Mit Marcel Reich-Ranicki ist nun der wohl bekannteste und kompromissloseste Literaturkritiker Deutschlands verstorben. Schon 2008 kritisierte er den täglichen „Blödsinn auf der Mattscheibe“ und lehnte den Deutschen Fernsehpreis ab. Nach seinem Ableben bleibt dem gutgläubigen GEZ-Zahler nun allein der Kalkman, um den Schrott der Mattscheibe auf die Halde zu befördern.
Während die bösen Geister der Fernsehwelt den Kalkman in den letzten Wochen mit schweren Geschützen á la „Wild Girls in Afrika“, „Reality Queens“ und „Promi Big Brother“ in die Knie zwingen wollen, liefert das Mattscheiben-Urgestein zunächst einmal den zweiten Teil seiner „Rekalked“ Staffel ab. 35 Folgen voller medialer Massenvernichtungsmittel und televisionärer Torturen erwarten den hartgesottenen Fernsehfan und wer denkt, dass die Talsohle mit Sendungen wie „Mitten im Leben“ oder „Berlin Tag und Nacht“ erreicht sei, der wird auf dieser Staffel seinen Meister finden und in Abgründe heruntersteigen, die selbst Reich-Ranickis Geist aus dem Jenseits zurückbefördern dürften, um eigenhändig den Off-Knopf am Fernseher zu betätigen.
Ob nun die Frau mit der stärksten Vagina der Welt oder die Hellseher Lorelei und Luke, ob zerzauselter Fernsehprediger oder abgedrehter Staubsaugervertreter, Kalkofes Auge entgeht nichts und er findet für alle Tiefschläge der Fernsehwelt den passenden Kommentar. Und auch das Late Night Special mit Tittenmonster Micaela und dem „Wirbelsturm der Langenweile“ Hilli sorgt für Lachanfälle beim Zuschauer. Doch der Fernsehwahnsinn kennt kaum Grenzen und man wundert sich, was Kalkofe da so alles auf den Tisch bringt: zauselige Fernsehwahrsager, gehirnlähmende Verkaufstalente, schamresistente Casting-Show-Teilnehmer und einfach nur Menschen, die keine andere Lebensaufgabe zu haben scheinen als sich für 1.50 Euro z.B. als käsesüchtige Fressmaschine zwischen Sofa und Couchtisch einklemmen zu lassen – wahlweise auch im Altkleiderkontainer. Die drei DVDs bestätigen mal wieder die alte Redensart: Humor ist wenn man trotzdem lacht. Und viele andere Möglichkeiten hat der Zuschauer ja heute nicht mehr. Fast will man sich glücklich schätzen, dass das Ende des eigenen Fernsehapparats mit den ständig steigenden Energiekosten ja ohnehin absehbar ist.
Zwar belächelt auch der Kalkman Katrin Sass, welche jüngst bei RTL dafür kritisiert wurde, weil sie sich - vollkommen zu Recht – öffentlich über die Nominierung der Ekel-Idiotensendung „Dschungel-Camp“ echauffierte. Aber wen wundert es, dass die Garde der D-Promis bei RTL mit treuem Kamerablick in Sendungen wie die „25. Peinlichsten Fernsehmomente“ für derartige Schwachsinnsformate in die Presche springt. Wo sollten sie noch prominent sein, wenn die Sender sie nicht regelmäßig in den Dschungel, den Container oder jüngst einfach in die Wüste schicken würden? Das eigentlich Problem ist ja auch eher, dass sie die ganzen Trottel auch immer wieder rauslassen bzw. zurückholen. In dieser verkehrten Welt, in der Anspruch, Bildung oder gutes Benehmen als zu tadelnde Persönlichkeitsstörung verunglimpft werden, ist Oliver Kalkofe derzeit die letzte Bastion gegen gehirnamputierende Fernsehfrechheiten. „Man of Kalk, errette uns!“
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