Denn der schwarze Tag der Band war der 31. Oktober 2012, als der charismatische, einzigartige und unverwechselbare Frontmann Mitch Lucker plötzlich und unerwartet an den Folgen eines Motorradunfalles verstarb. Die Lücke, die er hinterließ, ist natürlich nicht zu füllen, erschafft doch jede Neubesetzung ein völlig anderes Bandgefüge. Deshalb verbieten sich eigentlich auch Vergleich mit früheren Werken der Band. Ein Album ohne Lucker ist nun einmal ein Album ohne Lucker.
Auf der anderen Seite wuchsen Künstler, Literaten und Musiker gerade in Zeiten der größten Krisen des Öfteren über sich hinaus. Verzweiflung, Wut und Trauer neigen dazu, ein ungeheures kreatives Potenzial freizusetzen. Und das kann auch für SUICIDE SILENCE so konstatiert werden. Zugleich scheint der neue Longplayer "You can't stop me" auch so eine Art Therapie gewesen zu sein. Denn in den ersten beiden richtigen Songs, wenn man vom Praeludium einmal absieht, lassen die fünf Amerikaner ihren Gefühlen einmal so richtig ihren Lauf, die sich dann in einem Festival der Aggression, der Brutalität und der Wut ihre Bahn brechen. Brutales Gebretteres in tödlichster Deathcore-Manier ist hier angesagt, Melodisches findet sich hier nur in Nuancen und der neue Mann am Mikro, Hernan "Eddie" Hermid,a krächzst und growlt, als ob er mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen wird.
Ein erstes melodischeres Ausrufungszeichen wird mit 'Sacred Words' gesetzt, gekonnte brutale Düsternis. Danach wird aber weiter gebrettert und SUICIDE SILENCE stellen unter Beweis, dass sie immer noch Meister des angegroovten Riffings sind, so zu beobachten im titelgebenden Track oder zu wahrer Perfektion gebracht in 'We have all had enough'. Da spricht dann auch der Titel Bände. Herausragend ist zudem das nachdenkliche 'Ouroboros'. Auch wenn mir die Songs besser gefallen, in denen vermehrt gegrowlt wird ('Ending is the beginning'), ist "Eddie" Hermida definitiv der richtige Mann für die Vocals.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass SUICIDE SILENCE mit "You can't stop me" ein überaus gelungenes Opus erschaffen haben, das nach anfänglichem schmerzlich brutalem Chaos zunehmend an Kontur gewinnt und sich zu einem kleinen Meisterwerk entwickelt, das so keiner mehr von dieser Band erwartet hat. Katharsis oder Requiem? Entscheidet selbst.