Blazon Stone
Über die Weihnachts- und Silvestertage 1990 schlossen sich Rolf und seine Truppe im Studio M im dörflichen Machtsum bei Hildesheim ein, um den Nachfolger zu „Death Or Glory“ einzuspielen. Bereits Ende Februar gab es dann mit „Little Big Horn“ einen Vorgeschmack auf das Album, welches zu den Verkaufsschlagern der Hamburger Metaller avancierte.
Noch heute erzeugt das Anfangsriff des Titeltracks Gänsehaut, wenn man die Scheibe auflegt. Das die Band in Sachen Songwriting auf dem Höhepunkt ihrer Karriere stand, lässt sich heute problemlos hören. „Lonewolf“, „Slavery“, „Fire & Ice“ und als krönender Abschluss der A-Side „Little Big Horn“. Da ist kein Platz für Füller. Das Instrumental „Over The Rainbow“ leidet die zweite Seite ein, war auf der ursprünglichen Version 1991 aber gar nicht verzeichnet, denn dort startet die Seite gleich mit dem großartigen „White Masque“. Abermals haben auch Songs den Weg aufs Album gefunden, die nicht aus der Feder des Piratenhauptmanns Kasparek stammten: Drummer AC steuerte „Fire & Ice“ bei und Basser Jens Becker schrieb „Rolling Wheels und „Straight To hell“. Die Scheibe endete mit einem Knall: „Head Or Tails“!
Das Re-Release enthält neben den ursprünglichen Tracks die Songs der „Little Big Horn“ Single sowie zwei aus dem Jahr 2003 stammende „Re-Worked“ Versionen von „Blazon Stone“ und „Little Big Horn“. Dies ist auf jeden Fall ein Pflichtalbum für alle Metal Fans und sicherlich eins der besten Alben in der Bandgeschichte!
Pile of Skulls
Das Intro „Chamber of Lies“ lief Mitte der 90er jedes Wochenende in der örtlichen Metaldisco, um die Headbanger auf „Whirlwind“ einzustimmen. Ein weiterer grandioser Opener in der Bandgeschichte. Abermals hatte sich die Band ins Studio M zurückgezogen, doch langsam zeigte sich – wenn ich mich recht erinnere -, dass die Möglichkeiten des Studios ihrem Ende entgegen gingen. Dennoch, „Pile of Skulls“ überzeugt mit einem unverwechselbaren Sound, der bis heute begeistert. Ebenso wie die genialen Songs: „Sinister Eyes“, „Black Wings of Death“, „Fistful of Dynamite“, „Roaring Thunder“ oder der schnelle Titeltrack „Pile of Skulls“, welches eine Gemeinschaftsarbeit von Kasparek und Gitarrist Axel Morgan war. „Lead or Gold“ wurde im Voraus als Single veröffentlicht. Thomas "Bodo" Smuszynski hatte mittlerweile Jens Becker am Bass ersetzt und die Kessel wurden von Stefan Schwarzmann übernommen. „White Buffalo“, „Jennings‘ Revenge“ und das epische „Treasure Island“ beenden dieses Album, welches im Zuge der Wiederveröffentlichungen erstmals auf Vinyl erscheint.
Die Plattenfirma hat in diesem Falle eine Bonus-CD spendiert, die u.a. die 2003er Aufnahmen von „Whirlwind“ und „Treasure Island“ enthalten. Großartiges Album und schnicke Wiederveröffentlichung!
Black Hand Inn
Das Karussell drehte sich weiter. 1994 erschien das achte Studioalbum. Gitarrist Axel hatte nach nur einem Album den Laufpass bekommen – er tauchte später bei X-WILD wieder auf – und Drummer Stefan musste aus gesundheitlichen Gründen aussteigen. Seinen Stuhl übernahm Drumlegende Jörg Michael. Für die Aufnahmen hatte man dem Studio M den Rücken gekehrt und sich im Horus Sound Studio in Hannover verschanzt. Dort drehte nun Sascha Paeth an den Knöpfen.
Man folgte dem Erfolgskonzept von „Pile of Skulls“ und stellte dem Album mit „The Curse“ ein Intro vorweg und lies dann den grandiosen Titeltrack folgen. Mit Songs wie „Mr. Deadhead“, dem groovigen „Soulless“ und dem schnellen „The Phantom of Black Hand Hill“ hatte die Band wieder eine ganze Reihe richtig guter Songs im Gepäck, dennoch verkaufte sich die Scheibe nur schleppend. Der Ohrwurm „the Privateer“ war wieder im Vorfeld als Single veröffentlicht worden. Warum das Album von den Fans seinerzeit nicht so akzeptiert wurde, ist schwer zu sagen, denn mit Songs wie „Freewind Rider“, „Powder & Iron“ oder dem epischen „Genesis“ gibt man sich eigentlich keine Blöße und die Fans bekommen was sie erwarten: 100% RUNNING WILD. Vielleicht lag es daran, dass die Mitte der 90er Jahre für Heavy Metal nicht die besten Jahre waren. Mit „Dancing On A Minefield“ und „Poisoned Bloos“ fällt die Bonus-Section dieser Wiederveröffentlichung vergleichsweise schmal aus, zumal die Songs auch auf früheren Versionen bereits enthalten waren, wenn ich mich nicht irre.
Randnotiz: Während sich Drummer Jörg bereits auf Tour mit STRATOVARIUS befand, stellte man im Studio fest, dass einige Drum-Parts nicht richtig passten und Sascha Paeth korrigierte die Passagen mittels digitaler Technik. Der Beginn einer unendlichen Geschichte über den Einsatz von Drumcomputern auf RUNNING WILD Alben…
Masquerade
Nur ein Jahr nach „Black Hand Inn“ kehrte die Band ins Horus Sound Studio nach Hannover zurück, um mit unverändertem Line Up den Nachfolger einzuspielen. Allerdings agierten die drei Mitstreiter von Bandkopf Rolf Kasparek nun als bezahlte Musiker, so dass er absolut freie Hand bei allen Entscheidungen hatte. Dies war aber für die Fans natürlich nicht hörbar und nach dem Intro „The Contract/The Crypts of Hades“ lieferte die Band mit dem Titeltrack gleich ordentlich ab. Das letzte Studioalbum für NOISE Records enthält mit Songs wie „Demonized“, „Lions of the Sea“ oder „Metalhead“ typische RUNNING WILD Kracher, konnte mich seinerzeit jedoch nicht mehr so begeistern wie „Blazon Stone“ oder „Pile of Skulls“. Obwohl die Verkaufszahlen gegenüber dem Vorgänger wieder anstiegen, erinnere ich mich, dass die Scheibe in meinem Bekanntenkreis nicht für Begeisterungsstürme sorgte. Seinerzeit ist das Album in verschiedenen Versionen erschienen und die beiden Versionen in der Holzbox sind heute begehrte Sammlerstücke. Mit den 2003er Versionen von „Lions of the Sea“ und „Black Soul“ wurden auf früheren Versionen enthaltene Bonustracks aus den Anfangstagen der Band mit, so Rock N Rolf, passenderen Stücken ersetzt.
Wie „Black Hand Inn“, erscheint „Masquerade“ nun erstmals auch auf Vinyl und dürfte somit auch für ältere Fans interessant sein.
Die Re-Releases der Alben der NOISE Ära wecken nicht nur Erinnerungen an längst vergangene Tage, sondern zeigen die Band auch auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, da es sich bei diesen Alben um die besten Scheiben der Bandgeschichte handelt. Mit „The Rivalry“, welches dann 1998 bei GUN Records erschien begann zweifelsohne eine neue Ära in der Geschichte der Band und in der Folge erschienen Alben über deren Qualität man bis heute leidenschaftlich streiten kann.
Es ist etwas schade, dass die Vinyl-Versionen der Re-Releases nicht am Erscheinungstag ausgeliefert werden, sondern erst am nächsten oder übernächsten Tag in der Post sind. Das macht die Idee der Vorbestellung irgendwie sinnlos…