Zugegeben, ich hatte kein gutes Gefühl als ich die CD in den Händen hielt. Klar, die Vorfreude auf ein weiteres The Bosshoss Album war nach Killern wie "Stallion Battalion", "Do or Die" oder dem etwas ruhigeren "Low Voltage" grenzenlos, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass auch Boss, Hoss & Co nicht über unendliche Songwriterinspiration verfügen und dass irgendwann auch mal ein Tief kommen musste.
Der erste Durchlauf bestätigte dann mein Gefühl. "Liberty of Action" - okay, man hört, wo die Idee herkommt, dennoch konnte der Opener nicht an "Last Day" oder "Stallion Battalion" heranreichen. "Don't Gimme That" führte dann zu skeptischem Hochziehen der Augenbrauen. Für "Live It Up" scheint man sich bei Outcast, Cypress Hill & Co Anregungen geholt zu haben. "The Answer" erinnert an den unentschlossenen Fan, der nicht weiß, ob er nach links ins Bosshoss Konzert oder nach rechts zur The Doors Party gehen soll. "I Keep On Dancing" hat zwar auch Melodien á la Samsas Traum im Repertoire, passt aber auf Anhieb am ehesten in eine Bosshoss Playlist. Schließlich darf dann auch mal zwanglos mitgerockt werden: "My Way" hätte auch auf "Do Or Die" sein können. Wohingegen man sich wünscht, dass "Still Crazy 'Bout Elvis" am besten auf gar keinem Album erschienen wäre - Skip Forward! Gesagt, getan - und empfangen wird man von fiesem, 80iger Synthie-Drumsound - also "Hayday" kann mir nun auch den tag nicht versüßen, zumindest nicht vorm Refrain. Tja, über "Sex on Legs" und "My Country" wollen wir lieber nicht reden, denn wir wenden uns lieber dem flotten "Riding High, Singing Low" zu. "Money" unterstreicht die Rockabilly Vorliebe der Berliner und "Run Run Devil" geht dann wohl auch in Ordnung, ebenso wie "Killers". "L.O.V.E.", bei dem Nena mitwirkt, ist zwar ein traum für alle Fahrstuhlbetreiber, aber auf CD braucht man den Song nicht wirklich.
Unterm Strich wird deutlich, dass die Jungs beim Songwriting die Erfahrungen von "Low Voltage" mit einbezogen haben, so dass man deutlicher mehr Bläser hört als in der Vergangenheit. Aber man muss auch sagen, dass die Songs deutlich poppiger ausgefallen sind als auf vergangenen Alben, will sagen: mit einem Großteil dieser Songs dürfte die Einladung nach Wacken nicht gelingen.
Doch ich will man nicht zu schwarz malen. Songs wie "Liberty of Action" gewinnen mit zunehmender Hörpraxis auch an Güte. Ich würde zwar auch nach intensiven Bemühungen und genügend Hördurchlaufen dabei bleiben, dass "Liberty of Action" zu den schwächeren The Bosshoss Alben gehört, doch trotzdem gewöhnt man sich auch an diese Scheibe, so dass ich mich selbst dabei ertappe, wie ich es immer wieder in den Player schiebe. Man darf gespannt sein, welche der Songs ins Liveprogramm eingebaut werden. Wir verbuchen das Album mal als musikalisches Experiment einer der innovativsten Bands, die Deutschland im letzten Jahrzehnt hervorgebracht hat und hoffe, dass mit dem nächsten Album wieder alles gut wird!
Kategorie
V.Ö.
Label
Spielzeit
Tracklist
01. Liberty Of Action 3:52
02. Don't Gimme That 3:30
03. Live It Up 3:51
04. The Answer 3:11
05. I Keep On Dancing 3:12
06. My Way 4:01
07. Still Crazy 'Bout Elvis 3:56
08. Hayday 4:06
09. My Country 4:08
10. Sex On Legs 3:29
11. Riding High, Singing Low 3:05
12. Money (That's What I Want) 2:19
13. Run Run Devil 3:39
14. Killers 3:19
15. L.O.V.E. 3:44