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Zu wenig Advent, zu langatmig, nervige Figuren, unangenehme Atmosphäre, Mittelmaß und ein endloses, im Desaster endendes Finale. Ein Hörer urteilt sogar: „Ich war selten so froh, dass es endlich vorbei ist.“ Sollte die vorweihnachtliche Jubiläumsfolge der 3 SENIOREN tatsächlich eher ein „Selbstmord“ unterm Mistelzweig geworden sein?

Davon kann überhaupt keine Rede sein, soviel kann ich vorwegnehmen. Was von einzelnen Hörspielfans in einem Forum als langatmig empfunden wird, klingt für mich eher nach einer mit viel Liebe zum Detail ausgearbeiteten Story. Von Langeweile keine Spur – bei mir jedenfalls nicht. Doch lasst uns erstmal sehen, um was es in der Folge eigentlich geht.
Ausgerechnet mit dem Bus! Vor allem Camryn hätte ein anderes Transportmittel vorgezogen, um die Reise zum Mistletoe Inn anzutreten. Die Reise haben die 3 SENIOREN von einer Kundin geschenkt bekommen. Doch bereits die Anreise entwickelt sich in mehrfacher Hinsicht zur Katastrophe: ein kaputter Bus, eine nervige „Gewitterziege“ namens Priscilla Maynard, ein Anschlag auf die Seilbahn und eine vermasselte Buchung im Hotel. Letztlich enden die 3 SENIOREN als „Dienstmädchen“. Doch als das Hotel von der Außenwelt abgeschnitten wird, ereignen sich dort seltsame Dinge. Was führt Priscilla Maynard im Schilde? Was hat es mit dem hochnäsigen Schriftsteller Levi DeLuca auf sich? Und dann entwickelt sich ein Krimi-Dinner ganz anders als erwartet, so dass die 3 SENIOREN schließlich selber unter Mord-Verdacht geraten. Kann da vielleicht am Ende nur noch Santa persönlich helfen?
Der „Stinkstiefel, der Brummbär und der Weihnachtsengel“ geraten nicht nur in unterhaltsame Alltagssituationen, sondern auch in Lebensgefahr. Dabei wird das gesamte Hörspiel, welches mit 164 Minuten tatsächlich fast epische Länge hat, durch humorvolle Dialoge aufgelockert. Man höre sich nur Julians selbstbemitleidende Tirade im Angesicht des Todes in der Gondel an: Das ist Lutz Mackensy in Höchstform und zum Schreien komisch.
Wie man es von den Autoren der Cozy-Crime Serie kennt, finden sich natürlich auch in der Jubiläumsfolge immer wieder Verweise auf andere Geschichten – dabei beschränkt man sich nicht allein auf DIE 3 FRAGEZEICHEN. So logiert etwa eine gewisse Isabell Fezziwig ebenfalls im Mistletoe Inn. Ein Name, der dem geneigten Hörer aus Charles Dickens‘ famoser „Christmas Carol“ bekannt vorkommen dürfte.
Die Geschichte entwickelt sich kontinuierlich und für meinen Geschmack ohne störende Längen. Viel mehr habe ich den Eindruck, dass die Autoren dem Plot die notwendige Zeit geben, um sich ohne Überstürzung zu entwickeln. Ein Ansatz, der in Zeiten von 30 Sekunden TicTocs vielleicht für manche Hörer nicht mehr so ohne weiteres zu ertragen ist. Der Plot enthält ausreichend Twists, um den Hörer auch immer wieder auf eine andere Fährte zu locken. Der umfassende Showdown am Ende beansprucht zwar eine gewisse Zeit für sich, dürfte vielen Fans in ähnlicher Form aber bereits von den DREI FRAGEZEICHEN bekannt sein, denn auch Justus tendiert mitunter zu ausführlichen Erläuterungen. Und auch Marc Gruppe zeigt in seinen „Die geheimen Fälle des Meisterdetektives“ eine gewisse Tendenz dazu, eine Geschichte tatsächlich in erster Linie zu erzählen. Aber das ist ein Hörspiel eben auch: eine Erzählung und kein Action-Film.
Auf verschiedenen Foren wird kritisiert, dass die Kapitel des Adventskalenders nur schwer zu erkennen sind. Diese Kritik würde ich sogar teilen, denn auch ich kann den Cut nicht immer erkennen, auch wenn die Kapitel durch kurze Drum-Sektionen getrennt sein sollen. Dies ist bei den aktuellen Adventskalendern der DIE DREI FRAGEZEICHEN KIDS oder DIE DREI AUSRUFEZEICHEN klarer erkennbar und wohl auch weihnachtlicher gelöst. Auch im iStore erstreckt sich der Fall auf mehr als 50 Kapitel. Da ich jedoch nicht zu den Hörern gehöre, die sich diese extra langen Adventskalender-Hörspiele auf 24 Tage aufteilen, stört mich dieser Umstand nicht.
Nachdem die 3 SENIOREN mit „Berge der Angst“ ein perfektes Hörspiel abgeliefert haben, stellen Sobol und Piasecki mit „Morden unterm Mistelzweig“ wohl ihr Meisterstück vor. Die Adventskalender-Folge lebt von einer gelungenen Story, von einer Vielzahl kauziger Charaktere, guten Plot-Twists und nicht zuletzt von dem Trio Mackensy, Schütz, Schaffrath, das sich in Bestform präsentiert. Die drei Protagonisten bewegen sich gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Humor und Detektivabenteuer: Cozy-Crime eben. Kurz gesagt: Mich hat „Morden unterm Mistelzweig“ über die gesamte Spielzeit bestens unterhalten und mit 164 Minuten Spielzeit dürfte der Fall sowohl für den zu erwartenden Stau auf dem Weg in den Skiurlaub hervorragend geeignet sein, als auch für den gemütlichen Familiennachmittag an den Weihnachtstagen.

Kategorie

V.Ö.

15. November 2024

Label

Contendo Media

Spielzeit

164 min.

Tracklist

Line Up

Julian Parks Lutz Mackensy
Camryn Joyner Elga Schütz
Doreen Manheim Heidi Schaffrath
Theodore James Kane Nic Romm
Priscilla Maynard Ulrike Möckel
Lexi Hinton Anne Düe
Eliza Little Julia Bautz
Santa Flynn Joachim Tennstedt
Christian Moore
Zander Karev Jan-David Rönfeldt
Michelle Tobias Lelle
Levi DeLuca Christian Stark
Peyton Gardner Victoria Sturm
Brooke Gardner Scarlet Lubowski
Adelaide Pierce Alexandra Doerk
Justin O'Malley Benjamin Stolz
Jane O'Malley Katja Kessler
Isabell Fezziwig Daniela Hoffmann
Morty Gilbert Stephan Chrzescinski
Watson Dietmar Wunder
Busfahrer Dominik Benjamin Grothe
Filmstimme Christoph Piasecki

Konzept & Dramaturgie: Christoph Piasecki
Idee: Christoph Piasecki, Erik Albrodt
Buch: Christoph Soboll
Regisseur, Produzent & Schnitt: Christoph Piasecki
Sounddesign & Mastering: Tom Steinbrecher
Musik: Tom Steinbrecher
Schlagzeug: Marc A. Nathaniel
Zusätzliche Musik: Michael Donner, Alexander Schiborr
Design & Illustration: Alexander von Wieding
Produktion & Vertrieb: Contendo Media GmbH

Bewertung

1