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Anders als die Stadtväter der Stadt Rotgau, beweisen MELANCHOLIC SEASONS durchaus ein Bewusstsein für die Vergangenheit. Während in Rotgau seinerzeit rigoros Altes abgerissen wurde, hat das Trio um Bandgründer Andi seine eigene Vergangenheit für eine eindrucksvolle Werkschau aufpoliert.

Nach dem grandiosen „The Crypt Of Time” Album (2022) haben Andi, Kevin und Rene keineswegs tatenlos rumgesessen, sondern Songs ihrer Demos aus den Jahren 1995 bis 2000 gesichtet, überarbeitet und neu aufgenommen. Das Resultat kann sich wirklich hören lassen. Hier haben wir es nicht etwa mit einem Schnellschuss zu tun, sondern die 15 Songs, die es fast auf eine Stunde Spielzeit bringen, sind absolut „state of the art“. Dabei zeigen sich auch im Frühwerk der Band die Vorlieben für klassischen Death Metal ebenso wie für Folk oder Pagan Metal, der aber nie ins Kitschige abdriftet.
Das Intro „Into the Past…” wurde abermals von Alex Csery komponiert und stellt sozusagen die Ruhe vor dem Sturm dar. Der bricht mit einem halb-akustischen Einstieg, bei dem die Gitarren durchaus von PANTERAs „Cemetary Gates“ beeinflusst sein könnten, über den Hörer herein, bevor „In Your Eyes“ richtig entfesselt wird. Getragener Death Metal mit tollen Gitarrenleads und majestätischem Chorus wird in dem starken „Autumnsphere“ präsentiert. Hörbar ein Kind der Mid-90er, da der Song – der mir als erster dieser CD im Ohr blieb – Elemente des schwedischen Death Metal mit Einflüssen des symphonischen Black Metal dieser Tage zu vereinen scheint. Deutlich schneller und kompromissloser geht es dann bei „Temptation“ zur Sache, bevor „World of Pain“ zum zweiten Demo der Band aus dem Jahr 1995 überleitet. Auch hier lassen die melodiösen, teils durch Keyboards unterlegten Passagen Erinnerungen an Bands wie EDGE OF SANITY aber auch die symphonischen Black Metal Bands der Zeit (OLD MAN’S CHILD, CATAMENIA, DIMMU BORGIR) wach werden.
Das Instrumental „In My Eyes…Reminiscence” weist dann teilweise schon deutlich mehr in die Pagan Richtung und stammt aus dem Jahr 1997. Bei „Agoraphobie“ darf Fronter Kevin dann wieder abgrundtief grunzen. Da er das zunächst über Basspattern tut, muss ich unweigerlich etwas an die Hochzeit von AGATHODAIMON denken. Stark. Warum MELANCHOLIC SEASONS Ende der 90er mit Songs wie „Silverbird“ nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen haben, wird wohl ein Rätsel bleiben.
„Drowned In Tears“ katapultiert den Hörer dann ins Jahr 2000 und greift zum Einstieg in den Instrumentenkasten älterer METALLICA, bevor die Abrissbirne gnadenlos geschwungen wird. Insgesamt kommt der Song thrashiger rüber als viele der vorhergehenden Songs. Doch schon in „This Is Your God“ wird es wieder melodiös und die Gitarren dürften durchaus auch von frühen IN FLAMES inspiriert worden sein. Die schnellsten Parts der vorliegenden Werkschau finden sich wohl in „Frozen Lyrics“, welches mit wilder Raserei beginnt. Zeit zum Verschnaufen gibt es dann in „Just a Fuckin‘ Lullaby“, welches im Mid-Tempo Bereich rangiert und so die Albtraumphantasien des Songs musikalisch bestens untermalt. Man spürt quasi, wie das Böse unter die Bettdecke kriecht.
Über den Abschluss des Albums werden sich die Geister scheiden. Ich für meinen Teil mochte „Sieben Tage lang“ schon immer und habe mich immer gefragt, weshalb es nicht von jeder deutschen Metal Band gecovert wird. MELANCHOLIC SEASONS hatten den Song im Liveprogramm und haben ihn nun erstmals auf Band gebracht. Die klirrend klaren Akustikgitarren zum Einstieg – die wohl nur mit einem Modeling-Amp erzeugt werden können – fräsen die Melodie sofort unauslöschlich in den Gehörgang. Ansonsten könnte der Song in dieser Version problemlos auf der Setlist von EQUILIBRIUM oder WOLFCHANT stehen. Sollte auf keiner Metal-Party fehlen.
Mit „Past Seasons Pt. 1 – The Early Days” liefern MELANCHOLIC SEASONS abermals amtlich ab und bieten nicht nur einen lauwarmen Aufguss alter Songs. Es hat sich fraglos gelohnt alles nochmal auf den heutigen Stand zu bringen und mit der aktuellen Besetzung neu einzuspielen. Manu Brenner von den Überlärm Studios hat dem Album einen starken Sound verpasst und Angelo Sasso hat seit seiner Zeit bei RUNNING WILD hörbar hinzugelernt, so dass die Drums für ordentlich Druck in den Songs sorgen. Max von Cursedhand_Art hat der Band ein wunderbares Cover gezaubert, welches nicht nur grandios aussieht, sondern Hinweise auf alle Songs der Scheibe enthält. Versucht doch mal sie zu finden. Da fehlt jetzt wirklich nur doch eine Vinyl Version, um das Artwork auch im entsprechenden Format würdigen zu können. Bis es soweit ist, steht euch die erste Werkschau der Hessen auf CD und den bekannten Streaming-Plattformen zur Verfügung. Ein absoluter Pflichtkauf für alle Fans des melodischen Death Metal der alten Schule.

Kategorie

V.Ö.

31. März 2023

Label

Eigenproduktion

Spielzeit

58:42 Minuten

Tracklist

01. Into The Past...(Intro)
02. In Your Eyes
03. Autumnsphere
04. Temptation
05. World Of Pain
06. False Solution
07. In My Eyes...Reminiscence (instr.)
08. Agoraphobie
09. Silverbird
10. Drowned In Tears
11. This Is Your God
12. I Am The Evil
13. Frozen Lyrics
14. Just A Fuckin´ Lullaby
15. Sieben Tage lang (Cover)

Track 02-04: 1st Demo-MC "Symphonies Of Sadness" (April 1995)
Track 05: 2nd Demo-MC “World Of Pain” (November 1995)
Track 06: bisher unveröffentlicht
Track 07-09: 3rd Demo-MC “Apocalyptic Dreams” (April 1997)
Track 10-14: Mini-CD “In My Eyes” (March 2000)
Track 15: bisher unveröffentlicht

Line Up

Andi Henke – Guitar, bass, Progs
Kevin Kiesecker – Vocals
Rene Glaser - Guitar

Alex Csery – Intro
Mix – Manu Renner

Bewertung

1

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