Nach einem oft hoch gelobten, aber auch umstrittenen Album und drei Jahren Pause melden sich die fünf Schweden nun mit dem Titel „The Great Cold Distance“ zurück.
Äußerlich kommt die neue Scheibe edel daher: Als komplett schwarze CD, ausgerüstet mit einem liebevoll gemachten Booklet von angenehmer Seitenstärke und geschützt durch einen Pappschuber.
Doch auch, was die inneren Werte angeht, präsentiert sich das Album als würdiger Nachfolger. Sicher, auch diesmal gibt es keinen neuen „Last Fair Deal Gone Down“. Stattdessen wird die seit „Viva Emptiness“ wiederentdeckte, härtere Linie konsequent weitergeführt, wenn auch diesmal mit deutlich mehr Finesse: Wo mir „Viva Emptiness“ stellenweise einfach zu uneingängig, wirr und schwierig daherkam, wirkt „The Great Cold Distance“ ausgewogen und wie aus einem Guss. Was nicht heißen soll, dass man hier einfache Kost in der Schnabeltasse bekäme, die sich brav beim nebenher hören erschließt.
Der erste Track des Albums, „Leaders“, gibt da eine gute Kostprobe ab und testet das Gehör auf Kompromissbereitschaft. Nach anfänglich unheilvoll zitternden Saiten setzen bratende Gitarrenriffs dem Song arg zu, um wieder bedrohlich brummend in den Hintergrund zu treten und von dort aus kleinere Dissonanzen mit Jonas Renkses genialem Gesang auszufechten. Letzterer wurde nochmals um einige Facetten bereichert, und so flüstert sich Vokalist und Gitarrist Renkse nicht nur durch Teile von „Leaders“ oder auch des wunderschönen „The Itch“, sonder hat ebenfalls für „Leaders“ und „July“ stellenweise seine Lust am Schreien wieder entdeckt, welches aus dem Hintergrund erklingend nagende Hilflosigkeit in gärende Wut steigert.
Direkt an die Monotonie von „Leaders“ reihen sich drei der schärfsten Songs der Scheibe: Besonders „Deliberation“ sticht daraus hervor, welches zunächst leicht groovende Parts in Distortion steigert und dann zu einem himmlischen Chorus anhebt, der das bittersüße Gefühl einer Befreiung durch den Verlust schrecklich fühlbar macht und den man so schnell nicht wieder zu hören bekommt. „Soils Song“ unterdessen setzt auf eine Symbiose zwischen cleanen Gitarren- und Gesangsharmonien, die im Chorus erneut zur brachialeren Distortion-Akkorden anschwellen, ohne jedoch die angestimmte Melodie zu verlieren. „My Twin“ schließlich erinnerte mich ein wenig an das geniale „Criminals“ des Vorgängers und beklagt hier, von atmosphärischen Keyboards untermalt, den Verlust einer Liebschaft – erneut in einem tollen Kompromiss aus Melodie und „lauteren“ Parts.
Nach dem sehr klotzigen „Consternation“, das in seiner Sperrigkeit sowie seinen dissonanten Parts mit den verzerrten Vocals eher an das Vorgänger-Album erinnerte und mich ein wenig stutzen machte, zeichnet sich der Rest des Albums durch eine gelungene Mischung aus altbekannter, melancholischer Harmonie und neu hinzugekommenen, ruppigeren Klängen aus. Besonders zu erwähnen wären da das vielschichtige, deutlich freundlicher klingende „Rusted“, „Increase“ mit seiner abwechslungsreichen Melange aus psychedelisch schwebenden Keyboard-/Gitarrenlinien und brachialem Riffing, sowie der wunderschöne, klagende Schlusstrack „Journey Through Pressure“.
Egal, wohin man sieht: Sobald man einmal die „Great Cold Distance“ überwunden hat, bergen die glasklar produzierten Songs des Albums mal eine sirenengleiche Schönheit, mal hilflose Aufschreie enttäuschten Zorns. Damit ist „The Great Cold Distance“ alles, was „Viva Emptiness“ einmal werden wollte. Und noch dazu ein beachtliches Stück modernen Metals.