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Mit diesem Cover stellte sich Anno 2008 „Slania“ vor, ein Album, das Eluveitie den wohl größten Erfolg der ohnehin schon steil aufwärts verlaufenden Bandkarriere bescherte und die Schweizer weit über den Underground hinaus bekannt werden ließ. Nach einem Ausflug in akustischere Gefilde („Evocation I - The Arcane Dominion“, 2009) legt die Band 2010 nun wieder mit einem „richtigen“ Metal-Album nach, das schon rein optisch an „Slania“ anknüpft. Erneut ziert eine Frauengestalt das Cover: In winterlicher Berglandschaft steht eine junge (ebenfalls blonde) Frau vor der Ruine eines ausgebrannten Hauses, ein Schwert auf den Rücken geschnallt, das zu führen ihre Hände nun durchaus im Stande sind. Die Botschaft könnte klarer nicht sein: „Wir sind zurück, wir sind gewachsen, und unser Schwertarm ist geübter denn je.“ Ein etwas vollmundiges Versprechen.
Denn anders als der Titel suggeriert, bleibt auf „Everything Remains As It Never Was“ musikalisch zunächst erstmal alles beim Alten. Einzige Neuerungen sind ein paar wenige elektronische Effekte sowie die gelegentliche Übernahme von Solo-Parts durch (Block-)Flöten. (Kein Witz! Und wer jetzt unwillkürlich an die schiefen Misstöne denken musste, die Grundschüler mit diesen Instrumenten fabrizieren, der hat einen ungefähren Eindruck davon, wie schräg es auf der neuen Scheibe klingt.) Ansonsten riecht alles auf „Everything Remains…“ stark nach „Slania“ – für meine Nase sogar ein etwas zu strenger Geruch. Denn schon beim ersten Hördurchlauf fallen Stellen auf, die merkwürdig vertraut klangen. Nach gründlichem Abgleich mit früheren Alben gibt es keinen Zweifel mehr: Eluveitie haben sich auf „Everything Remains…“ massiv selbst plagiiert und alte Riffs und Melodiebögen praktisch ohne jegliche Variation „wiederverwertet“. Betroffen sind (Youtube-Links eingebettet):

„Everything Remains (As It Never Was)”: Das Gitarrenriffing außerhalb des Chorus’ ist identisch mit dem von „Bloodstained Ground“ (Slania).
„(Do)Minion“: Die Tin Whistle-Melodie im Chorus ist nahezu identisch mit jener aus dem Chorus von „The Somber Lay” (Slania).
„Sempiternal Embers“: Die Dudelsack-Melodie im Refrain ist praktisch identisch jener aus dem Chorus zu „Your Gaulish War“ (Spirit).
„Nil“: Gitarrenriffing und Drumming erinnern stark an „Tarvos“ (Slania) und sind auch bei „Sempiternal Embers“ in langsamerer Form nochmals verwurstet worden.

Angesichts einer solchen Häufung (die durchaus auch noch weitere Lieder betreffen könnte) stellt sich natürlich die Frage nach dem Grund für derart eklatantes Ideen-Recycling. Will sich die Band einen Spaß auf Kosten des Hörers erlauben? (Man bedenke nur den Titel des Albums.) Oder hat man angesichts des erfolgsverwöhnten Vorgängeralbums Angst gehabt, einen hinter allen Erwartungen zurückfallenden Nachfolger zu produzieren, so dass man kurzerhand alle guten Ideen der Vergangenheit nochmal durch den kompositorischen Fleischwolf drehte, um sie als musikalisches Gammelfleisch erneut unter die Menge zu jubeln?
Was auch immer zutrifft: Ganz entwertet wird das Album davon freilich nicht. Von treibenden Metal-Parts über mal getragenere, mal lebendigere Folk-Melodien bis zu den drei Instrumentals deckt das Album eine erstaunliche Stimmungsbandbreite ab und enthält obendrein ein paar durchaus tanzbare Stücke. Das Songwriting ist mehr als solide, vereint Folk und Metal in stimmiger Weise, und auch soundtechnisch hat man der Scheibe eine exzellente, druckvolle Produktion angedeihen lassen.
Dennoch: Auch nach mehrfachen Durchläufen will der fade „alles-schon-gehört“-Eindruck einfach nicht verschwinden. Wie viele andere Bands scheitern auch Eluveitie an der Herausforderung, nach einem kometenhaften Aufstieg aus dem Schatten der Vorgängeralben herauszukommen, indem man musikalisch neue Wege beschreitet. Statt des Erwachsenenalters, auf das im Cover so bildhaft angespielt wird, haben Eluveitie die Pubertät erreicht, und das heißt: Konflikt mit schon Dagewesenem, Identitätskrise, Pickel. Der Band bleibt zu wünschen, dass sie diese Krise zum Anlass nimmt, sich neu zu orientieren und gestärkt daraus hervorzugehen. Dann nämlich könnte schon auf dem nächsten Cover eine deutlich gereifte Frau zu sehen sein.

Kategorie

V.Ö.

19. Februar 2010

Label

Nuclear Blast

Spielzeit

Tracklist

Line Up

Tags


Bewertung

1

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