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Desertfest 2023 - Berlin

Desertfest 2023 - Berlin

Letztes Jahr noch in der Arena, dieses Jahr Columbia! Wegen Sound-Problemen wurde für 2023 eine neue Location angesteuert und mit Columbia Halle sowie Columbia Theater auch gefunden. Bekannt für Gigs der härteren Gangart und vor allem für ihre High-End Beschallungstechnik lieferte die neuen Location ordentlich ab und überzeugte das ganze Wochenende über mit richtig fettem und klarem Sound. Auch die cosy outdoor-places neben und zwischen den Eventgebäuden sorgten bei feinstem Wetter für gemütliche Festival-Stimmung und waren einfach top platziert. Eine gute Mischung zwischen Food, Merch und Artwork bot genug Abwechslung und Anreiz zum Schlendern und Stöbern. Auch die Outdoor-Bühne lud mit Karaoke und Loteria Masaka Bingo des Öfteren zum schmunzelnden Verweilen ein. Abgerundet wurde das Festival-Feeling mit einer Desertfest-üblichen, mächtigen Graswolke, die an drei Tagen fest über Berlin-Tempelhof hing und sicher auch vom All aus für Aufsehen sorgte!

Den Auftakt am Freitag gaben Psychlona auf der Hauptbühne und beendeten damit ihre aktuelle Tour. Die sympathischen Briten boten mit ihrem geradlinigen Rock mit Desert-Anleihen genau das richtige zum Ankommen und nahmen das Publikum von Beginn an mit.

Anschließend huldigten die Japaner von Church of Misery dem Sabbath-Riff. Schleppende Beats mit psychedelischen Einsprengseln bereiteten die Zuschauer auf das Wochenende vor, was diese dankend annahmen. Der dynamische Sänger trug glaubhaft seine Songs über Massenmörder vor, während die Meute vor der Bühne einfach freudig genoss und schwermütig mit den Köpfen nickte.

Die schwedischen Stoner-Rocker von Dozer nahmen anschließend keine Gefangenen. Schnelle Rockpassagen wechselten mit tonnenschwerem Riffing und Sänger Fredrik Nordin zog vom Klargesang bis inbrünstigem Shouts alle Register. Hier bekam man bereits einen guten Vorgeschmack auf die Vielseitigkeit und den Facettenreichtum des Desertfest. Und die Meute wusste ganz genau, dass sie genau dafür heute hier waren!

Mit Minami Deutsch enterte die zweite japanische Band am heutigen Tag die Hauptbühne. Die treibenden Rhythmen verbreiteten einen groovigen 60er/70er Jahre Vibe, gepaart mit einer unglaublichen Leichtigkeit und mitreißendem Gesang. Auch wenn das Publikumsinteresse überschaubar blieb – wer da war tanzte genüsslich und ging mit einem zufriedenen Lächeln.

Wo das restliche Publikum abgeblieben war, sah man, falls man es ins prallevolle Columbia-Theater schaffte. Die wichtelbehüteten Belgier von Gnome brachten mit ihrem groovigen Sludge und jeder Menge Tempo reichlich Nackenmuskeln in Bewegung. Die schwitzende Masse tanzte und bangte ordentlich, die Luft wurde spürbar dünner – jaa auch das ist Desertfest!

Anschließend verwöhnten King Buffalo von der Hauptbühne aus und zogen das Publikum direkt in ihren Bann. Hypnotische Riffs und der entspannte Gesang ließen einen andächtig lauschen und vom nächsten Roadtrip durch die Wüste träumen. Absolutes Kontrastprogramm zu Gnome. Absolut passend und sehr gut angenommen!

Die Club-Stage bot währenddessen wieder Synapsen-Schnapper der allerfeinsten Art: The Great Machine! Extravagante Outfits, exzentrische Bühnenshow und chaotische Klänge zwischen Psychedelic, Rock´n´Roll und Punk. Sehr eigenständige Performance und passte perfekt in den Rahmen der Theaterbühne. Die Zuschauer waren absolut bereit dafür und nahmen das Gesamtpaket dankend an.

Zum Abschluss des Festivalfreitags gab es auf der Hauptbühne Legendenalarm! Scott „Wino“ Weinrich und seine Männer von The Obsessed enterten die Bühne und holten den letzten Rest aus der gierigen Meute. Das Doom-Metal-Flagschiff pflügte sich mit bestem Sound souverän durch sämtliche Schaffensphasen der Band. Tonnenschwere Riffs und der typische kräftige bis klagende Gesang von Wino vereinten die ganze Halle zu einem einzigen headbangen.

 

Am Samstag sorgten die Kölner Plainride im Columbia Theater für einen ordentlichen Weckruf. Retro Rock mit Stoner-Anleihen, der in seinen besten Momenten an Deep Purple erinnert, wurde vom leicht verkaterten Publikum kopfnickend angenommen.

Zum Start in der Columbiahalle luden Fatso Jetson mit Wüstenrock der gaaanz alten Schule auf einen entspannten Roadtrip ein. Zumindest bis Sean Wheeler die Bühne betrat. Ab dann knallte wieder die eine oder andere Synapse durch, um das, was auf der Bühne passierte, irgendwie fassen zu können. Während die Band gemütlich ihre Instrumente bespielte, verlas Sean mit größter Theatralik und Extravaganz eine musikalisch unterlegte Messe. Nachdem genug Kinnladen am Boden schliffen, verschwand er wieder und die Band spielte weiter, als wäre nix gewesen. Absolut abgefahren, absolut geil!

Zum Glück sollten die Jungs von Greenleaf anschließend die Kinnladen der Zuschauer wieder gerade rücken. Die schwedische Stoner Rock Institution startete energiegeladen in ihren Auftritt. Plötzlich eine Unterbrechung – fragende Gesichter im Publikum und auf der Bühne. Gitarrist Tommi hatte das nächste Riff vergessen – zum Glück konnte der Bassist aushelfen und weiter ging es. Natürlich nicht ohne einen kleinen Seitenhieb von Sänger Arvid, der sich vor dem nächsten Song noch einmal augenzwinkernd bei Tommi erkundigte, ob ihm dieser Riff besser bekannt ist. Vom Publikum kräftig gefeiert lieferten Greenleaf einen mitreißenden Auftritt ab und hatten selbst auch sichtlich Spaß am Gig.

Anschießend erfuhr die Hauptbühne ein Doppelpack der Sludge-Legenden. Den Anfang machten Corrosion of Conformity als Quartett mit Pepper Keenan – wie geil ist das denn!! Bei fettem Sound und mit breitem Grinsen lieferte die Band unglaublich tight ab und begeisterte die gierige Menge vor der Bühne. Besonderes Augenmerk lag auf den Songs des Kultalbums „Deliverance“, aber auch neuere Songs wurden ordentlich abgefeiert.

Wer die Riffs noch ein paar Tonnen schwerer braucht, wurde anschließend von Kirk und seinen Mannen beliefert. Unter lauten „Crowbar“-Sprechchören betraten ebendiese die Bühne und zogen alle sofort mit einer unglaublichen Intensität in ihren Bann. Zäh, kriechend, fordernd und klagend drängte sich Song für Song tief ins Hirn. Die Halle zeigte sich als eine große moshende und headbangende Einheit. Mit dem Übersong „Planet Collides“ wurde das glücklich-erschöpfte Publikum entlassen. Ganz großes Kino!

Ein Kontrastprogramm dazu lieferten Messa im Theater. Mit fragilem weiblichem Gesang und jazziger Songstruktur zelebrierten sie ihre ganz eigene Variante des Doom-Metals. Die Ambientpassagen sind sicherlich nicht einfach zugänglich und jedermanns Sache. Die reichlich anwesenden Zuhörer lauschten jedenfalls größtenteils andächtig verzückt.

Den Abschluss auf der Hauptbühne bildeten dann Mantar. An den reichlich vorhandenen Bandshirts auf dem Festival konnte man schon vorab gut sehen – das Desertfest hat Bock auf Mantar! Auf der Bühne wurde dann auch deutlich klar – Mantar hat Bock auf Desertfest! Vom Start weg knüppelten die beiden Energiebündel los. Die Halle war voll besetzt und feierte die Songgeschosse euphorisch ab. Das Material vom letzten Album kam dabei besonders gut weg und holte die Zuschauer vollends ab. Frontmann Hanno in bester Plauderlaune lässt die Bandgeschichte nochmal Revue passieren und unterhält mit launigen Ansagen. Die Band am Ende des Tages absolut glücklich – Publikum ebenfalls – Auftrag erfüllt – würdiger Headliner!

 

Am Sonntag wurde zunächst ganz gemütlich in den Festivaltag gestartet. Auf der Theaterbühne begrüßten Perilymph mit ihren jazzigen Jameinlagen das Publikum. Die Franzosen nahmen die Menge gut mit und bereiteten auf den Abschlusstag des Festivals vor.

In der Columbia-Halle eröffneten die Okkult-Rocker Blood Ceremony das heutige Geschehen. Die folkigen Rocksongs der US-Amerikaner wurden von einer charismatischen Sängerin und wahlweise Orgelklängen oder Querflöte untermalt. Auch hier nahm das Publikum dankend an und genoss die Abwechslung und Vielfalt auf dem Desertfest.

Grüne Rauschwaden auf und vor der Bühne kündigten den nächsten Act an – Vorhang auf für Bongzilla. Mit ihrem Mix aus Stoner, Sludge und Blues und den vereinzelt keifenden Gesängen von Michael John Makela trafen sie den Geschmack des reichlich anwesenden Publikums. Zufrieden wippend und kopfnickend genoss die Menge vor der Bühne den Gig und feierte ordentlich ab. Dass die Lüftung in der Halle nach der Hälfte des Sets hochgestellt werden musste spricht für sich. Ebenso, dass die Schlange am Cookie-Stand nach der Show mindestens genauso lang war wie die am Merch-Stand. Bongzilla eben!

Mit Mono wurde das Desertfest von einer dritten japanischen Band beehrt. Und auch diese brachte ihre ganz eigene Note ins Festival. Das Gegenspiel von laut und leise, von fragilen orchestralen Parts auf der einen und treibende Shoegaze-Passagen auf der anderen Seite bilden die Grundlage für ein bemerkenswertes Konzerterlebnis.

Sofern es vorab vereinzelt Fragezeichen ob des hohen Slots im Billing gegeben hat, dürften diese nach einem fulminanten Auftritt von Slift zertrümmert sein. Mit unbändiger Energie prügelten die drei Franzosen ihre metallastigen Stonerrock-Perlen in die groovende und headbangende Meute. Untermalt wurde das Ganze von einer heftigen Stroboskop-Lichtshow. Atemlos wurde sich von Song zu Song noch mehr hineingesteigert, um am Ende einige offene Münder und sehr viele zufriedene Gesichter zurück zu lassen.

Begleitet vom größten Publikumsandrang des ganzen Wochenendes bewiesen Uncle Acid and the Deadbeats dann, dass man auch als Sonntagsheadliner komplett abräumen kann. Von „Mind Crawler“ über „Death´s Door“ zu „Dead Eyes of London“ ging es durch alle Schaffensphasen der Band. Der hypnotische Auftritt verkommt zur Machtdemonstration mit „I´ll cut you down“ als Höhepunkt. Die perfekte Mischung aus Psychedelic, Doom und 70er Rock brachte das Publikum zum Kochen und die Security ins Schwitzen. Tanzend, groovend und crowd-surfend würdigte die Meute den Gig und das Festival – was für ein Abschluss!

 

Wermutstropfen:
Da das Columbia Theater deutlich kleiner als die Halle ist, stand man wegen Überfüllung oft mal vor verschlossenen Türen oder musste sich in Geduld üben. Die Überschneidungen der Spielzeiten sowie die schmucken Außenbereiche inklusive Outdoor-Stage sollten dies wahrscheinlich ein wenig entzerren, dadurch ging leider manchmal die Möglichkeit verloren, auch mal neue, einem noch unbekannte Bands zu entdecken.


Steffi und Dirk

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