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So blieb persönlich der große Erfolg, der mit dem Durchbruch der Holländer kurz nach seinem Ausscheiden verbunden gewesen wäre, leider aus. Doch inzwischen ist Martijn wieder gesundet und war nicht ganz untätig in der Zwischenzeit. Heuer steht der bekennende Stephen King Fan mit seinem eigenen Projekt auf der Matte. Titel gebend für den Bandnamen war hier das Königreich aus dem King-Roman „Die Augen des Drachen“, welches „Delain“ heißt. Doch kommen wir zur musikalischen Komponente. Nach dem ich den Infoletter studiert hatte, drang sich mir der arge Verdacht auf, dass wir es hier mit einem „Within Temptation“ Klon allererste Güte zu tun haben. Sowas kennt man ja auch spätestens seit dem Weggang Morten Velands von „Tristania“, der daraufhin seine eigene Band „Sirenia“ gründete, welche seitdem fortan nicht nur vom Bandnamen her starke Parallelen zu seiner ehemaligen Formation aufweist. In diesem Fall ist dies allerdings absolut gelungen. Doch wie verhält es sich unterm Strich beim Vergleich „Within Temptation“ / „Delain“? Kurzum gesagt, als ich die Scheibe, das erste Mal gehört habe, hat sie mich glatt umgehauen. Der feste Memberstamm besteht neben Martijn lediglich aus der mir leider bisher unbekannten 20 jährigen Charlotte Wessels. Doch Delain entpuppt sich als wahres Allstar-Projekt. Allerlei Prominenz hat man sich nämlich ins Haus geholt. Vertreten ist wirklich die Crème de la crème, darunter vornehmlich Landsleute Martijns. Am naheliegendsten war es natürlich die bezaubernde Sharon den Adel (Gesang / Within Temptation) an Bord zu holen, schließlich hat man jahrelang zusammen in eben dieser Band zusammen musiziert und harmoniert. Weiter finden wir in der langen Liste niederländische Namen wie George Oosthoek und Guus Eikens (beide ehemals bei Orphanage), Arien van Weesenbeek (God Dethroned-Schlagzeuger) und Ad Sluijter (Epica-Gitarrist). Darüber hinaus vertreten sind Marco Hietala (Bassist und Sänger von Nightwish / Tarot), Alex Krull-Frau Liv Kristine (Leaves Eyes / ex-Theatre Of Tragedy) und Jan Yrlund (ehemaliger Lacrimosa-Gitarrist). Die Frage lautet: Hält „Lucidity“, was die prominenten Namen versprechen? GANZ KLAR JAAAAAAHA!!! Die elf Nummern samt Bonustrack sind allesamt purer Bombast und einfach die Macht. Jede Nummer hier ist der absolute Hammer und würde sich bestens für eine „Single-/Videoverwertung“ geradezu anbieten. Klar sind musikalisch starke Ähnlichkeiten zu „Within Temptation“ nicht von der Hand zu weisen, schließlich ist Martijns Tastenspiel für den Sound mitunter sehr prägend, genauso wie Sharons Gastgesang. Dennoch hat Delain defintiv etwas Eigenes an sich. Alleine die Vielzahl an Gastmusikern verleiht dem Werk einen sehr charismatischen und einzigartigen Charme und bläst eine gehörige Portion Freshness in die Übersongs. So finden sich viele Einflüsse aus den Bands der Gäste mit ein. Für meinen Geschmack können sich hier neben Sharon und Liv Kristine besonders Marco mit seinem einzigartigen Gesang und George mit seinen typisch tiefen Death Grunts auszeichnen. So wird dem Ganzen ein gehöriges Stückchen „Nightwish“ und „Orphanage“ eingehaucht. Besonders die Gesangsduette, ob im Wechsel oder zweistimmig, blasen mich regelrecht weg. Kommen wir zu den einzelnen Songs.

„Sever“ fängt ziemlich ruhig und beschaulich an, etwas traurig, aber Charlottes Stimme klingt trotzdem voller Hoffnung. Dann das geniale zweistimmige Gesangsduett zwischen Marco und Charlotte, wobei diese allerdings von Marcos kraftvollem Organ übertönt wird und zwischendurch immer wieder Bombast mit hymnenhaften Charakter. Eine perfekte Symbiose aus „Nightwish“ und „Within Temptation“.
„Frozen“ ist ein sehr getragener, epischer Song, eingeleitet durch die Melodie einer Spieluhr, bei dem Charlotte ihr volles Können mit ihrer Stimme beweist. Dazu gibt es zwischendurch immer wieder einige Chöre und verspielte Gitarrensolos von Ad Sluijter zu hören.
„Silhouette Of A Dancer“ hat einfach alles zu bieten. Ruhe, Traurigkeit, Verzweiflung, Zuversicht und als Gegenpol Düsterheit, Unbehagen und Bedrohlichkeit, wobei Goldkelchen Charlotte ihre bisherige, gesangliche Höchstleistung abliefert und George natürlich ausgezeichnet für die düstere Komponente sorgt. Dazu wieder viel Bombast und geile Chöre. Geiles Wechselspiel.
„No Compliance“ wird eingeleitet durch stampfende Gitarrenarbeit. Dann vernehmen wir zum ersten Mal Sharons mächtige Stimme, hinzugesellt sich eine wieder blendend aufgelegt Gesangsleistung von Marco. Trotz harter Gitarren ein ruhigeres Stück. Zum ersten Mal ist hier ein Cello zu hören. Zum Ende hin cool aufjaulende Gitarren. Der Titel ohne Marco hätte auch glatt auf „Within Temptations“ „Mother Earth“ oder „The Silent Force“ stehen können.
„See Me In The Shadow” ist eine ziemlich besinnliche Nummer, bei dem sich Charlotte mit Liv Kristine das Mikro teilt. Zwischendurch immer wieder rockigere Sounds und auch hier sind stellenweise die schönen Klänge eines Cellos auszumachen.
„Shattered“: Auch hier kann sich Charlotte alleine behaupten und profilieren mit ihrer tollen Stimme, die einfach ankommt, ohne dabei in allzu hohe Tonlagen zu geraten oder dabei in Trällerei abzudriften. Einfach ein marschierender „straight edge“ Song und ein klares Statement, bereichert durch eine starke Instrumentenarbeit und massig Keyboardbombast.
„The Gathering“: Ein kaum noch steigerungsfähiges Duett zwischen Charlotte und einem kraftvollen Marco mit kernigem Gesang, ob zeitgleich oder im Wechselspiel. Einfach perfekt. Dazu geniale Choräle, teilweise etwas „Orphanage“-like. Auch hier ist der „Nightwish“-Touch nicht zu leugnen oder gar zu verkennen. Ein wahrer Übersong und Ohrwurm.
„Daylight Lucidity“: Bombast und Epik wohin das Ohr hört. Charlotte etwas mutiger, variiert stimmlich, geht auch bei etwas tieferen Tonlagen nicht unter und meistert sie mit Bravur. Auch Marco hier wieder in seinem Element. Verstehe wirklich nicht, was manche Leute an seinem Gesang zu kritisieren haben. Einzigartig der Mann. Hervorzuheben sind noch die starken Chöre, die hier ihren Höhepunkt erreichen.
„Sleepwalkers Dream“ wird durch synthetische, posaunenartige Bläsersounds eingeleitet. Auch hier muss sich Charlotte alleine am Mikro beweisen. Und das tut sie. Hier geht sie mit der Stimme auch mal etwas höher, bewältigt diese Hürde aber exzellent. Instrumental liefert man hier auch eine Glanzleistung ab. Alles wirkt stimmig und vor allem das Timing ist perfekt.
„A Day For Ghosts“ ist der zweite und letzte Song ohne Charlotte Wessels. Eine coole, flotte Nummer, mit starken Gitarrensoli und Melodien. Die Gitarren- und Schlagzeugarbeit steht hier klar im Vordergrund, die Keys sind etwas dezenter im Hintergund gehalten. Hier behaupten sich Liv Kristine und der gute, alte Marco. Auch die beiden harmonieren perfekt miteinander, ob zweistimmig oder im Wechsel. Lieblicher Gesang meets Powerkehle. Eine tolle und vor allem funktionierende Kombination.
„Pristine“ ist eigentlich der typische Closer einer solchen Scheibe. Größtenteils langsames Tempo und Charlottes Stimmchen etwas zarter, weniger rockig, eher trauriger Natur, wären da nicht die zwischenzeitigen Bombast-Teppiche und vor allem George Oosthoek, der mit seinen fiesen Grunts hier alles niederkillt. Gerade durch ihn hat dieser Titel, zumindest teilweise gesehen, die stärkste „Orphange“-Prägung.
„(Deep) Frozen“ ist der letzte Audiotrack auf „Lucidity“, sozusagen der Bonustitel. Hierbei handelt es sich allerdings nur um Track 2 „Frozen“, der so gelassen wurde und lediglich um George seine einmaligen Grunts bereichert wurde. Gott, ich liebe diesen Mann. Gefällt mir fast noch etwas besser als die normale Version, denn durch den Shouter bekommt das Stück noch den gewissen Thrill.

Schlussendlich gibt es eigentlich keinen Song, der abfällt. Alle Titel sind wahre Hitgranaten. Eigentlich eine Frechheit, dass dieses Hammeralbum erst jetzt bei uns zu haben ist, wurde es doch bereits im letzten Jahr in den Beneluxstaaten veröffentlicht und uns so lange vorenthalten. „Delain“ sind also trotz eingangs erwähnter Ähnlichkeiten beileibe kein „Within Temptation“ Verschnitt, sondern vielmehr ernstzunehmende Konkurrenz. Dass das Album gut sein würde, war mir eigentlich schon vorher klar, aber dass es mich so von den Socken haut, war nicht abzusehen. Charlotte, die größtenteils zu hören ist, gefällt mir außerordentlich gut. Sie ist noch sehr jung und sicherlich kann sie auf ihre tadellose Leistung hier noch einen Batzen draufpacken, da sie sich definitiv noch weiterentwickeln wird. Sie sollte man auf alle Fälle focusieren. Da kann man noch einiges erwarten. Garantiert hätte sie dieses Album auch alleine, ganz ohne Gastgesang gemeistert, aber so bleibt „Lucidity“ sicherlich noch länger frisch und hot, da die doch recht eingängigen Songs mit ihrem Ohrwurmcharakter so mehr Abwechslung bieten können. Ich habe die Scheibe mittlerweile ungelogen an die 30 mal gehört und mir ist noch nicht langweilig geworden. Und ich kenne viele eingängige Alben, die mich anfangs vollends begeistert haben, aber mit Abstand sich ziemlich ausgenudelt haben, da man die Songs einfach überhört hat. Noch eine gute Nachricht. Ursprünglich als reines Projekt angedacht, will man nun doch als Band weitermachen. Diverse Live-Gigs und ein zweites Album sind bereits in Planung. Vielleicht wird man noch den einen oder anderen zur 2 köpfigen Stammbesetzung dazuholen, aber auch Gastauftritte von Kollegen wird es sicherlich wieder geben. Nun bin ich fast am Ende meines längsten Reviews fürs Twilight angelangt und schlussendlich muss ich sagen, dass dieses 5 Sterne Menü, jedem Genre-Feinschmecker vorzüglich munden wird und darüber hinaus sicherlich auch Gefallen bei den weniger Metal-Begeisterten findet. Für mich bislang heißester Anwärter auf das Album des Jahres und allemal besser als das für Bandverhältnisse insgesamt etwas schwächelnde, letzte „Within Temptation“ Werk namens „The Heart Of Everything“. Absolute Kaufpflicht!!!

Kategorie

V.Ö.

28. September 2007

Label

Roadrunner Records

Spielzeit

Tracklist

Line Up

Tags


Bewertung

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