihre Inspiration aus der klassischen, romantischen Horror-Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie aus dem Death-, Gothic- und Black Metal ziehen, sind es bei HEXENBRETT die Horrorfilm-Klassiker des 20. Jahrhunderts sowie der Classic Rock und Heavy Metal. Überschneidungen gibt es musikalisch vor allem bei den Black Metal-Einflüssen, darüber hinaus aber bei den offensichtlich großen Ambitionen, mit denen die Bands in jeglicher Hinsicht zu Werke gehen.

Nun stehe ich Schwadorf und Konstanz nicht nur durch meine musikalische Sozialisation etwas näher als HEXENBRETT. Wenn die Band allerdings so weiter agiert wie auf dem mittleren und finalen Drittel von “Dritte Beschwörung: Dem Teufel eine Tochter”, dann freue ich mich in Zukunft auf absolute Klassiker vom Format “The Unknown” oder “The Deathship Has A New Captain”.


Hexenbrett – Um Mitternacht _ Official Video:

Kategorie

V.Ö.

20. Dezember 2024

Label

Dying Victims Productions

Spielzeit

46:43

Tracklist

1. Um Mitternacht

2. Dem Teufel eine Tochter

3. Marisa

4. Imhotep

5. Wozu die Angst?

6. La plese de la nuit

7. Leder im Nachtverkehr

8. Denn der Tod lächelt nicht

9. Sette gocce rosse su velluto verde

Line Up

Josto Feratu - Everything
Scarlettina Bolétt - Everything

 


Bewertung

1