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Vor 30 Jahren kennzeichnete PARADISE LOSTs Meisterwerk „Icon“ die Hochzeit des melodischen Gothic Death Metal. Seither sind viele der damaligen Bands andere Wege gegangen und haben den Pfad des todesschwangeren, melancholischen Schwermetalls verlassen. Mit „The Season Came Undone“ lassen MY LAMENT die gute alte Zeit nochmal aufleben.

In direkter Nachfolge des „Icon“ Albums sehen sich MY LAMENT nicht und tatsächlich hingt der Vergleich bei genauerem Hinsehen auch etwas. Aber ganz von der Hand zuweisen ist er natürlich auch nicht, denn MY LAMENT halten sich bei der Komposition ihrer Songs durchaus an die Rezepte der 90er Jahre Heroen. Schon das einleitende Tripple lässt Erinnerungen an das Frühwerk von PYOGENESIS, MOONSPELL oder AMORPHIS wachwerden, aber auch an CEMETARY, DARKSEED, an TIAMATs „Clouds“, an kurzlebigere Bands wie BEYOND SURFACE und nicht zuletzt an TYPE O NEGATIVE, mit ihrer vernichtenden Schwere. Aber auch Einflüsse wie SECRET DISCOVERY oder Dan Swanös NIGHTINGALE bzw. „Moontower“ sind hörbar. Diese Bandbreite decken MY LAMENT vor allem durch die stimmliche Variation von Frontmann Robrecht ab, der sowohl abgrundtief grunzen als auch schwermütig singen kann. Seine Mitstreiter und Mistreiterinnen sorgen durch kraftvolle und melodiöse Instrumentalisierung für den notwendigen musikalischen Hintergrund.
Dabei haben MY LAMENT – ähnlich wie PARADISE LOST in ihrer Anfangszeit – seit ihrem Debüt „Broken Leaf“ ihren Sound stetig verfeinert und so klingen sie anno 2023 weniger roh als 2009. Eine durchaus gewünschte Wandlung, wie dem Bandinfo zu entnehmen ist. Doch auch wenn der Sound der Belgier heute etwas massenkompatibler klingt als in ihren Anfangstagen, so ist von Kuschelkurs keine Spur. Im Gegenteil. Das Quartett bietet fette Riffs und scheut auch den Einsatz von Double Bass Passagen nicht. Jedoch findet man kein stumpfes Geprügel, sondern MY LAMENT suchen den Ausgleich zwischen Aggression, Ruhe und melancholischer Tiefe. Und in Songs wie dem eröffnenden „Everything Goes to Waste“ gelingt ihnen das auch nahezu in Perfektion. Auch „Dying of the Light“ überzeugt mit der herbstlichen Mischung aus metalischen Growls und melancholischen Vocals, während das Riffing zum Kopfnicken animiert. Das gut siebenminütige Instrumental „Like Something Almost Being Said“ mag sich die Kritik gefallen lassen müssen, dass in dem einen oder anderen Song der Scheibe musikalisch mehr passiert als im Mittelteil des Instrumentals. Dennoch scheinen sich hier durchaus auch klassische Metaleinflüsse (z. B. RUNNING WILD) zu offenbaren.
Das Finale des Albums bestreiten das melancholisch-kraftvolle „November“, bei dem mir die Passagen mit Growls allerdings etwas besser gefallen, als die cleanen Parts, sowie eine Neuauflage von „Life Will Be The Death of Me“, welches vor fünf Jahren als Single veröffentlicht worden war.
Die Tatsache, dass „The Season Came Undone” keine Ausfälle zu verzeichnen hat, heißt zwar nicht, dass alle Songs gleichermaßen überzeugen, jedoch kommt das Album genau zur richtigen Zeit, um die schaurig schöne Halloween-Zeit musikalisch zu begleiten. Ich bin mir sicher, dass wenigstens das geniale „Everything Goes to Waste“ den Test der Zeit überdauern wird. Ein zeitloser Gothic Death Metal Song im Stile der alten Meister!
Insgesamt haben MY LAMENT ein sehr stimmiges Album abgeliefert, denn neben dem gelungenen Songwriting, sorgen auch die ebenso differenzierte wie kraftvolle Produktion und das schlichte, aber geniale Coverartwork dafür, dass „The Season Came Undone“ ein herausragendes Herbstalbum geworden ist.

P.S. Schade, dass es dieses Album nicht auf Vinyl gibt. Das Artwork schreit förmlich danach!

Kategorie

V.Ö.

22. September 2023

Label

Ardua Music

Spielzeit

ca. 50 Min

Tracklist

1. Everything Goes to Waste
2. My Mausoleum
3. Fallacy
4. Like Fallen Rain
5. Oh, Fall
6. Dying of the Light
7. Like Something Almost Being Said (Instrumental)
8. November
9. Life Will Be the Death of Me (2023 Remaster)

Line Up

Steph – bass
Vincent – drums
Paul – guitars
Robrecht – vocals & guitars

Bewertung

1