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Am 28. Juni 1914 wird der ungarisch- östereichische Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau, die Herzogin von Hohenberg in Sarajevo erschossen. Die Folge war die Julikrise, die letztendlich den ersten Weltkrieg auslöste, bei dem 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren.

„Sarajevo“ ist der düstere Einstieg in den ersten Weltkrieg als auch in das zehnte Album von Sabaton und ist thematisch eine direkte Fortsetzung vom Vorgänger „The great War“.

Ich habe lange überlegt, in welcher Form man eine Review angesichts der aktuellen Ereignisse in der Ukraine schreibt über ein Album, das eine der dunkelsten Stunden der Geschichte als Thema hat. Dabei hätte man auch ohne Krieg über vieles diskutieren können, sind Sabaton doch seit jeher eine Band, die unglaublich polarisiert. Für die einen ist es der kommerzielle Sellout, für die anderen sind sie voyeuristische Kriegsfans, die ohne jeglichen politischen Abstand über Schlachten singen und diese heroisieren. Das sind alles valide und diskutable Argumente, spielen aber in der momentanen Situation keine Rolle. Fakt ist aber, das Sabaton für den Zeitpunkt des russischen Überfalls nichts können, weswegen dem Album mit allem gebührenden Abstand und Respekt begegne, den es verdient. Blickt man bei den Themen etwas über den Tellerrand, haben Sabaton mit ihrem zehnten Longplayer auch inhaltlich was zu sagen.

Musikalisch haben wir eine konsequente Weiterentwicklung und auch eine Abgrenzung zu „The great War“. Zu keinem Zeitpunkt hat man den Eindruck, dass die Platte eine B- Seite oder reiner Bonus ist. Dafür sind die Songs einzeln betrachtet auch zu unterschiedlich. „Stormtroopers“ ist eine gitarrenlastige, knackige Power Metal Nummer, „Dreadnaught“ legt seinen Refrain zusätzlich zu den dominierenden Gitarren auf ein Keyboard- Bett.

„Soldier of heaven“ ist wahrscheinlich relativ früh die größte Überraschung, klingt es doch mit seinem Keyboard- Intro wie frisch aus den 80ern zurückgekommen.

Den größten Kontrast gibt es dann im nachfolgenden „Hellfighters“ direkt hinterher. Der Song ist einer der aggressiveren der Platte und ist eine energische Uptempo- Nummer.

Episch und bombastisch wird es bei „Christmas Truce“. Eingeleitet nur von Joakims Stimme, begleitet von Chor und Piano, entwickelt sich das Stück zum emotionalsten Moment des Albums.

Die Klammer bildet mit „Versailles“ der Abschluss. Geschultem Ohr wird auffallen, dass das Grundthema aus „Sarajevo“ aufgenommen wird, diesmal aber in Dur erklingt, am Ende aber wieder in Moll verfällt. Alle wissen heute, das der Friedensvertrag von Versailles nicht ewig hält und historisch etwas sehr dunkles aufzieht.

Sabaton kann man auf „The War to end all Wars“ überhaupt keinen Vorwurf machen, im Gegenteil. Das, was die sympathischen Schweden auf ihrem zehnten Longplayer abliefern, ist an ganz vielen Stellen ganz großes, episches Kino. Das Album klingt sehr frisch und Crisp. Die Hitdichte ist sehr hoch, hier sind wieder einige Songs bei, die sich sofort ins Gehör graben. Vor allem die Gitarrenarbeit von Tommy Johansson und Chris Rörland sollte unbedingt noch hervorgehoben werden. Die zwei zaubern bei den zahlreichen Soli auf ihren 6 Saiten so manches Feuerwerk hervor.

„Sarajevo“ und „Versailles“ bilden nicht nur die musikalische, sondern auch die inhaltliche Klammer, markieren sie den Anfang und das Ende des brutalen Krieges. Dazwischen finden sich Geschichten, die kaum bekannt sind, wenn man nicht gerade Historiker ist. So zum Beispiel die Geschichte von Milunka Savic aus „Lady of the dark“ die anstelle ihres Bruders als Mann verkleidet in den Krieg zog und bis heute eine der höchst dekorierten Frauen in der Militärgeschichte ist. Nach dem Krieg kehrt sie in ihre Heimat zurück, arbeitet als Postangestellte, danach als Reinigungskraft und lebt irgendwann verarmt und vergessen in Belgrad.

In „Hellfighters“ geht es um die Harlem Hellfighters, die an manchen Stellen des ersten Weltkrieges entscheidend in Schlachten eingegriffen haben. Da die Hellfighters aber eine Kompanie aus schwarzen Soldaten waren, wurde ihnen verwehrt, als Amerikaner zu kämpfen, sie mussten sich der französischen Armee anschließen. Wegen rassistischer Vorbehalte wurde ihnen nach dem Ende des ersten Weltkrieges auch verwehrt, an der offiziellen Parade in den USA teilzunehmen.

„Soldier of heaven“ behandelt die vergessenen und zum Teil immer noch nicht geborgenen Soldaten aus dem Gebirgskrieg in den Alpen.

Aber es gibt auch Licht in Form von „Christmas Truce“. Zu Weihnachten 1914 legen die Soldaten an der Front die Waffen nieder, gehen aufeinander zu, singen Weihnachtslieder und spielen Fußball und nutzen die Zeit, die Opfer der Schlachten zu bestatten. Der Song ist ein Symbol für Hoffnung und Menschlichkeit.

„The War to end all Wars“ wird wieder in zwei Varianten erscheinen. Zu der normalen Platte bringen Sabaton ihre elf Songs auch wieder in einer History Edition heraus. Diese bietet mit Voice over wieder einen inhaltlichen Mehrwert und zieht einen mehr in die Narrative.

Das Album ist Sabaton von seiner besten Seite. Musikalisch bietet es Abwechslung gerade im Hinblick auf seinen Vorgänger. Gespickt mit frischen Ideen, seinen Twists und zahlreicher hervorragender Soli ist der zehnte Longplayer sehr gelungen. Inhaltlich befasst man sich respektvoll, aber nicht revisionistisch mit einem der dunkelsten Kapitel der jüngeren Geschichte

 

Kategorie

V.Ö.

04. März 2022

Label

Nuclear Blast

Spielzeit

45:14

Tracklist

  1. Sarajevo (4:30)
  2. Stormtroopers (3:56)
  3. Dreadnought (4:58)
  4. The Unkillable Soldier (4:11)
  5. Soldier of Heaven (3:38)
  6. Hellfighters (3:26)
  7. Race to the Sea (3:47)
  8. Lady of the Dark (3:03)
  9. The Valley of Death (4:13)
  10. Christmas Truce (5:18)
  11. Versailles (4:14)

Line Up

  • Pär Sundström - Bass, backing vocals
  • Joakim Brodén - Lead vocals, keyboards
  • Tommy Johansson - Guitars, backing vocals
  • Chris Rörland - Guitars, backing vocals
  • Hannes van Dahl - Drums, backing vocals


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