“Ortnit ist tot, lang lebe Wolfdietrich!”
Mit diesem Satz beendete ich bedeutungsschwanger meine Rezension zum Vorgänger “Sidrat”, nach “Ortnit” dem zweiten Teil des Dungeon-Synth-Projekts von Thomas Helm, der sich auf dieser Spielwiese neben seinem Beruf als klassischer Musiker, Teil von Empyrium und der Prog-Band Noekk seiner Leidenschaft für urige Keyboard- und Ambient-Klängen widmet. Dabei lässt er sich inhaltlich von deutschen Heldensagen inspirieren, nimmt deren Geschichten auf und setzt sie mit den Stilmitteln des Dungeon-Synths um.
Im vergangenen Jahr war mir am Ende meines Reviews nicht bewusst, dass die Fortsetzung des Helden-Epos mit “Wolfdietrich” schon aufgenommen war und bereits in den Startlöchern stand. Nach dem selbstbetitelten Debut “Ortnit” und “Sidrat” tritt im dritten Streich nun also mit Wolfdietrich auf den Plan, um König Ortnit, der einst auszog, um die schöne Sidrat, Tochter des Heidenkönigs Machorel für sich zu gewinnen und als Königin ins Lampartenland zu holen, zu rächen Denn Machorel, vom Verlust seiner Sidrat alles andere als begeistert, beschenkt den Schwiegersohn zur Vermählung mit vermeintlich edlen, kostbaren Echseneiern, denen dann Drachen entschlüpfen, die schließlich das Ende des Protagonisten Ortnit besiegeln.
Wolfdietrich wiederum, als vermeintlicher Bastard geschasster Königssohn Hugdietrichs von Konstantinopel, verfolgt eigene Ziele. Der rastlose Held hegt Anspruch das Königreich und die Krone des Vaters. Er tötet den Drachen, rächt somit Ortnit und sichert sich die Gunst und Unterstützung der Ritter des Lampartenlandes, mit denen er wiederum den ihm loyalen Herzog Berchtung und dessen Söhne befreien kann, um die Herrschaft über sein Königreich zurück zu erlangen...
Als hätte sich Thomas Helm nun meine Kritik zu “Sidrat” zu Herzen genommen, wirkt Marcel Dreckmann (Helrunar, Árstíðir Lífsins) mit seiner markanten Stimme nun bei “Wofdietrich” mit und geleitet den Hörer als Erzähler durch die musikalischen Kapitel dieser wahrlich sagenhaften Klangwelt.
Das erhöht nicht nur das Verständnis für die Szenen der durchaus komplexen Heldengeschichte, vor allem steigert es die Dramaturgie dieses – gefühlt – noch stärker klassisch ausgerichteten Werkes im Vergleich zu “Ortnit” und “Sidrat”.
“Wolfdietrich” ist kein Hörspiel, dafür ist der Einsatz von Marcel zu wohldosiert und dafür bleibt er als Erzähler zu vage, was das Zusammenspiel von Musik und Erzählkunst umso spannender macht und die Phantasie beflügelt. Daher ist das dritte Album von ORTNIT mehr denn jemals zuvor für den Kopfhörer-Genuss prädestiniert. Dabei ist und bleibt die musikalische Spielwiese von Thomas Helm ein “Nischenprodukt” (ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne – Anm. d. Verf.) für Dungeon-Synth- und Ambient-Nerds mit Hang zu Hörspielen und E-Musik.
Über den Stellenwert, welche die Musik von ORTNIT für Thomas Helm hat und die Passion, mit der er die Geschichten musikalisch umsetzt, muss man angesichts der Holzbox mit Artworkprägung, die innen mit “Drachenhaut” ausgekleidet ist, einen gewebten Patch auf Grundlage der einmal mehr stimmigen Cover-Illustrationen von Benjamin König beinhaltet nicht diskutieren.
Und da meine Wünsche in der Vergangenheit offenbar schon erhört wurden, wünsche ich mir zum musikalischen Finale des Heldenepos nicht nur zusätzlich die Stimme von Allen B. Konstanz (The Vision Bleak, Ewigheim, Oul), sondern von auch die von Thomas Helm höchstselbst...
ORTNIT - "Wolfdietrich"
Kategorie
V.Ö.
Label
Spielzeit
Tracklist
- Tot am Wegesrand
- In Klage vereint
- Wolfdietrich
- Der Ring
- Aufbruch
- An der Drachenhöhle
- Das Löwenbündnis
- In Frieden sein
Line Up
Thomas Helm – Keys, Arrangements
Marcel Dreckmann – Spoken Words