Um das herauszufinden hat Moritz Grütz (Chefredakteur von Metal1.info) 34 Interviews mit Musikern und Musikerinnen aus aller Herren Länder geführt. Die lesen sich umso interessanter, je exotischer die Heimatstaaten sind. Dass es beispielsweise in Chile seit langem eine vitale Szene gibt ist bekannt. Aber wie ist es mit Madagaskar, dem Libanon oder dem Irak?
Was mich etwas wundert ist, dass im Titel der Begriff Subkultur verwandt wird. Sarah Chaker hat in ihrem lesenswerten und in in ´Metallisierte Welt´ beworbenen Buch ´Schwarzmetall und Todesblei -
Über den Umgang mit Musik in den Black- und Death-Metal-Szenen Deutschlands´ doch in einem umfangreichen Kapitel wissenschaftlich herausgearbeitet, dass der Begriff nicht erste Wahl sein sollte. Sie spricht von (juveniler) Szene. Das hätte dem Verlag auffallen können, ist aber eher eine Randnotiz. Also zurück zum Inhalt.
Das Buch liefert einen guten ersten Einblick in die Unwägbarkeiten der Metal Fans in fernen Ländern und macht klar, dass wir - und da nehme ich mich nicht aus -, auf sehr hohem Niveau jammern. Was macht es schon wenn man mal länger für ein Bier anstehen muss oder der Sound schlecht ist? Andere Fans haben keine Chance ihre Lieblingsbands live zu sehen, von Festivalbesuchen mal ganz zu schweigen. Für uns ist es kaum vorstellbar, dass eine Probe an fehlenden Drumstick scheitert oder man zwei Monate Hausarrest bekommt, weil man öffentlich die Pommesgabel gezeigt hat. Was die befragten Mucker so sympathisch und authentisch macht ist, dass sie die Musik aus purer Leidenschaft spielen. Ans Geldverdienen ist nicht zu denken und teilweise herbe Repressalien werden in Kauf genommen. Das finde ich bei einer hierzulande immer mehr durchkommerziallisierten Szene sehr angenehm. Klasse wäre ein mitgelieferter Sampler gewesen, um einfach den Soundtrack zum Buch zu haben. Und zack da sind wieder, der Anspruch und die Bequemlichkeit eines Typen aus einer satten Szene.... Ich werde mich im Internet auf die Suche nach Hörproben machen. Da die Interviewpartner unterschiedlichen Stilrichtungen des Metal frönen, sollte hier wohl jeder eine Band für sich entdecken. Auch diese Vielfalt an Stilen an sich ist interessanter Aspekt der Interviews. Es ist logisch, dass ein Musiker aus Afghanistan wenig mit der Dekadenz des Glam Metal anfangen kann und sich andere Befragte aus Krisengebieten über Kriegs Lyrics einiger europäischer Bands wundern.
Auch das Internet hat für diese Musiker eine ganz andere Wichtigkeit. Währen man hier nur über Downloads klagt, ist das www die einzige Möglichkeit für viele der Befragten, überhaupt an Musik (auch auf Tonträgern) oder Equipment zu kommen. Und ohne die moderne Möglichkeit des Homerecordings wären viele Bands völlig aufgeschmissen.
Was mir bei dem Buch fehlt, ist der Tiefgang. Das einzige Land zu dem es mehrere Interviews gibt, ist der Iran. Hier wird deutlich, dass es zum Teil sehr unterschiedliche Auffassungen zu den Umständen gibt. Fragt doch alleine in Deutschland fünf Leute über den Zustand der Szene und ihr bekommt fünf unterschiedliche Einschätzungen. Ich hätte es besser gefunden, wenn sich das Buch auf Regionen oder Kulturkreise beschränkt und dafür mehrere Bands befragt hätte.
Die Interviews sind zum Teil auch recht kurz gehalten und geben so nur bedingt Einblick. Es gibt immer wieder Fragen die im Gros der Gespräche gestellt werden, warum sie manchmal ausgespart wurden, erschließt sich mir nicht. Auch eine inhaltliche Fokussierung hätte mehr Tiefgang ermöglicht so geht es um politische Umstände, die Rolle von Frauen in der Szene, die persönliche Entwicklung der Liebe zum Metal der Befragten usw. Das ist (zu) viel für kurze Interviews.
Metallisierte Welt – auf den Spuren einer Subkultur ist kein wissenschaftliches Buch und will es auch nicht sein. Es bietet einen ersten, eher oberflächlichen Eindruck in die Szenen ferner Länder. So bleibt unterm Strich eine kurzweilige, interessante Lektüre, die hoffentlich andere Autoren dazu motiviert, sich mit einzelnen, sehr interessanten Fragestellungen tiefgrüniger auseinanderzusetzen
28,00 €
Hardcover, 180 Seiten, 20 x 25 cm
ISBN: 978-3-945398-69-2