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FINAL CRY - 35th Anniversary Show feat. DEIMOS DAWN & NIGHT IN GALES
| Jens Dunemann | Konzerte
Manchmal schließen sich die Kreise:
Vor knapp 30 Jahren spielten NIGHT IN GALES und FINAL CRY gemeinsam im Jugendzentrum Bodenwerder und zwei sich damals noch nicht bekannte Twilight-Schreiberlinge waren im Publikum. Zu ihrem 35-jährigen Bandjubiläum laden FINAL CRY nun in die Hannoveraner Subkultur und holen sich DEIMOS DAWN und eben NIGHT IN GALES als illustre Gäste dazu. (Trille)
Nach einer Nacht der Retrospektive muss ich an dieser Stelle klarstellen, dass es eben nicht jenes Konzert mit Night In Gales im Klex Bodenwerder war, bei dem ich ebenfalls zugegen war. Aber es gab mindestens ein weiteres Konzert mit FINAL CRY, das ich in Bodenwerder erleben durfte. Denn wie die Band aus der Raabe-Stadt Eschershausen in den frühen Jahren immer wieder ein wiederkehrender Bestandteil des Twilight Magazins war, so war auch das Jugendzentrum in Bodenwerder regelmäßig die erste Adresse, wenn es um Konzerte ging, die im und aus aus dem Twilight-Dunstkreis organisiert wurden.
Aber ganz nebenbei waren es FINAL CRY, die ich auf einem meiner ersten lokalen Underground-Konzerte im heimischen Jugendzentrum Goslar erlebte. Das “Stormclouds”-Demo, dass ich mir damals zulegte, gehört bis heute zu den meistgeliebten und -gehörten Kassetten in meiner Tape-Sammlung. Neben den Beiträgen im damals noch als Druckauflage veröffentlichten Twilight-Magazin, verfolgte ich die Entwicklung der Band auch im Eternity-Magazin, hinter dem u. a. ein gewisser Kai Wilhelm als treibende Kraft stand, welcher am heutigen Abend als Sänger mit FINAL CRY auf der Bühne steht. Gleichzeitig stampften zu dieser Zeit ein paar Musiker lokaler Metalbands im Harz den kleinen DIY Earthquake Undergroundvertrieb aus dem Boden. Genau hier gab´s nicht nur die Veröffentlichungen von FINAL CRY, sondern nahezu alles, was im Twilight und im Eternity-Mag angesagt war und gefeatured wurde. Darunter eine weitere saucoole aufstrebende Formation, die neben den legendären Ferox den melodischen Schweden-Death in heimische Gefilde brachte: Es handelt sich um NIGHT IN GALES, deren Eigenproduktion “Sylphlike” ich wie die “Razor”-Siebenzoll bis heute liebe, hege und pflege!
Es waren aber wiederum FINAL CRY, mit denen ich selbst mehrfach als Gitarrist und Sänger verchiedener Bands die Bühne teilen durfte und es waren FINAL CRY, die ich auch gerne als Veranstalter mit dem Metal-Club-Harz e. V. nach Ilsenburg holte. FINAL CRY-Gitarrist Eiko war über die Jahre immer mal wieder als Schreiberling mit dem Twilight Magazin verbandelt und sollte, als ich selbst schon zum festen Schreiber-Kader des Magazins gehörte, zu einem herzlichen Freund werden, den man zwar manchmal zu nehmen wissen muss, der allerdings im Zweifel jederzeit bereit ist für andere Menschen bedingungslos durchs Feuer zu gehen... So war er es, der mich in meinem unbändigem Übermut eines Heranwachsenden, der mich 2005 auf dem Party.San vor einer nicht unverdienten Trachtprügel prominenter Musiker bewahrte. Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Nun ja, und neben meinem hochgeschätzten Twilight-Kollegen Trille ist es auch mein langjähriger Metalglory-Kollege und Ex-Twilight-Redakteur Arthur, mit dem mich eine gemeinsame FINAL CRY – Vergangenheit verbindet, wie wir gemeinsam an diesem Abend teilweise unverhofft feststellen.
final cry
Ganz unabhängig davon, dass mich FINAL CRY neben einer Band wie Iron Maiden sozusagen nahezu über mein gesamtes Metal-Leben begleiten: Es ist für eine Underground-Formation einfach eine fast unglaubliche Leistung, 35 Jahre ununterbrochen Musik zu machen. Ausgebremst wurde die Band zwar regelmäßig durch verschiedene Wechsel auf der Position des Sängers, was dazu führte dass zwischen den Veröffentichungen mal ein paar Jahre mehr ins Land zogen. Dass FINAL CRY trotzdem noch existieren und neben “Greenhorn” Kai Wilhelm am Gesang mit Eiko (Gitarre) den Geschwistern Burckhard (Gitarre) und Sonja (Bass) sowie Drummer Holger heute fast in Originalbesetzung agieren, ist ein Umstand, den man nicht genug würdigen kann, sondern den man einfach hart, herzlich und heftig feiern muss. Und dafür haben sich an diesem Samstag-Abend alle in der Hannoveraner Subkultur eingefunden. (Linse)
In Zeiten, in denen viele kleinere Shows gestrichen werden, ist es schön, dass das Konzert ausverkauft ist. Schon kurz vor acht gehen dann FINAL CRY auf die Bretter. Zur Einstimmung gibt es die besten Bilder und ein paar Video-Sequenzen aus 35 Jahren Bandgeschichte, anmoderiert und kommentiert von Ernie Fleetenkieker. Die musikalische Untermalung des Ganzen kackt ab aber irgendetwas ist ja immer und mit Sabbel-Kopp Ernie auf der Bühne tut das der Vorfreude keinen Abbruch. Die Band hat eine stichhaltige Begründung dafür, dass sie die Show eröffnet, denn dann können die Jubilare danach entspannt mit den Fans feiern.
final cry
Vorher liefern sie aber eine Stunde lang einen Ritt durch ihre Geschichte von insgesamt sechs Alben und den zwei vorangegangenen Demos und werden vom ersten Moment an abgefeiert. Es ist deutlich zu merken, dass es nicht ein Gig wie jeder andere ist. Bassistin Sonja bekommt das Grinsen nicht aus dem Gesicht und auch der Rest hat sichtlich Spaß. Sänger Kai als „der Neue“, der seinen Einstand auf dem aktuellen Album “The Ever-Rest” (2022) gab, bekommt dann sogar Wasser in die Augen, als er sich bei Band und Fans für die herzliche Aufnahme in die FINAL CRY-Familie bedankt. Bei “Wavecrest” (es war natürlich "On Glacial Trails", Kai! - Anm. d. Verf.) vom gleichnamigen Debut bekommt Kai vom ehemaligen Sänger Mario Reese Verstärkung. Letzterer macht bei der spontanen Aktion trotz fehlender Vorbereitung einen richtig guten Job. Bei FINAL CRY zu singen scheint wie Fahrradfahren zu sein, das verlernt man nicht. Eine richtige Best Of-Setlist beinhaltet der Gig allerdings nicht, denn der Fokus liegt neben einigen Klassikern auf den beiden jüngsten Alben “The Ever-Rest” (2022), dem Debut von Kai sowie dem überragenden “Zombique” (2018), bei dem Gitarrist Eiko seinerzeit aus der Not heraus eine kleine Meisterleistung am Gesang vollbracht hat. Eine schlechte Wahl ist diese Entscheidung allerdings mitnichten, denn das aktuelle Album ist hinsichtlich des Gesamtkonzepts sicherlich ein absolutes Referenzwerk in der Band-Historie.
Und nachdem man mit “Zombiac” eröffnete, findet der Gig mit “Walk With The Dead” aus der Zombie-Apokalypse seinen folgerichtigen Höhepunkt. Nicht aber ohne dass vorher der Bandklassiker “Words Unspoken” vom gleichnamigen 94er-Demo gezockt wird, dem einzigen Song, den man (mit Ausnahme von Eiko) mit allen FINAL CRY-Sängern aufgenommen und veröffentlicht hat. An dieser Stelle soll Kais Vorgänger Eric Stoddard nicht unerwähnt bleiben. Mit “Mallory´s Mask” findet die Geburtstagsfeier für FINAL CRY schließlich ihr Ende, man verneigt sich und prostet auf die nächsten 35 Jahre!!! (Trille & Linse)
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Auch DEIMOS DAWN haben etwas zu feiern. Gestern haben die Thrasher ihre neue EP ´God Of Pain´ veröffentlicht. Und so verwundert es nicht, dass neben Tracks des Debüts aus dem letzten Jahr auch die vier Eigenkompositionen der EP den Weg in die Setlist finden. Stilistisch sind die Berliner eher auf der aggressiven Seite des Thrash unterwegs, bei dem einen oder anderen Riff kommen mir Slayer in den Sinn. Auf Scheibe fehlt mir bei der EP etwas die Frische, davon kann live keine Rede sein. So ackern sich die Jungs, die beileibe keine Jungspunde mehr sind, mit Spielfreude und aggressiv durch das Set. Leider verstehen zwei Anwesende diese Aggression falsch und fliegen zu Recht nach einigen Ermahnungen raus. Da das Team der Subkultur, das sehr schnell und kompetent klärt, tut der Vorfall der Stimmung keinen Abbruch. Auch wenn ich nicht viel von Namedropping halte, kann man wohl kein Review schreiben, ohne noch mal Marc Grewe zu erwähnen. Er ist halt der bekannteste deutsche Death Metal-Shouter. Aber es wird dem Musiker Grewe nicht gerecht, ihn lediglich auf seine Todesblei-Leistungen zu reduzieren, denn er hat nicht nur bei den späten Morgoth mit “Feel Sorry For The Fanatic”, sondern u. a. auch bei Power Of Expression oder Despair bewiesen, dass gesanglich durchaus mehr in ihm steckt, als die reine Death Metal – Lehre. Und dass hört man bei DEIMOS DAWN mit ihren Crossover- und Hardcore-Vibes sowie gelegentlichen Killing Joke-Einflüssen deutlich heraus. Die alten Hasen der jüngsten Band des Abends machen nicht nur akustisch ordentlich Alarm, sie agieren auf der kleinen Bühne nicht nur routiniert, sondern extrem ambitioniert. Musikalisch sticht für mich vor allem Drummer Mathias heraus, der die Band mit seinem wuchtigen, groovigen, punktgenauen Drumming und Fills vor sich her treibt. Angenehm ist auch, dass die Band nicht die Coverversion von ´Resitance´ von der EP zum Besten gibt. So halten sie den Morgoth-Faktor möglichst gering. Nicht dass ich falsch verstanden werde, ich schätze insbesondere ´Odium´ sehr, aber DEIMOS DAWN sind eine andere Band und ich bin kein Freund vom Ausschlachten vergangener Großtaten in anderen Bands. Erfreulicherweise ist Marc auch abseits der Bühne frei von Allüren und quatscht vor der Tür mit allen, die Lust dazu haben. Die Berliner liefern einen gelungenen Gig, was man auch daran erkennt, dass der Laden trotz milder Temperaturen und etlicher Wiedersehen nach langer Zeit voll bleibt. Ganz ohne Morgoth ging es dann letztlich aber doch nicht. “Bodycount” vom “Cursed”-Album machte die Vorstellung in keinster Weise schlechter und kam nicht nur bei Twilight-Schreiber Morgoth-Fanboy Linse sehr gut an. Eine schöne Geste am Rande: DEIMOS DAWN stimmen “Happy Birthday” für die Jubilare von FINAL CRY an und das Publikum stimmt ein.
Fazit: DEIMOS DAWN dürften sich an diesem Abend weit über Hannover hinaus neue Freunde gemacht haben. (Trille & Linse)
deimos dawn
ernie fleetenkieker (krachmucker tv / marschland)
Es ist nun an NIGHT IN GALES, den Sack zuzumachen, nachdem Ernie Fleetenkieker sich mit seiner letzten Anmoderation des Abends in den wohlverdienten Feierabend verabschieden darf. Die Jungs vom Niederrhein sind spätestens seit dem 2018er-Werk “The Last Sunsets”, welches nicht nur artworktechnisch eine Reminiszenz an das Debut “Towards The Twilight” darstellte, wieder voll im Geschäft. Zwischenzeitlich sind mit “Dawnlight Garden”, einer Split mit Nyktophobia und “The Black Stream” zwei Alben und eine EP erschienen und das aktuelle Album “Shadowreaper”, welches am 06. Dezember erscheint, steht in den Startlöchern. Auch NIGHT IN GALES spielen einen schönen Querschnitt aus der Frühphase sowie der jüngeren Phase der Diskografie, wobei die beiden Alben “Nailwork” und “Necrodynamik”, welche mit Björn Goossens am Gesang aufgenommen wurden, ausgeklammert werden. Und mit dem Fokus auf der Gegenwart inkl. “The Horrors Of Endlessness” vom kommenden Album sowie Klassikern vom Format “Razor”, “Autum Waters”, “Intruder bis zum Finale mit “Sylphlike” macht das Quintett an diesem Abend alles richtig. Sowohl auf, als auch vor der Bühne herrscht mächtig Aktion Ein denkwürdiger Abend mit viel Nostalgie, vielen alten erwarteten und unerwarteten Freunden und Bekannten, vor allem aber mit purer Heavy Metal Underground-Power!!! (Linse)
d
night in gales