Bereits mit „Geblitzdingst“ und dem starken „10“ waren den zum Quartett gewachsenen Punkrockern Chartplatzierungen gelungen, was bereits hinter vorgehaltener Hand zu dem ein oder anderen vorwurfsvoll gemeinten „Die sind mir zu kommerziell, wie die Hosen und die Ärzte…“ geführt hatte. „3D“ nun ein noch größeres musikalisches Identifikationsangebot an den Mainstream, auch wenn DRITTE WAHL ihre Wurzeln dabei eigentlich nicht kappen. Aber ein getragener Song wie „Abends halb zehn“ dürfte die Masse der HOSEN Fans schon auch erreichen. „Brennt alles nieder“ hingegen liefert dann zu 100% DRITTE WAHL. Das zahmere „Warm anziehen“ wirkt schon deshalb etwas pop-punkiger, da Gunnar etwas zurückhaltender ins Mikro singt. Wie auf der Achterbahn geht es in „Fabelhafte Voraussetzungen“ wieder ruppiger zu – mir persönlich gefällt der etwas kantig-dissonante Grundton des Songs allerdings nicht so gut. Die Frage ob man nicht doch lieber zur See gefahren wäre, stellt sich wohl jeder irgendwann mal („Zur See“) – zumindest theoretisch. Und auch die zwischenmenschlichen Beziehungen boten nicht erst den Herren von DRITTE WAHL Grund zum nachdenken („Alles nur Chemie“, „Schöne Frau mit Geld“). Dass DRITTE WAHL durchaus nachdenklich sind, beweist Frontmann Gunnar seit einigen Ausgaben ja auch in einer eigenen Kolumne im DEAF FOREVER und der titelgebene Track „3D“ stößt textlich in ein ähnliches Horn, während man musikalisch vom eingängigen Refrain gefangen wird. Inwiefern „Ohne mich“ als Zeichen des Alters interpretiert werden sollte, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Zweifellos zeigt das vom Gesangsduo Gunnar-Stefan vorgetragene „Ohne mich“ aber, dass die Band an einem Punkt angelangt sind, an dem sie nicht mehr alles (mit-)machen muss, sondern in sich zu ruhen scheint. Inhaltlich kann man die Hommage an den Einzelhandel von Nebenan gar nicht genug loben, doch musikalisch klingt „Elektro Marten“ etwas so, als hätte der findige Elektriker sein Licht schon lange ausgeschaltet – aber vielleicht soll das auch Teil des Gesamtkunstwerks sein. „Zusammen“ darf musikalisch sicherlich als ausgestreckte Hand für die Punkfraktion unter den DRITTE WAHL Anhänger verstanden werden: Und „Wenn wir zusammen sind, dann sind wir zusammen!“ klingt ja auch irgendwie nachvollziehbar. Während ich beim ersten Lesen des Titels „Wenn ich groß bin“ erst an einen Rolf & Seine Freunde Song denken musste, entpuppt sich der Song letztlich doch als typischer DRITTE WAHL Rausschmeißer. Mit „3D“ stellen DRITTE WAHL einige ihrer Fans sicherlich vor eine gewisse Herausforderung. Andererseits setzt die Band die eingeschlagene Richtung des Vorgängers recht konsequent fort, so dass eine etwas pop-punkigere Ausrichtung nicht wirklich überraschend wirkt. Mich persönlich stört das grundsätzlich nicht, allerdings finde ich die Songs insgesamt weniger stark als auf den Vorgängeralben. Die gute Nachricht ist aber, dass es mit „3D“, „Ohne mich“, „Brennt alle nieder“ oder „Was zur Hölle“ eine ganze Reihe richtig gelungener DRITTE WAHL Punkrocker gibt. Und das ist für mich die Hauptsache.
Kategorie
V.Ö.
18. September 2020
Label
Dritte Wahl Records/ Indigo