Die Scheibe hatte so ziemlich alles, was es zu einem echten Kracher braucht: Einen guten Schuss Progressivität, viel Abwechslungsreichtum, und ein bombenfestes Songwriting, das keinen der zehn Tracks auch nur zeitweise schwächeln ließ. Nach einem solchen Ausnahmealbum einen würdigen Nachfolger zu schaffen, würde schwer werden – das war klar.
Genau das haben Dark Tranquillity Anno 2010 – drei Jahre nach „Fiction“ – aber in Angriff genommen. „We Are The Void“ heißt das gute Stück, auf dem erstmals auch der neue Bassist Daniel Antonsson zu hören ist. Also dann mal… Ohren auf, Erwartungshaltung etwas zurückgeschraubt und aufgepasst!
Die wohl augenscheinlichste Neuerung gibt’s gleich vorweg: Fronter Mikael Stanne hat bei den vielen Live-Auftritten der vergangenen Jahre noch mal ordentlich an seiner Stimme arbeiten können, und so kommen seine ohnehin schon markanten Screams auf „We Are the Void“ noch mal um einiges giftiger und kräftiger daher, als man es ohnehin schon von ihm kennt. Wirklich durchsetzen kann sich dieser Zuwachs an stimmlicher Aggression jedoch nicht, denn parallel hat man auch die Elektronik- und Keyboard-Parts ausgebaut, die nun nicht mehr nur unterstützend, sondern zunehmend sehr dominant eingesetzt werden. So gehen Stannes Gefauche, aber auch die Gitarrenarbeit oftmals im Geklingel unter oder müssen dagegen ankämpfen (bestes Beispiel hierfür dürfte „At the Point of Ignition“ sein).
Doch auch beim Songwriting, das 2007 noch wie aus einem Guss wirkte, tun sich Abgründe auf: Viele der Tracks wirken fahrig und konfus, allen voran „Dream Oblivion“: Der Titel verharrt bei keiner einzigen Idee, keinem einzigen Rhythmus, keinem einzigen Riff, sondern bringt blindwütig ständig neue Elemente ein, bis man gar nicht mehr weiß, wo die Reise denn überhaupt hingehen soll. Dieses Gefühl ist symptomatisch für „We Are the Void“. Das Album scheint schlicht nicht zu wissen, was es will: Permanent wechselt die Scheibe abrupt von scheppernden Knüppelpassagen in langsamere, elektronikgestützte Melodiebögen über und nimmt den Titeln so jegliches Tempo und Stringenz.
Scheitern die Urväter des Götheburg-Stils also am Ende an dessen ureigenstem Stilmittel: Der nahtlosen Verbindung von Härte und Melodie? Dass das nicht unbedingt sein muss, beweisen zumindest drei sehr gelungene Titel auf dem Album, allen voran „The Fatalist“, das die Biege vom treibenden Mosh-Part zum druckvollen Ohrwurm-Chorus problemlos hinkriegt. Auch „Surface the Infinite“ und „Her Silent Language“ wissen zu gefallen – auf Letzterem greift Stanne, wie schon zu „Fiction“-Zeiten, auf sehr hörbare clear vocals zurück.
Unterm Strich bleibt „We Are the Void“ dennoch weit hinter den Erwartungen zurück. Selbst nach mehrmaligem Hören bleiben kaum einzelne Titel im Gedächtnis zurück – wohl aber der Eindruck, gerade ein ziemlich konfuses, überfrachtetes Kunstprodukt gehört zu haben.