Die ganz ganz großen Alben starten mit einer einprägsamen Sentenz. So auch „Every Loser“ von IGGY POP. „Got a dick and two balls, that’s more than you all !“ Zugegeben etwas schlüpfrig, aber gerade heraus und ohne Rücksicht auf das Team Vorsicht. Denn dafür ist der Punk ja angetreten, den IGGY POP vor sehr langer Zeit Ende der sechziger Jahre mit seinen STOOGES aus der Taufe gehoben hat.
Deshalb ist es eigentlich nicht richtig, wenn man schreibt, dass die Songs seines nunmehr neunzehnten Studioalbum bisweilen Anklänge an die ROLLING STONES, an DAVID BOWIE, an BILLY IDOL, an die SEX PISTOLS erkennen lassen. Andersherum wird ein Schuh draus. Nichtsdestotrotz ist „Every Loser“ ein Longplayer, den ihm wohl niemand mehr zugetraut hätte. Denn so punkig, rotzig und energiegeladen hat man ihn lange nicht mehr gehört. Das könnte auch daran liegen, dass die Tracks mit lauter „jungen“ Leuten eingespielt wurden. Mit von der Party waren nämlich Dave Navarro (Jane’s Addiction), Duff McKagan (Guns N’ Roses), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) und Taylor Hawkins (Foo Fighters).
Von der ikonographischen, alles niederbretternden Punk-Hymne 'Frenzy' über das episch intensive 'Strung Out Johnny' bis hin zum nachdenklichen, fast schon radiotaugliche 'New Atlantis': das Album hat überaus viele Facetten, die zusammen genommen aber immer noch ein großes organisches Ganzes ergeben. Ganz im Sinne der alten Schule ist „Every Loser“ eben nicht eine uninspirierte Aneinanderreihung seelenloser Songs.
Richtig groovy und quirrlig wird es in 'Modern Day Ripoff', das durch das herzerweichende, pittoreske 'Morning Show' abgelöst wird. Dass das Auf und Ab der Emotionen gewollt ist, zeigt 'Neo Punk', das den Geist der Hochzeit des Punk atmet. 'All Way Down' besticht durch seine avantgardistische Attitüde, während 'Comments' ein wenig düster und wehmütig daherkommt. Im Rausschmeißer 'The Regency' schließlich werden im Hinblick auf Experimentalität und Wendigkeit noch einmal alle Register gezogen. Bisweilen schimmert auch die Ungewöhnlichkeit von JOE JACKSON durch.
Fazit: Der Godfather of Punk legt mit „Every Loser“ einen dermaßen erfrischenden, abwechslungsreichen und überzeugenden Longplayer vor, dass nicht nur eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird, dass Punk kein Alter kennt. Er wird auch aufgrund seiner Vielfältigkeit und Tiefe mit jedem Hören immer besser.
Kategorie
V.Ö.
13. Januar 2023
Label
Gold Tooth Records
Spielzeit
Tracklist
01. Frenzy
02. Strung Out Johnny
03. New Atlantis
04. Modern Day Rip Off
05. Morning Show
06. The News for Andy
07. Neo Punk
08. All the Way Down
09. Comments
10. My Animus Interlude
11. The Regency