Drei Jahre später und nach ausgiebigen Touren u. a. mit Swallow the Sun, Insomnium und Dark Tranquillity um einige Erfahrungen reicher legen die Jungs nun nach und mit „New World Shadows“ ihren fünften Longplayer vor – ob’s diesmal besser hingehauen hat?
Dans Meinung zum neuen Album war zwar nicht Thema im Interview, doch wurde dabei schnell deutlich, dass die Band (vertreten durch Frontmann Jukka Pelkonen) die Scheibe als vorläufigen Höhepunkt eines mittlerweile bald 15 Jahre andauernden Reifeprozesses betrachtet. „Adult“ – so lautete ein im Zusammenhang mit dem Release oft gehörtes Charakteristikum. Nein, damit ist kein Akkustikporno gemeint, und auch Alexi Laiho hat keinen Auftritt als Gastsänger. Viel lieber griff man auf Niilo Sevänen von den befreundeten Insomnium sowie für den Klargesang auf Swanös prägnantes Organ zurück. Erwachsen meint also in Bezug auf „New World Shadows“ eher – vielschichtig. Dementsprechend präsentiert sich die Scheibe als musikalischer Abenteuertrip vom melodischen Black- über (na klar!) Deathmetal der neueren Schule bis hin zu Melodic- und Progrockanleihen.
Was darf der Hörer nun im Einzelnen erwarten? Der Opener „Everfields“ stimmt bereits gut auf das ein, was in den nächsten gut 50 Minuten aus den Boxen dringen wird. Tempo und Härtegrad werden gemächlich, aber konsequent hochgeschraubt, von den kühlen, synthlastigen Anfangstakten bis zum Blastbeatgewitter zum Ende hin – trotz einer epischen Länge von neuneinhalb Minuten von Langeweile keine Spur!
Mit dem darauf folgenden „Ego“ erreicht die Scheibe bereits einen frühen Höhepunkt. Unterstützt von Niilo Sevänen prägt sich die Up-Tempo-Nummer mit ihrer eingängigen, zwischen Euphorie und aggressiver Pagan-Attitude pendelnden Melodie schnell ins Gedächtnis ein. Der anschließende Titeltrack ist dagegen von düsterer Melancholie geprägt. Insbesondere Swanös Clean Vocals zum Ende hin sorgen für eine wohlige Gänsehaut und drücken dem Track trotz ihrer verhältnismäßigen Kürze einen akustischen Stempel auf.
Track Nummer vier – Soul Journey betitelt – überbrückt mal ganz nebenher das Warten aufs neue Wintersun-Album, indem die Melodie von „Death and the Healing“ (bewusst oder ohne Absicht) aufgegriffen und konsequent fortgeschrieben wird. Durchaus passend und mit viel Echo versehen, kommt hier sogar ausnahmsweise Jukkas klare Gesangsstimme zum Einsatz, Assoziationen mit Opeth seien an dieser Stelle erlaubt.
Nummer 5, „Nova Flame“, prescht nach all dem kalten Pathos wieder sehr direkt nach vorn und kann mit einprägsamem, abwechslungsreichem Riffing und kritisch-philosophischen Lyrics aufwarten, repräsentiert also gut das „Erwachsene“, wenn man so will.
„An infinite Mind“ ist hingegen von einer positiven, fast entspannten Grundstimmung getragen - passend dazu Jukkas knarzig-sonorer Klargesang.
Mit „Watcher of the Skies“ hat sich auch ein Instrumentalstück ruhigerer Art eingeschlichen, das vielleicht nicht hervorsticht, aber zumindest nicht deplaziert wirkt.
Man könnte es auch als die Ruhe vor dem Sturm bezeichnen, denn mit „The Distance“ folgt nun der zweifellose Höhepunkt der Scheibe – ein Song, der einfach zu den besten Einzelstücken zählt, welche das Genre bisher ausgespuckt hat. Hier macht es noch weniger als bei den übrigen Titeln Sinn, sich an einer Beschreibung zu versuchen – ANHÖREN!
Und zum Abschluss wird es noch mal richtig episch – Deep Cold bringt es wie der Opener auf über neun Minuten, von denen die erste Hälfte allerdings eher schleppend verläuft. Klanglich lassen sich Parallelen zu Nightingales „The Breathing Shadows“ nicht leugnen (was vielleicht auch an Swanö liegt, der hier nochmals zum Einsatz kommt). Das Ganze hätte vielleicht etwas kürzer ausfallen können, aber irgendeinen Kritikpunkt muss es ja wohl geben – und sei es nur, um noch Raum für künftige Entwicklungen zu lassen.
Zusammenfassend lässt sich jedenfalls feststellen, dass Omnium Gatherum hier ein fast perfektes, da sehr eigenständiges und abwechslungsreiches Album gelungen ist. „New World Shadows“ ist ein außergewöhnliches Stück skandinavischer Qualitätsarbeit und im Vergleich zum Vorgänger „The Redshift“ ein beachtlicher Fortschritt, mit der Omnium Gatherum sämtliche Zweifel an ihrem Können ausräumen, die Messlatte für demnächst anstehende Genreveröffentlichungen weit nach oben verschieben und Mr. Swanö zwingen, nach neuen Superlativen zu suchen.